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ein Aufschrei. Harst schleuderte den zweiten Stein, sprang sofort hinterdrein.

      Als ich nun selbst in das Gemach stürzte, war schon alles vorüber. Harald hatte unsere Pistolen in der Hand, und die Malaien lagen halb bewußtlos auf dem Steinplattenboden.

      „Binden!“ sagte er kurz. Ich beeilte mich. Die Lederriemen, mit denen wir gefesselt gewesen waren, fand ich neben der Laterne, die auf einem Schemel stand. Die beiden Malaien wagten keine Gegenwehr. Wir nahmen ihnen die Waffen ab. Ich blieb dann als Wächter vor der Tür. Harst schritt mit der Laterne den Gang entlang, riegelte eine Tür auf, klopfte und trat ein.

      Ein lauter Aufschrei: „Master Harst – also doch! Auf Sie hatte ich gehofft!“

      Gleich darauf erschien Harald wieder im Gange und öffnete nun auch die andere verriegelte Tür, hatte sie aber kaum eine Handbreit aufgezogen, als Albemarle und Blackmoore, die offenbar neben der Tür gelauert hatten, sich in völliger Verkennung der Sachlage auf ihn stürzten und ihn zu Boden reißen wollten.

      „Stopp!“ rief Harald und parierte einen Boxhieb des grimmen Albemarle. „Belohnt man so den Befreier, meine Herren?!“

      Auch Lady Blackmoore trat jetzt auf den Gang hinaus. – Harald gab sich mit langen Erklärungen nicht ab. Die beiden Malaien ließen sich einschüchtern und verrieten das, was sie wußten. Viel war es nicht. Vor vier Wochen hatte „James Goorb“ ihrer fünfzehn angeworben und durch glänzende Bezahlung gefügig gemacht. Zehn Malaien und zwei Europäer von der Mohalla hatten in jener Montagnacht die Atlanta entführt, nachdem die Besatzung ohne Blutvergießen und ohne Lärm überwältigt worden war. Diese beiden Malaien waren jedoch nicht dabei gewesen. Sie konnten nur noch angeben, daß der Tuwan Goorb der Atlanta im Motorkutter gefolgt, sehr bald aber wutschnaubend zurückgekehrt war, und daß dieses Gebäude hier eine alte Radschaburg sei, die in einem steilen Felsental unweit der Mündung des sehr sumpfigen Tamari-Flusses liege. Brigham sei jetzt an Bord der Mohalla geeilt, die auf dem Tamari ankere; er habe morgens wiederkommen wollen. –

      Wir waren jetzt unserer fünf. Denn Lady Blackmoore konnten wir getrost als Mann rechnen. Sie schoß vorzüglich und brannte geradezu darauf, dieses verbrecherische Weib unschädlich zu machen, das, wie der Lord ihr offen anvertraut hatte, einst wohl Ansprüche auf ihn gehabt, diese aber durch ihr unweibliches Verhalten sich völlig verscherzt hatte.

      Einer der Malaien sollte dann den Führer zum Flusse spielen. Der andere bat und flehte so lange, bis wir ihn ebenfalls mitnahmen. Beide versprachen, fortan treu zu uns zu halten. Unterwegs überredete Harald sie dann noch zu einem listigen Streich, der die Mohalla am bequemsten in unsere Gewalt bringen sollte. Lord Blackmoore sicherte ihnen hohe Belohnungen zu, wenn sie genau nach Harsts Anordnungen handeln würden. Sie sollten sich an Bord der Piratenjacht begeben und ihre Landsleute veranlassen, die nur aus 8 Mann bestehende weiße Besatzung zu überwältigen.

      Ich gehe über diese Einzelheiten hinweg, da sie seiner Zeit in der Presse aller Länder bis ins kleinste geschildert worden sind. Der Plan gelang jedenfalls. Die beiden Malaien hatten sich sehr klug benommen.

      Die Mohalla lag an einem halb verfallenen Landungssteg. Der Morgen graute gerade, als wir auf das vereinbarte Signal hin an Bord gingen. –

      Lady Anna Broog saß im Salon, von zwei Farbigen bewacht. Als wir eintraten, schnellte sie hoch und schoß auf Harst zu. – „Sie sind an allem schuld! Nur Sie!“ fauchte sie ihn wie eine Katze an. „Sie werden mich noch kennenlernen! Ich bin eine unversöhnliche Feindin!“

      Dann ging sie – scheinbar zu ihrem Sessel zurück. Sie trug noch Männerkleidung. Plötzlich war sie mit zwei Sätzen an der getäfelten Wand, drückte eine verborgene Tür auf und verschwand. Ehe wir die Tür eingeschlagen hatten – ein Verschluß war nicht zu finden, – hörten wir schon den Motorkutter der Mohalla knatternd davonrasen. Wir stürzten an Deck. Am Steuer des Kutters stand Lady Broog und winkte uns höhnisch zu. –

      Die Mohalla fuhr eine halbe Stunde später den Fluß hinab und nahm Kurs auf das nahe Madras.

