ТОП просматриваемых книг сайта:
Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Walther Kabel
Читать онлайн.Название Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band
Год выпуска 0
isbn 9788075831101
Автор произведения Walther Kabel
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Noch eine Frage. Haben Sie sich etwa schon unter 91836 an diesen rätselhaften Beschützer gewendet?«
»Nein. – Aber was Ihren Vorschlag anbetrifft, lieber Herr Melcher, – da sage ich ja! Gut, tragen Sie Herrn Larisch die Angelegenheit vor.« –
Sehr bald darauf erschien Hedwig Melzer.
Sie hatte große Ähnlichkeit mit dem blonden Sekretär, war überschlank, zart, aber leider schon ein wenig verblüht. Etwas Herbes, kühl – zurückweisendes hatte ihrem Wesen stets angehaftet. Richtig jung war sie wohl nie gewesen. ›Ein hartes Lineal ohne jedes Gefühl‹, sagten ihre Kolleginnen von der Moabiter Volksschule, an der sie ebenso wie auch Irma Hölsch angestellt war. Dieses grausame Urteil stimmte jedoch nicht, oder nur mit Einschränkungen. Hedwig Melcher ließ niemand einen Blick in ihr Inneres tun. Die einzige, die ihr näher stand, war Irma. Doch auch ihr gegenüber blieb Hedwig bis zu einem gewissen Grade scheu zurückhaltend.
Irma fiel es auf, daß sie von der Freundin heute kühler als sonst begrüßt wurde. Hedwig war zerstreut und leicht erregt. Als sie die anonymen Briefe auf dem Tisch bemerkte, fragte sie sofort:
»Habt Ihr hier etwa geschäftliche Dinge erörtert?« Es machte den Eindruck als ob sie nur irgend etwas reden wollte. Auch Fritz wunderte sich über die Zerfahrenheit der Schwester und streifte sie mit prüfenden Blicken.
Irma teilte der Zeichenlehrerin mit, weshalb sie zu ihr gekommen war. Als im Laufe dieser Erklärungen über die geheimnisvollen Briefe dann auch Egon Larisch erwähnt wurde, veränderte sich Hedwig Melchers Gesichtsausdruck auffallend. Und mit einem halb ironischen, halb ärgerlichen Auflachen sagte sie, Irma wenig rücksichtsvoll ins Wort fallend:
»Ich begreife meinen Bruder nicht …! Wozu soll denn Herr Larisch mit dieser Sache behelligt werden?! Der schlägt sich doch wahrhaftig mühsam genug durch. Wo soll er wohl die Zeit hernehmen, sich auch noch den Angelegenheiten Fremder zu widmen!«
Irma wurde erst verlegen, dann aber kam doch die durchaus gerechtfertigte Empörung bei ihr zum Durchbruch. Hedwigs ganzes Verhalten war ihr heute völlig unerklärlich. Und so sagte sie denn ziemlich scharfen Tones, bevor noch der Sekretär sich einmischen konnte:
»Dein Bruder war es, der mir den Vorschlag machte, Herrn Larisch um Rat zu fragen. Ich habe jedenfalls nie daran gedacht, den Schriftsteller, den ich ja kaum kenne, zu behelligen. Im übrigen scheinst du heute nicht gerade bester Laune zu sein, liebe Hedwig. Da ist es wohl besser, ich gehe. Natürlich werde ich unter diesen Umständen die Briefe mitnehmen. Herr Larisch soll durch mich nicht seiner kostbaren Zeit beraubt werden.«
Hedwig Melcher lenkte jetzt plötzlich ein. Und dies gleich in einer Weise, daß Irma immer weniger aus der Zeichenlehrerin und deren schnell wechselnden Stimmungen klug zu werden vermochte.
Mit tränenfeuchten Augen und bittend vorgestreckten Händen kam das alternde Mädchen auf die Freundin zu und rief mit leicht vibrierender Stimme:
»Mein Gott, habe ich dich etwa verletzt?! Das will ich nicht, wirklich nicht! Verzeih’ mir, Irma! Bitte – bitte – sei wieder gut, Liebste! Wir beide werden uns doch nicht zanken! Ach – ich hatte mir diesen Nachmittag so anders gedacht. Ich komme ja soeben von dir, war enttäuscht, dich nicht anzutreffen. Ich hätte sodann mit dir einen Spaziergang gemacht. Ich habe dir auch ein paar Zeilen hinterlassen. In deinem Zimmer arbeitete gerade ein Elektromonteur, der die Lichtleitung nachsah. Über den Menschen habe ich mich auch noch geärgert. Es war so ein richtiger aufdringlicher Berliner. Er hatte dein Bild auf dem Schreibtisch gesehen, tat, als hätte er sich sofort in die Photographie vergafft und fragte mich nun nach dir aus, – so eine Unverfrorenheit! Na – als ich erst merkte, was mit dem Menschen los war, habe ich ihm gründlich heimgeleuchtet.«
Irma war schon wieder versöhnt, zumal auch Fritz Melcher jetzt betonte, Hedwig wäre wohl etwas überarbeitet.
