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ganzen ein der romanischen Stilart angehöriger Bau ist. Es haben allerdings die drei gotischen Grundelemente: der Spitzbogen, der Strebebogen und das einfache System bereits Eingang gefunden. Allein diese Anleihen haben nicht den Organismus des Gliederbaues völlig durchdrungen, sie sind nicht durchweg zu konstruktiver Notwendigkeit geworden. Hat man doch beim späteren Umbau der Seitenschiffe den Überfluß der Strebebögen erkannt und ihre Beseitigung herbeigeführt. Auch der Eindruck des Innern, wo erst das einfache System dem Beschauer sichtbar wird, ist trotz der reichen Hochwandgliederung und trotz der starken Höhenentwicklung nicht der eines gotischen Baues. Der Bau ist in seinem innersten Kern romanisch. Den romanischen Charakter bestätigen auch die Ornamente.

      Stilkritik. Die erste Periode der Nürnberger Bau- und Kunstgeschichte fällt in das 12. Jahrhundert. Die ehemalige Schottenkirche St. Egidien mit der Euchariuskapelle und die Doppelkapelle auf der Burg sind ihre Repräsentanten. Die Egidienkirche brannte 1696 ab. Nur Abbildungen aus der Zeit vor und unmittelbar nach der Brandkatastrophe haben uns ein Bild der romanischen, in gotischer Zeit mehrfach umgebauten und erweiterten Klosterkirche überliefert, allein sie genügen nicht, um genau Konstruktion oder gar Ornamentik erkennen zu lassen. Wir wissen nur, daß die Kirche eine dreischiffige Basilika mit östlichem Querschiff, westlichen Türmen und Vorhalle war; vielleicht eine Säulenbasilika, in welcher die Seitenschiffe gewölbt, das Mittelschiff dagegen flach gedeckt war. Mit ziemlicher Sicherheit aber wird man annehmen können, daß die Kirche des um 1140 von Kaiser Konrad III. gestifteten und mit Regensburger, teilweise auch mit Würzburger Schottenmönchen besetzten Klosters auch in der Bauweise als Schottenkirche gekennzeichnet und mit St. Jakob in Regensburg eng verwandt war. Deutlich ist der Einfluß der Schotten an der Doppelkapelle auf der Burg, der Margareten- und Kaiserkapelle (etwa 1170 bis etwa 1180). Weniger in der Gewölbekonstruktion, als besonders durch Gestalt und Ornamentik der Kapitäle und durch die Anlage des Oratoriums mit den kurzen, gedrungenen Säulen wird man sofort an die Regensburger Schottenkirche erinnert. Dagegen deutet die gegen Ende des 12. Jahrhunderts erbaute Euchariuskapelle mit ihren Rippengewölben und den hohen, reich profilierten Sockeln, Basen und Kämpfern auf Bamberg.

      Abb. 7. Ansicht vom südlichen Seitenschiff gegen Norden.

      Von wie hoher Bedeutung auch für die Kunstgeschichte Nürnbergs in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts die Beziehungen zu Regensburg gewesen sind, eine Nürnberger Bauschule scheint sich aus jener nicht allzu umfangreichen, im wesentlichen auf die beiden ersterwähnten Kirchen beschränkten Bautätigkeit nicht entwickelt zu haben. Es ist anzunehmen, daß die Bauleute für die Doppelkapelle auf der Burg und für die Egidienkirche von auswärts, das heißt von Regensburg, gekommen waren und nach Vollendung der Bauten wieder weitergezogen sind, also weder aus der Bevölkerung Nürnbergs hervorgegangen sind, noch sich in Nürnberg dauernd angesiedelt haben.

      Abb. 8. Kapitäl der Dienste im Mittelschiff.

      Mit der Wende zum 13. Jahrhundert war auf einige Jahrzehnte eine Stockung im Bauleben Nürnbergs eingetreten, bis sich mit der Niederlassung der Bettelorden, vor allem aber mit dem Bau von St. Sebald eine um so regere Tätigkeit entfaltete. So kam es, daß sich an die von den Schotten angewendete Bauweise keine Tradition knüpfte und man die technischen Vorteile und die dekorative Eigenart, welche jene mitgebracht, völlig vergaß. Und als das Bedürfnis nach einem größeren Gotteshaus wach wurde, war in Nürnberg ein gänzlicher Mangel an geschulten Baumeistern wie Steinmetzen, welche einen umfassenden Auftrag hätten übernehmen und durchführen können. Dazu handelte es sich jetzt nicht mehr um eine Kirche für einen geschlossenen Orden, sondern um die Kirche für eine Pfarrgemeinde. Stand bereits die zum Egidienkloster gehörige Euchariuskapelle unter dem Einfluß des Bamberger Domes, so war es ganz natürlich, daß die unterbrochenen Beziehungen zu dem erst 1237 vollendeten Dom wieder aufgenommen wurden, um so mehr als Bamberg die Diözesanhauptstadt von Nürnberg war.

