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Lichtern und mit halber Kraft zwischen den ankernden Schiffen hindurch. Da Kapitän Braxler die Jacht bei der Hafenpolizei nicht abgemeldet hatte, wie der auf der Barkasse befindliche Polizeibeamte wußte, nahm dieser an, es handele sich nur um eine Maschinenprobe, und ließ die Atlanta ungehindert passieren.

      Aber – die Jacht kehrte nicht zurück. Der Dienstag und der Mittwoch vergingen. Davis telegraphierte Mittwoch abend an den Lord, der sich in Dehli befand. Der Lord depeschierte zurück, daß er Kapitän Braxler keinen Befehl zum Verlassen des Hafens von Madras gegeben hatte, und reiste sofort mit seiner Gattin ab, weil er bereits argwöhnte, daß sich irgend etwas Besonderes zugetragen haben müsse.

      Davis halte nach Eintreffen der Antwort Blackmoores sofort die Polizei mobil gemacht, um zunächst einmal festzustellen, ob die ganze Besatzung sich auf der Atlanta befände. Einschließlich Kapitän Braxlers zählte diese Besatzung vierzehn Köpfe. All die vierzehn Leute waren mit verschwunden.

      Davis konnte nur annehmen, daß hier irgend ein Schurkenstreich vorlag und daß die Atlanta von einer Bande von Verbrechern in der regnerischen Nacht entführt worden war.

      Diese Ansicht äußerte er jetzt auch Harst gegenüber, der ihn bisher durch keine Zwischenfragen unterbrochen hatte.

      Wir saßen um einen großen Tisch herum in kostbaren Brokatsesseln. Das Hotel Imperial, in dem der Lord abgestiegen war, hätte jeder europäischen Weltstadt Ehre gemacht. Es war das erste in Madras.

      „Haben Sie denn hier in Madras Verbrecher, denen Sie einen so großzügigen Streich zutrauen, Master Davis?“ fragte Harald nun. „Die Entführung einer Jacht muß doch sehr sorgfältig vorbereitet werden. Ein solcher Plan erfordert genaueste Abwägung aller Einzelheiten.“

      „Hm – eigentlich gibt es hier kaum so intelligente Schurken,“ meinte Davis. „Wir sehen dem Gesindel verdammt scharf auf die Finger. Ich gebe zu, Master Harst, ich stehe hier vor einem Rätsel, da es ja ausgeschlossen ist, daß etwa ein Teil der Besamung gemeutert hat und mit der Atlanta davongefahren ist.“

      „Ganz ausgeschlossen!“ bestätigte der Lord. „Die Besatzung ist schon viele Jahre in meinen Diensten. Die Leute haben keinen Grund zur Unzufriedenheit. Ich bezahle sie gut, und zwischen mir und dem letzten Mann der Atlanta herrscht ein beinahe kameradschaftliches Verhältnis.“

      „Dann kann nur eine Entführung vorliegen,“ meinte Harst. „Ich möchte vorschlagen, daß wir getrennt arbeiten, Master Davis. Setzen Sie Ihre Ermittlungen fort, während Schraut und ich auf eigene Faust uns bemühen werden, die Sache aufzuklären. Ich kann damit jedoch erst übermorgen beginnen. Ich muß noch nach Bangalore reisen, wo ich etwas zu erledigen habe. Sonntag früh bin ich wieder hier.“

      Lord Percy machte ein sehr enttäuschtes Gesicht.

      „Ist das, was Sie in Bangalore vorhaben, Master Harst, denn wirklich so dringend?“ fragte er.

      „Überaus dringend, Mylord. Ich reise sogar noch heute wieder ab. Wenn ich mich nicht irre, geht um 10 Uhr ein Zug nach Bangalore.“

      „Nur ein Personenzug, kein Eilzug,“ erklärte Davis. –

      Wir blieben noch eine halbe Stunde zusammen. Dann verabschiedeten wir uns. Davis kam mit. Es war jetzt 1/29 abends.

      „Ist es Ihnen recht, wenn wir mal nach dem Hafen fahren, Master Davis?“ meinte Harald. „Ich möchte mir die Stelle am Kai ansehen, wo die Atlanta gelegen hat.“

      „Gewiß. Obwohl dort nicht viel zu holen ist, Master Harst. Der Westkai ist ein Kai wie jeder andere.“

      Wir nahmen einen Wagen und waren in zehn Minuten mitten zwischen Lagerspeichern, Hafenkneipen und düsteren alten Häusern, die noch aus der Entwicklungszeit von Madras stammten.

      „Lassen Sie den Wagen etwas vor der Liegestelle halten,“ bat Harald den Polizeiinspektor.