»Jedenfalls kann davon keine Rede sein, Fräulein Hölsch,« fügte er hinzu, »daß Egon Larisch durch eine Prüfung dieser Briefe irgendwie in seiner Arbeit beeinträchtigt wird. Ich bitte Sie also, lassen Sie die Briefe hier.«
»Gut denn,« meinte Irma und reichte sie ihm zurück.
Hedwig aber warf so nebenbei hin:
»Natürlich kann er sie prüfen. Ich glaubte ja, Irma, es sollten vielleicht lange Beratungen zwischen euch stattfinden. Und die hätten doch wohl Larisch in seinem Schaffen gestört.«
Dann wurde dieser Gegenstand nicht weiter berührt. Irma begann von der Erbschaft zu sprechen und lud hierbei die Geschwister Melcher nach dem Lammerthof für die nahen Osterfeiertage ein.
»Ihr müßt meine Gäste sein, auf jeden Fall! Einen Korb nehme ich nicht an. Ich bin ja jetzt Gutsbesitzerin, – wenn auch nur von einer alten Raubburg, die als Wohnhaus genutzt wird, und zweihundert Morgen armseligen Heidelandes, auf dem nur Schafe ihr Auskommen finden.«
Die Einladung wurde angenommen. Dann setzte jetzt Melcher für Irma noch ein Schreiben an das Amtsgericht in Sziemanowo auf, damit dieses sich bis zum Beginn der Ferien des Lammerthofes ein wenig annehme, den das alte Ehepaar Parlitz vorläufig verwalten sollte.
3. Kapitel
Egon Larisch
Als Irma nach Hause kam, begegnete sie im Flur der Frau Kanzleirat Mießtaler.
»Ich habe gar nicht gewußt, Fräulein Hölsch, daß an der Lichtleitung in Ihrem Zimmer etwas in Unordnung war,« sagte die spindeldürre Wirtin leicht gereizt. »Sie schicken mir da einfach einen Monteur ins Haus und noch so einen patzigen, frechen Menschen. Ein andermal wäre es mir lieber, wenn Sie mir die Erledigung derartiger Reparaturen überließen.«
Irma war einfach sprachlos.
»Ich – ich hätte den Monteur geschickt?!« meinte sie verwundert. »Das muß ein Irrtum sein. Ich habe keinen Menschen beauftragt – wirklich nicht!«
»Na, da hört sich doch verschiedenes auf!« rief die Kanzleirätin kopfschüttelnd. »Herr Gott – womöglich war der Kerl gar ein Gauner, ein Dieb …!«
Und prüfend musterte sie den ganzen Flur, den Garderobenständer und den Schrank hinter der Ecke, auf dem allerlei Kleinigkeiten herumstanden.
»Hier scheint ja noch alles da zu sein, Fräulein Hölsch,« sagte sie erregt. »Aber – sehen Sie doch bitte gleich mal in Ihrem Zimmer auch nach. Der Mann ist ja dort mindestens zehn Minuten allein gewesen. Zuerst war noch Fräulein Melcher drin, aber …«
»Ich weiß, ich weiß …!« Und Irma riß schon ihre Stubentür auf, trat mitten ins Zimmer und schaute sich mißtrauisch um.
Die Wirtin war ihr gefolgt.
»Na, fehlt was?« fragte sie ängstlich.
Irma zuckte die Achseln, trat auf den Schreibtisch zu und – stutzte plötzlich.
Der Schreibtisch hatte einen Aufsatz mit einem verschließbaren Mittelschränkchen mit einer Doppeltür. Und von der Mittelleiste dieser Doppeltür war unten ein etwa vierzehn Meter langes Stäbchen abgesplittert, so daß das helle, ungebeizte Holz an dieser Stelle aufdringlich in die Augen fiel, während der Splitter auf der Tischplatte auf der roten Löschblattunterlage lag.
Irma deutete mit der Hand auf den Holzstäbchen.
»Das Schränkchen ist gewaltsam geöffnet worden,« sagte sie leise. »Sehen Sie, Frau Kanzleirat, – ich kann mich gar nicht täuschen!«
Wenige Minuten später hatte die junge Lehrerin festgestellt, daß auch