      St. Sebald und der Dom zu Bamberg. Bei der Gründung der Diözese Bamberg durch Kaiser Heinrich II. im Jahre 1007 wurde der neue Sprengel gegen den von Eichstätt mit dem Laufe der Pegnitz abgegrenzt. Was also vom jetzigen Stadtgebiet Nürnbergs nördlich dieses Flusses lag, gehörte zu Bamberg, was dagegen auf der anderen Seite lag, zählte vorerst zu Eichstätt. Dieses Verhältnis scheint jedoch nicht lange bestanden zu haben, denn schon 1162 wird die Kapelle zum Heiligen Grab, an deren Stelle sich jetzt die Pfarrkirche St. Lorenz erhebt, als zu Fürth eingepfarrt erwähnt, und Fürth gehörte damals zur Diözese Bamberg. Im 13. Jahrhundert kommt also für Nürnberg als Diözesanhauptstadt nur Bamberg in Betracht.

      Im ersten Drittel dieses Jahrhunderts entwickelte sich in Bamberg im Anschluß an den Dombau ein reges Kunstleben. Der unter Kaiser Heinrich II. erbaute, 1081 abgebrannte, unter Bischof Otto dem Heiligen wieder aufgebaute und 1185 abermals durch eine Feuersbrunst zerstörte Dom wurde gleich nach dem Brande von neuem aufgebaut. Begonnen wurde mit der Ostpartie. Nach Vollendung derselben vor 1202 trat eine kurze Unterbrechung ein. Man ging nun energisch an die Vollendung des ganzen Baues. Auf die provisorische Einweihung von 1232 folgte am 6. Mai 1237 die letzte und endgültige.[7] Es ist ganz natürlich, daß bei dem Bau eines Gotteshauses von den Dimensionen des Bamberger Domes, der noch dazu in verhältnismäßig kurzer Zeit zur Ausführung gelangte und infolgedessen eine zahlreich besetzte Bauhütte erforderte, sich eine eigene Bauschule heranbildete, die im Bedarfsfalle imstande war, auch nach auswärts Parliere und Steinmetzen abzugeben. Was liegt da näher, als daß die Nürnberger Pfarrgemeinde, als man nach einem monumentalen, nur mit dem Aufgebot gediegener und geschulter Kräfte zu erbauenden Gotteshaus verlangte, zur Dombauschule der Diözesanhauptstadt in engste Beziehungen trat.

      Wir fassen zunächst die beiden Grundrisse, beziehungsweise Plandispositionen ins Auge.

      Beim Bamberger Dom ist die Plandisposition des alten Heinrichsbaues — doppelchörige Basilika mit westlichem Querschiff — beibehalten worden. Es kann daher weder in der doppelchörigen Anlage, noch im westlichen Querschiff eine auf Rechnung des Neubaues kommende Besonderheit erblickt werden, es ist vielmehr auf andere ähnliche Beispiele, nämlich einerseits auf die Dome von Mainz (erster Bau 978–1009) und Worms (996–1016), andererseits auf die schwäbisch-bayerischen Bauten, so auf den Dom von Augsburg (994 bis 1006), auf Obermünster (1010 und 1020) und St. Emmeram in Regensburg (1002 und 1020), unter deren Einfluß der Heinrichsbau des Bamberger Domes zweifelsohne stand, zu verweisen.[8] Das Schwergewicht bei der Anlage einer Kirche nach Westen zu verlegen, wurde, wenn nicht ähnliche zwingende Gründe vorhanden waren, von jener Zeit ab vermieden. Um so auffälliger muß es erscheinen, daß bei dem Bau einer Kirche wie St. Sebald, der von Grund aus einen Neubau bildet, zwar nicht das Hauptgewicht auf den Westchor verlegt, aber doch demselben eine dem Ostchor beinahe gleichkommende Bedeutung zuteil wird, ja daß überhaupt ein Westchor noch Anklang findet. Denn spätere doppelchörige Anlagen sind nicht bekannt.

      Abb. 12. Romanisches Kapitäl mit Knollenornament.

      Wie schon erwähnt, stand zuvor an Stelle der Kirche St. Sebald eine Kapelle. Dieselbe war von Anfang an dem hl. Petrus geweiht und bewahrte Reliquien von ihm. Im letzten Viertel des 11. Jahrhunderts fand allmählich auch der hl. Sebald Verehrung, er wurde bald zum Stadtpatron erhoben, ohne daß auf die Verehrung des hl. Petrus

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