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neben ihm, beugte sich über den offenbar Bewußtlosen. Und da, wie er jetzt, sich wieder aufrichtend, in das Zimmer hinein schaute, prallte auch er erschreckt zurück. Denn mitten auf einem seidig glänzenden Perserteppich war regungslos die Gestalt eines Mannes hingestreckt, eines Mannes, dessen Schlafrock, weit aufgeschlagen, ein darunter befindliches Hemd mit großen, frischen Blutflecken sichtbar werden ließ …

      Schaper holte tief Atem.

      »Also doch ein Mord!« murmelte er halb unbewußt vor sich hin. Und dann betrat er ohne Scheu das Zimmer, in dem die Leiche, die glasigen, gebrochenen Augen mit einem Ausdruck maßloser Wut zur Decke gerichtet, auf dem Rücken lag.

      3. Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Es war an demselben Tage gegen sieben Uhr abends. Rechtsanwalt Heiling, der sich vorher durch telephonische Anfrage vergewissert hatte, ob Fritz Schaper, der Detektiv, auch zu Hause sei, war soeben von diesem nach freundlicher Begrüßung in einen Sessel genötigt worden.

      »Zigarre gefällig, Herr Rechtsanwalt?« fragte Schaper jetzt, indem er seinem Gast eine offene Kiste hinhielt.

      Heiling bediente sich mit einem ›Vielen Dank‹ und lehnte sich dann aufseufzend in den bequemen, weichen Klubsessel zurück.

      »Sie haben wohl wieder einen schweren Tag hinter sich?« meinte Schaper und setzte einen Zigarrenrest, den er umständlich in eine Papierspitze gesteckt hatte, in Brand. Auf seine Art war er sparsam, und halb aufgerauchte Zigarren liegen zu lassen, hielt er direkt für eine Verschwendung. –

      Er hatte sich Heiling gegenüber an den Schreibtisch gelehnt und betrachtete seinen häufigen Klienten mit einem gewissen Mitgefühl.

      Der Rechtsanwalt nickte matt. »Von zehn Uhr vormittags bis gegen fünf Uhr war ich in der Strafkammer beschäftigt, ohne lange Zwischenpausen,« erklärte er. »Das kostet Nerven… Und dann die Luft dort in den Zimmern des Kriminalgerichts – auch nicht die beste! Leicht verdienen wir Strafverteidiger unser Geld wahrlich nicht!«

      »Glaube ich gern. – Auch ich bin heute ziemlich schachmatt. – Haben Sie schon von dem Mord im Katzen-Palais gehört oder gelesen?«

      Heiling richtete sich etwas auf, stützte die Arme auf die Seitenlehnen und schaute interessiert zu dem Detektiv empor.

      »Eben erst, als ich im Auto zu Ihnen kam, habe ich den Bericht über das neueste Verbrechen in der Abendzeitung durchgelesen,« meinte er eifrig. »Ich fand auch Ihren Namen erwähnt. Sie müssen mir nachher Näheres erzählen, bester Schaper. Denn – ganz unter uns gesagt, daß Sie zufällig – ausgerechnet Sie! – als erster an Ort und Stelle waren, gibt mir zu denken. Doch davon später. Zuerst will ich meine eigenen Wünsche abladen. – Hier, wofür halten Sie dies?«

      Damit reichte er dem Detektiv die Abschrift jenes Blattes aus der Aktentasche des angeblichen Ingenieurs, die er am Abend vorher angefertigt hatte.

      Schaper warf nur einen kurzen Blick auf die Schrift.

      »Das haben Sie ja selbst geschrieben, Herr Rechtsanwalt!« meinte er etwas erstaunt, fügte aber sofort hinzu: »Ah, ich verstehe. Es handelt sich hier um die von Ihnen hergestellte Kopie einer Mitteilung in Geheimschrift. Das zeigen ja schon die ersten Worte.«

      Er überflog das Blatt und legte es dann neben sich auf den Schreibtisch.

      »Wird seine Schwierigkeiten haben, die offenbar nach einem bestimmten System umgestellten Worte richtig zu gruppieren,« meinte er. »Aber lassen Sie mir den Zettel nur da. Zu lösen ist ja schließlich jede Geheimschrift.«

      Heiling lächelte. »Ganze zwei Stunden habe ich gestern über der Enträtselung zugebracht bis ich wütend wurde und die Sache für Sie aufsparte,« gestand er ehrlich ein.

      »Zu solchen Dingen gehört Übung,« sagte Schaper einfach. – »Wie kamen Sie zu dem Original dieser geheimen Mitteilung?« fragte er dann.

      Der Rechtsanwalt erzählte nun sein Erlebnis mit dem parfümierten Gecken bis ins einzelne. Als er das Einbrecherwerkzeug, das er in dem Tuche eingewickelt gefunden hatte, erwähnte, pfiff der Detektiv durch die Zähne.

