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Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Walther Kabel
Читать онлайн.Название Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band
Год выпуска 0
isbn 9788075831101
Автор произведения Walther Kabel
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Schaper kostete es jetzt wirklich Mühe, seine Überraschung zu verbergen. – Kein Zweifel mehr: ihm galten die Vorbereitungen, die die drei Männer in der Nacht vorher getroffen hatten, ihm allein. Das ging klar aus der heuchlerischen Bitte dieses angeblichen Privatgelehrten hervor. Er sollte in die Kapelle gelockt werden, und dann – dann …
Den Detektiv überrieselte es eiskalt. Wirklich eine gütige Vorsehung hatte ihm den Gedanken eingegeben, heimlich zunächst einmal die Mönchsabtei und ihre Bewohner zu beobachten.
Seine Stimme klang gleichmütig wie zuvor, als er nun erwiderte:
»Dieselbe Absicht habe auch ich gehabt, Herr Müller. Von Gewaltanwendung, die strafrechtliche Folgen nachsichziehen könnte, kann natürlich keine Rede sein.«
»Denn also viel Glück zur Gespensterjagd, Herr Schaper – recht viel Glück!« –
Schaper war mit dem Diener nach dem Garten gegangen, wo er neben demselben auf einer Bank verharrte. Jetzt, bei ruhigem Nachdenken, wurde ihm das Schurkische der Handlungsweise erst recht klar. Die ganze Situation spitzte sich zu einem Racheakt auf seine Person zu, das wurde ihm immer klarer.
Eine Bewegung Hartungs riß Fritz Schaper aus seinem Brüten auf.
Er blickte empor. Vor ihnen lag der mit gelbem Kies bestreute Weg, der zu der Tür der Prior-Kapelle führte. Mildes Mondlicht überstrahlte die Umgebung, schuf geheimnisvolle Schatten und reichte doch hin, um die Gestalt genau zu erkennen, die jetzt langsam, feierlich aus dem Dunkel der Lebensbaumallee hervortrat.
Graue, schleierartige Gewänder, die noch ein Stück hinterher schleppten, umhüllten die Erscheinung, die in gemessenem Schritt an dem Versteck der beiden vorüberkam.
Hartung spielte jetzt den vor Angst und Schrecken völlig Fassungslosen.
Inzwischen war das graue Gespenst bis dicht vor die Kapellentür gelangt.
Da litt es Fritz Schaper nicht länger auf seinem Platz. Er riß die Taschenlaterne hervor und sprang auf. Der Geist drehte sich in der Tür der Kapelle um, hob wie warnend die Hand und war verschwunden. Keine fünf Schritt hinter ihm raste der Detektiv in das kleine Gotteshaus.
Schaper sprang die drei Stufen zu dem Eingang empor. Das Licht der elektrischen Laterne fiel in den unwirtlichen Raum hinein, traf auf die fliehende Gestalt.
Da – plötzlich – der Graue stolperte, schlug lang mit dumpfem Krach zu Boden. Irgend ein Brett des zertrümmerten Fußbodens hatte ihn zu Fall gebracht. Regungslos lag er jetzt in dem Eingang zu der Sakristei.
Schon stand der Detektiv neben ihm.
Das Gespenst ist mit dem Kopf auf einen Stein aufgeschlagen, ist bewußtlos. Blut rann über sein Gesicht, das jetzt die kleine Lampe so grell bescheint. Ein Fremder, ohne Zweifel. Den Mann hatte Schaper noch nie gesehen.
Mit einem Male richtete sich der Detektiv blitzschnell auf. Über ihm knisterte und krachte es warnend in dem Gebälk des Daches. Ein Blick nach oben. Die schweren Balken schienen sich zu bewegen.
Da erst wirde er sich der furchtbaren Gefahr bewußt.
Der dicke Strick an der Rückwand der Sakristei, der Diener, der draußen geblieben ist! – Daran denkt Fritz Schaper. Und mit zwei Sätzen steht er in dem mächtigen Eichenschrank, während hinter ihm schon der Dachstuhl zusammenkracht.
Die geheime Tür schließt sich hinter dem Detektiv, der hastig durch den unterirdischen Gang eilte und dann vor der von ihm nur einen Fingerbreit geöffneten zweiten Tür lauschend stehen bleibt. Jetzt tappten eilende Schritte den nur mäßig erhellten Korridor entlang. Ein Schatten huscht vorbei und verschwindet in dem Zimmer, wo der angebliche Kranke liegt.
Schaper, die Schußwaffe in der Hand, gleitet aus seinem Versteck hervor und schleicht sich näher. So hört er jedes Wort, das die beiden da drinnen wechseln. Er lauscht und stutzt sofort. Müller und der Diener sprechen englisch.