      Wir fuhren jetzt am Bollwerk auf den Schienen der Hafenbahn entlang.

      Dann stiegen wir aus. Der Wagen sollte auf uns warten.

      Wir gingen nun dicht am Wasser entlang. Schiff an Schiff lag hier vertäut. Ziehharmonikaklänge und Gesang umtönten uns. Halb trunkene Matrosen aller Nationen schwärmten umher. Händler schrien ihre Waren aus. Schlanke Inderinnen lauerten im Schatten von haushohen Stapeln von Fässern und Kisten. Dampfwinden kreischten. Von der Reede her klang das Heulen von Schiffssirenen herüber.

      „Hier fühle ich mich wohl,“ sagte Davis und sog an seiner kurzen Pfeife. „Das ist für mich die schönste Musik: Ziehharmonika, Dampfpfeifen, Ankerkettenklirren und das Quietschen der ausschwingenden Kranbalken.“

      Wir blieben stehen.

      Harst schaute sich um, schaute hierhin und dorthin.

      „Das da drüben ist eine Kneipe, nicht wahr?“ fragte er dann.

      „Ja – die anständigste Hafenkneipe von Madras. Gleichzeitig Logierhaus. Gehört einem in ganz Indien bekannten Original, der Mutter Flepp. Hat jetzt Kummer, die Mutter Flepp. Ihre Tochter ist durchgebrannt.“

      „Seit wann denn?“

      „Hm – warten Sie mal. Richtig, seit Montag. Mutter Flepp ist wütend. Die Bessie war ein patentes Mädel, hatte Bildung und war so eine „Rühr’ mich nicht an“! Niemand weiß, mit wem sie auf und davon gegangen ist.“

      „So – so,“ sagte Harald nur.

      Wir gingen noch ein Stück weiter. Die Stelle am Kai, wo die Atlanta gelegen hatte, war noch nicht wieder besetzt worden. Die Jacht hatte hier zwischen zwei kleineren Seglern ihren Platz gehabt.

      „Da liegt ja noch eine Jacht,“ meinte Harald, als wir an dem einen Segelschiff, einer Bark, vorüber waren.

      „Ganz recht. Sie gehört einem Franzosen, der sich jetzt im Innern herumtreibt. Es ist nur eine Wache von drei Mann an Bord.“

      „Gut, kehren wir zu unserem Wagen zurück.“

      „Na sehen Sie, Master Harst,“ sagte Inspektor Davis lachend, „das war nun ziemlich zwecklos, diese Fahrt hierher.“

      „Scheint so,“ erwiderte Harst zerstreut.

      Ich merkte: es war nicht zwecklos gewesen! Irgend etwas hatte Harst entdeckt.

      Davis fuhr nur bis zur Stuart Street mit. Wir verabschiedeten uns von ihm mit einem „Sonntag auf Wiedersehen.“ – Uns beide brachte der Wagen nach dem Bahnhof. Wir lösten Fahrkarten bis Bangalore, obwohl wir gar nicht die Absicht hatten, dorthin zu reisen.

      Am Fahrkartenschalter hatte mir Harald leise zugeflüstert, die anderen Leute zu beobachten, die nach ihm an den Schalter herantreten würden.

      Ich studierte zum Schein die aushängenden Plakate.

      Bald fiel mir ein Matrose auf, der, den leicht Angetrunkenen spielend, sich am Schalter dicht hinter Harst drängte. Der Matrose war fraglos ganz nüchtern. Das erkannte ich an dem gespannten Gesichtsausdruck, mit dem er hinhorchte, als Harald die Karten nach Bangalore forderte.

      Ich wußte genug. Harald hatte mit Spionen gerechnet. Und er hatte richtig vermutet: wir wurden beobachtet. –

      Zwei Stationen hinter Madras verließen wir den Zug. Der Matrose, ein kleiner Kerl mit goldenen Ohrringen, hatte auf dem Bahnsteig in Madras aufgepaßt, ob wir wirklich abfuhren. Den Zug hatte er nicht bestiegen. Wir waren also sicher vor ihm.

      Ein Mietauto brachte uns nach Madras zurück. Wir langten gegen elf Uhr abends vor einem kleinen Hotel an, belegten zwei Zimmer im Erdgeschoß nach dem Garten hinaus, zahlten für acht Tage voraus und sagten dem Hotelbesitzer, wir würden frühmorgens auf ein paar Tage nach einer Plantage ins Innere reisen, er möchte unsere Koffer in Verwahrung nehmen. –

      Um 12 Uhr nachts verließen zwei ältere, bärtige Seeleute, jeder mit einem Bündel in der Hand, das Hotel durch das Fenster und wandten sich dann dem Hafen und dem Westkai zu. –

      Bei Mutter

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