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würden mich verpflichten, wenn Sie mir das heute erließen,« erwiderte Richard. »Es wird, hoffe ich, vorderhand genug sein, daß ich Ihnen das Geständnis abgelegt habe.«

      »Seit wann haben Sie Amerika verlassen?« fragte Ermanns dazwischen.

      »Seit sechs Wochen. Ich hielt mich einige Tage in England auf.«

      »Und kamen hier an?«

      »Nun, am Abend vorher.«

      »Vor der Tat?«

      »Ja.«

      »Ließ der Hausmeister Sie in die Burg ein?«

      »Nein, ich sah und sprach niemand. Ich fand die hintere Haustür offen.«

      »Und Sie suchten gleich das Versteck auf?«

      »Mit der Absicht, den jetzigen Eigentümer des Guts von dort aus zu überfallen und meuchlerisch zu ermorden?«

      Richard schwieg.

      »Sagten Sie nicht vorhin, Sie seien erst soeben hierher gekommen und hätten den Hausmeister verführt, Sie trotz des Verbots einzulassen?«

      »Ich sagte so.«

      »Sie taten das, um Ihre frühere Anwesenheit zu verdecken?«

      »Ohne Zweifel!« entgegnete Richard.

      »Der Hausmeister wußte also nicht, daß Sie schon seit zwei Tagen im Schlosse waren, als Sie heute vor ihm erschienen?«

      »Nein.«

      »Und bloß um Ihre Tat zu maskieren, um den Unschuldigen, eben Angekommenen, zu spielen, kehrten Sie zurück?«

      »Sie bemerkten das eben schon.«

      »Weshalb flohen Sie nicht? Den Verbrecher pflegt es doch sonst von der Stätte des Verbrechens fortzutreiben.«

      »Weil – nun, weil ich nicht wußte, wohin fliehen.«

      »Das ist mir keine genügende Antwort, mein Herr von Huckarde. Der Mörder flieht den Anblick seiner Tat, nur um zu fliehen; er rettet sich ins Weite, in die Welt; sich tagelang, sich stille Nächte hindurch in einem einsamen Gebäude neben der Leiche seines Opfers aufzuhalten – das ist etwas, was die Nerven eines Mannes von Bildung, eines Mannes, wie Sie mir scheinen, schwerlich aushalten.«

      »Ich bin gekommen, mein väterliches Haus wieder zu erlangen: Wie hätte ich es wieder verlassen sollen, nachdem ich es endlich nach so langer Reise erreicht!«

      »Wovon lebten Sie die zwei Tage Ihres Verborgenseins hindurch?« fragte Ermanns kopfschüttelnd weiter.

      »Ich habe Sie schon einmal gebeten, meine Herren, Ihr weiteres Verhör auf einen andern Tag zu verschieben. Ich werde Ihnen jetzt keine Antwort mehr geben,« versetzte Richard.

      Der Polizeibeamte schwieg auf diese sehr entschlossen ausgesprochene Aeußerung seines Inquisiten. Er ging wieder auf und ab. Der Untersuchungsrichter protokollierte.

      Nach einer Pause hub Monsieur Ermanns wieder an: »Ich würde Sie vorläufig mit allen weitern Fragen verschonen können, wenn Sie mir noch eine einzige Frage beantworten wollen.«

      »Fragen Sie!«

      »Als Sie erfuhren, daß der Graf von Epaville der jetzige Eigentümer Ihres ehemaligen Guts sei, faßten Sie da sofort den Entschluß, ihn durch Mord aus dem Wege zu schaffen, um nach seinem Tode leichter Ihre Besitzrechte erlangen zu können?«

      Richard, der die Stirn in die Hand gestützt, wie in träumerisches Sinnen verloren, immer noch dasaß, antwortete ein kaum verständliches, hingemurmeltes: »Schreiben Sie nur so!«

      »Aber welche Vorstellung machten Sie sich denn eigentlich von dem Vorteil, welchen Ihnen ein schreckliches Verbrechen bringen werde?« fuhr Ermanns fort. »Ihr Stammgut war früher in den Händen des Domänenfiskus, jetzt in denen des Grafen. Ob jener oder dieser es in Besitz hatte – was verschlug es Ihnen eigentlich? Hatten Sie Anrechte, konnten Sie sie gegen den einen wie den andern Gegner geltend machen?«

      »Nun,« warf Richard mürrisch hin, »haben Sie nicht vorher selbst gesagt, ich durfte nicht hoffen, einen Prozeß gegen einen Günstling des Großherzogs zu gewinnen?«

      »Wollen Sie mir in die Schuhe schieben, ich hätte die Justizverwaltung in den Staaten des Großherzogs parteiisch genannt?« sagte Monsieur Ermanns verweisend.