      »Höchst interessant!« warf er ein. »Außerdem mein Kompliment, Herr Rechtsanwalt! Das war sehr schlau von Ihnen, dieses Manöver mit den Morgenschuhen und der Hausjoppe, sehr schlau! Da konnte dieser Herr gar nicht auf die Idee kommen, daß Sie womöglich die Absicht hätten, ihm weiter nachzuspionieren. Denn ehe Sie sich Stiefel angezogen haben würden und Ihre Jacke gegen einen Rock vertauscht hätten, wäre er längst über alle Berge gewesen – was er sich selbst gesagt haben wird. Daher auch seine Ruhe, mit der er sich von Ihnen verabschiedete. –

      Freilich, daß Sie ihm einen anderen Nachfolger an die Fersen geheftet hatten, konnte er nicht ahnen, der Ärmste!!« fügte Schaper ironisch hinzu.

      »Und was für einen Verfolger!« meinte Heiling mit Genugtuung. »Dieser Werner Tomsen, der Sohn des Portiers meines Hauses, ist wirklich wert, daß er zum tüchtigen Detektiv erzogen wird. In dem Bengel steckt Schneid und jene Verschlagenheit, die jede Situation sofort auszunützen weiß. Geistesgegenwart ist in diesem Falle zu wenig gesagt. –

      Hören Sie nur weiter. Also gestern gegen elf Uhr abends – ich brütete gerade über der verflixten Geheimschrift – kam der junge Mensch zurück, freudestrahlend, begeistert und vollgepfropft mit wichtigen Neuigkeiten. Jedenfalls ging aus der Schilderung seiner Erlebnisse hervor, daß dieser famose Ingenieur sich doch nicht sicher genug fühlte, um jede Vorsicht außer acht zu lassen. ›Herr Schmidt‹ hatte, um jede Spur hinter sich zu verwischen, zu den bekannten Tricks seine Zuflucht genommen, die man anwendet, wenn man einen Spion, den man hinter sich vermutet, loswerden will. Aber all diese Mätzchen halfen dem Herrn nichts – mein braver Werner blieb auf seiner Fährte wie ein guter Schweißhund. Schließlich, nachdem Schmidt eine Stunde kreuz und quer durch Berlin gefahren war, bald mit der Elektrischen, bald mit Auto und Taxameter, schien er anzunehmen, daß er nunmehr seinen Zweck erreicht habe und schlüpfte in ein Haus in der Bellevuestraße.

      Der Junge betrat kaum eine halbe Minute nach ihm das Gebäude und hörte ihn pfeifend die Vordertreppe hinaufsteigen. Gleich darauf wurde in der zweiten Etage, wie mein kleiner Schützling dem Gehör nach feststellte, ein Schlüssel ins Schloß gesteckt und dann fiel eine Tür knallend zu. Im Nu war Werner oben und schaute sich auf dem Podest der zweiten Etage um. Links war ein Schild befestigt: ›Pensionat Stülpner‹, rechts wohnte ein Generalleutnant.

      Tomsen entschied sich für die linke Korridortür und versuchte durch das Schlüsselloch einen Blick in das Innere zu werfen. Er hatte Glück. Wenn er auch das Gesicht des Betreffenden nicht sehen konnte, so bemerkte er doch, daß ein Herr eben seinen Paletot auszog und an einen Garderobenständer in dem hell erleuchteten Korridor hängte. Das genügte ihm. Nachdem er noch die an der Tür mit Reißstiften befestigten Visitenkarten gemustert hatte, verließ er das Haus und postierte sich draußen auf der anderen Straßenseite.

      Hier wartete er bis gegen zehn Uhr. Dann erschienen plötzlich in der Haustür zwei Herren, von denen der eine ›Herr Schmidt‹ war, obwohl er sich jetzt äußerlich verändert hatte. Er trug einen langen, dunklen Ulster, weichen Filzhut und einen Kneifer mit Fassung anstatt des Monokels. Trotzdem erkannte ihn Werner Tomsen sofort.

      Der Begleiter des ›Ingenieur‹ war ein Mensch, den mein zweibeiniger Spürhund verächtlich mit der Bezeichnung ›‹n aufgeputzter Kriminalstudent‹ abtat. Die beiden fuhren dann mit einem Omnibus nach dem Stettiner Bahnhof und verschwanden schließlich in einer Kneipe in der Linienstraße, die äußerlich sehr wenig vertrauenerweckend aussehen soll und den schönen Namen ›Zur fröhlicher Gruft‹ trägt. Damit war Werner Tomsens Mission beendet. Denn bis dreiviertel elf wurde keiner der beiden wieder sichtbar, und da zog der Junge es vor, nach Hause zurückzukehren und mir Bericht zu erstatten. –

      Nun, bester Schaper, was halten Sie von dieser Geschichte? Deshalb bin ich nämlich zu Ihnen gekommen. Ich wollte mal Ihre Ansicht hören.«

      »Meine

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