Jetzt vernimmt er eine erstaunte Stimme, die des Privatgelehrten.
»Wie meinst du das, Tom? - Inwiefern mehr Glück, als wir es voraussehen konnten?«
»Weil wir gleich zwei Fliegen mit einer Klappe gefangen haben. – Also der Deprouval spielt das Gespenst vorzüglich. Als er in der Kapellentür steht, rennt der verd… Detektiv richtig hinterher. Ich schau’ mir die Geschichte von außen an, weil ich merkte, daß da irgend was nicht ganz programmmäßig verlaufen war. Der Schaper stand nämlich, als ich unseren schönen Glockenzug in Bewegung setzen wollte und dabei an der Tür vorbei huschte, über eine am Boden liegende Gestalt gebeugt. – Begreifst du, Harry? Unser junger Freund war gestrauchelt und mußte irgendwo hart aufgeschlagen sein, noch bevor er den rettenden Schrank erreicht hatte, durch den er spurlos verschwinden sollte. Ich nun schleunigst um die Kapelle herum und das Tau genommen und – ein starker Ruck, da krachte die Falle auch schon zusammen.«
Der andere stieß sein scheußliches, so höllisch triumphierendes Kichern aus.
»Großartig, Tom, großartig! Jetzt steht die ganze Bude fraglos schon in Flammen. Meine drei chemischen Feueranzünder wirken sicher, unbedingt sicher. Da können die Herren von der superschlauen deutschen Polizei dann versuchen, aus den Brandtrümmern und den verkohlten Leichen sich ein Bild der Vorfälle zusammen zu reimen. Wird ihnen schwer fallen, fürcht’ ich!«
Wieder lachte er sein höhnisches, widerliches Lachen.
»Doch, Tom, nun zurück in den Garten. Wenn sie in Gauben den Feuerschein sehen, sind sie mit der Spritze bald hier. Ich bleibe im Bett. Was Du zu sagen hast, weißt Du ja.«
Der Detektiv huschte schleunigst davon. Die Haustür war nur angelehnt. Eilig lief er auf die Lebensbaumallee zu, wo er einen leisen, eigentümlichen Pfiff ausstieß. Sofort gesellten sich zwei Männer zu ihm, die bisher hier auf der Lauer gelegen hatten.
Der rötliche Feuerschein der brennenden Kapelle erhellte jetzt die Umgegend weithin, so daß Schaper und seine Leute sich vorsichtig im Schatten hielten. Mit wenigen Worten hatte er ihnen die nötigen Mitteilungen gemacht.
»Die Schurken sollen schon in Eisen liegen, bevor noch die Feuerwehr hier ist,« flüsterte er, und dann schlichen sie davon. –
Tom stand vor der Haustür, fuhr plötzlich er herum. Er hatte hinter sich ein Geräusch wie von leisen Schritten gehört. – Zu spät. Kein Schrei drang mehr aus seiner Kehle. Ein Mann hatte ihm blitzschnell die Hand fest auf den Mund gedrückt, ein zweiter riß ihn nieder.
Dann lag er, gebunden und mit einem Knebel zwischen den Zähnen, hinten an der Gartenmauer. In seiner Nähe schritt langsam ein Wächter auf und ab. –
Der Privatgelehrte oben in seinem Bett lauschte. Kein Zweifel. Die Feuerwehr kam. Er hörte schon das Rasseln der Räder, den Klang einer schrillen Glocke, deren Klöppel hin und wieder bewegt wurde.
Da – was war das? – Die Tür öffnete sich. – Zwei Gestalten stürzten auf sein Bett zu. Er vermochte sich nicht zu rühren. Fesseln legten sich um seine Hände.
»Hiller, reißen Sie dem Mann die Bandagen vom Gesicht,« befahl Schaper jetzt.
Der Gefangene leistete keinen Widerstand.
»Leuchten Sie!«
Hiller nahm die Lampe zur Hand und hielt sie so, daß der Lichtschein voll das bartlose Gesicht des Gefesselten traf.
Fritz Schaper beugte sich vor. Diese schmalen Lippen, dieses energische Kinn und die halb zusammengekniffen Augen kannte er. Aber – wer war der Mann, wer? – Dann – er prallte förmlich zurück.
»Die Toten stehen auf!« rief er fassungslos. »Hiller,« wandte er sich an seinen Untergebenen, »wahrhaftig, wenn ich nicht wüßte, daß jener Amerikaner, jener Doktor Timpsear, in Berlin begraben liegt, ich würde darauf wetten, daß ich hier denselben Schurken vor mir habe. – Mann,« schrie er den Gefangenen an, »antworten Sie mir! – Wer sind Sie, wer in aller Welt?!«
Doch