      Im Salon gab Harald uns die letzte Aufklärung über dieses einzig dastehende Piratenstückchen einer englischen Aristokratin. Und Brigham, in Wahrheit ein Franzose namens Tallien und Besitzer der Mohalla, die Lady Broog nur gemietet hatte, bestätigte alles. – Als Bessie Flepp und ihr Verlobter Melkope damals nachts an Bord der Atlanta gegangen waren, hatten die Spione Lady Broogs sie für Lord Blackmoore und seine Gattin gehalten, ein Irtum, der insofern leicht möglich war, da Melkope entfernte Ähnlichkeit infolge seines falschen Bartes mit Lord Blackmoore hatte und weil Lady Broog wußte, daß das Ehepaar sich demnächst wieder auf der Atlanta einschiffen wollte. – Nur deshalb war in jener Montagnacht die Atlanta entführt worden. Lady Broogs Spione beobachteten dann auch unsere Ankunft in Madras und ließen uns nicht mehr aus den Augen. – Die Atlanta, ebenso Lord Albemarles Meteor waren bereits wieder freigegeben worden. Wir fanden sie denn auch im Hafen von Madras vor. –

      Lord Albemarle zog aus diesem Abenteuer die einzig richtige Lehre und – machte selbst bei Mutter Flepp den Freiwerber für seinen Rivalen Tom Melkope. Bessie und Tom sind längst ein glückliches Paar. Alles weitere erfährt der Leser in der folgenden Erzählung, in der einer der goldenen Spangenschuhe der Lady Broog eine nicht alltägliche Rolle spielt.

      Der Spangenschuh der Lady Broog

       Inhaltsverzeichnis

       1. Die schwarze Silhouette

       2. Der Schlangenbiß

       3. Der neue Mieter der Mohalla

       4. Eine vornehme Opiumhöhle

       5. Freund Kasi

      1. Kapitel

       Die schwarze Silhouette

       Inhaltsverzeichnis

      Ein so wahnwitziger Racheakt, wie ihn die Entführung der Atlanta und die Gefangennahme des Ehepaares Blackmoore darstellte, mußte notwendig ganz Indien und bald auch die übrige zivilisierte Welt in die hellste Aufregung versehen.

      Lord Blackmoore suchte es nach Kräften zu verhindern, daß all diese Dinge an die Öffentlichkeit kamen. Er hatte keinen Erfolg damit. Die Wahrheit sickerte schnell durch, und um allen lästigen Zeitungsreportern zu entgehen, verließen wir mit der Atlanta bereits drei Tage später den Hafen von Madras und verrieten niemand, wohin wir uns wenden wollten. Der Lord hatte uns eingeladen, mit ihm und seiner Gattin seine Tabakplantage auf der Insel Celebes zu besuchen. Angeblich gingen wir nach Kalkutta in See.

      Wir waren in Madras noch mehrfach von der Hafenpolizei vernommen worden. Lord Blackmoore hatte gegen Lady Broog und die Besatzung der Schonerjacht Mohalla, die eigentlich L’Aigle (Adler) hieß, ebensowenig wie Albemarle und wir Strafantrag gestellt. Polizeiinspektor Davis war der Ansicht, daß hier nicht Seeraub, also nicht Piraterei, sondern einfache Freiheitsberaubung vorliege. Da bei diesen Gewaltstreichen des exzentrischen „James Goorb“ niemand verletzt worden war, gehörte nach englischem Recht zur Strafverfolgung ein Antrag der Betroffenen. Ein solcher wurde nicht gestellt. Mithin kamen Monsieur Tallien alias Brigham sowie die anderen von Lady Broog bestochenen Leute mit einer Verwarnung weg. Tallien zahlte für die Armen von Madras freiwillig 3000 Pfund. Damit war die Sache erledigt – für ihn, nicht für uns! –

      Die Atlanta sollte am Montag früh sechs Uhr in See gehen. Monsieur Tallien, übrigens ein früherer Kapitän der Handelsmarine, erschien um ein

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