      Richard antwortete nicht.

      Der Untersuchungsrichter begann nach einer stummen Pause das Protokoll vorzulesen. Richard schien kaum zuzuhören.

      »Unterzeichnen Sie jetzt,« sagte der Untersuchungsrichter, als er zu Ende war. Richard erhob sich und hatte die Feder bereits ergriffen, um die verhängnisvolle Namensunterschrift zu geben – als er plötzlich die Papiere zurückstieß und sagte: »Ich werde nicht eher unterzeichnen, als bis die Herren mir eine Bedingung erfüllt haben.«

      »Sie haben keine Bedingungen vorzuschreiben!« fuhr der Untersuchungsrichter auf. »Unterschreiben Sie!«

      »Was machen Sie denn für eine Bedingung?« fragte Monsieur Ermanns desto sanfter und gemütlicher.

      »Ich verlange, daß man mir erlaube, zum Rheider Hammer hinabzugehen und den Bewohnern desselben anzukündigen, daß sie frei sind, weil der wahre Schuldige ja jetzt in mir gefunden ist!«

      Der Untersuchungsrichter schüttelte höchst energisch verneinend den Kopf; da sich aber Richards Rede an den Polizeibeamten gewandt hatte, so überließ er diesem zu antworten.

      Zu seiner Verwunderung antwortete der Polizeibeamte ganz anders, als er erwartet hatte.

      »Ich werde, wenn der Herr Untersuchungsrichter einwilligt, Sie auf den Hammer begleiten, Herr von Huckarde,« sagte Monsieur Ermanns. »Sie mögen dort den Ritterhausen Mitteilungen machen, doch muß ich zugegen sein.«

      »So kommen Sie!« sagte Richard lebhaft.

      Richard schritt voraus, der Tür zu, Ermanns folgte ihm. Der Untersuchungsrichter blieb auf den Wunsch des Polizeibeamten zurück.

      »Ich werde Ihnen den Hausmeister herauf senden,« sagte Ermanns. »Vernehmen Sie ihn zu Protokoll in Beziehung auf Richard von Huckarde. Erwarten Sie uns hier zurück.«

      Damit verschwand auch Monsieur Ermanns rasch aus dem Gemache, um Richard nicht aus den Augen zu lassen. Unten im Hausgang hatten zwei Gendarmen, die als Begleitung der untersuchenden Herren gekommen, Posto gefaßt. Ermanns gab ihnen einen Wink – sie nahmen Richard in die Mitte.

      »Ist das nötig?« wandte sich dieser an den Polizeibeamten zurück.

      »Leider, Herr von Huckarde!«

      Richard zuckte die Achseln und schritt weiter; Ermanns folgte in der Entfernung von etwa zehn Schritt.

      So bewegte sich der kleine Zug draußen um das Gebäude herum und schlug den Pfad ein, der an der Bergseite hinab nach dem Hammer führte. Richard schritt sehr rasch vorauf. Ermanns folgte, den Kopf gesenkt, augenscheinlich sehr lebhaft von seinen Gedanken in Anspruch genommen, denn die Gesichtsmuskeln des blassen Antlitzes zuckten und die Augen blinzelten fortwährend.

      Als man dem Hammer nahe gekommen war, eilte Ermanns den Voranschreitenden zur Seite zu gelangen und sagte zu Richard: »Herr von Huckarde, Sie werden eine Weile im Garten des Hammers zurückbleiben. Ich werde mir erlauben, die Hausbewohner erst auf Ihr Erscheinen vorzubereiten.«

      »Sie sind außerordentlich gütig!« versetzte Richard bitter, da ihm diese Anordnung durchaus nicht angenehm war; aber er mußte sich unterwerfen.

      Ermanns überschritt zuerst die Brücke über den Fluß, trat durch das kleine Hintertor in den Garten und fand hier einen Gerichtsdiener, welcher aufgestellt war, diese Seite des Hauses zu bewachen. Das Haus war auf diese Weise überall bewacht, bis die Abführung der Verdächtigen nach Düsseldorf vorgenommen werden konnte. Man hatte sie wegen Ritterhausens Gichtleiden, das heute sehr heftig war, noch aufgeschoben. Ermanns trat dann durch die aus dem Garten führende Glastür in

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