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sein lassen. Freilich bin ich ein armer Knecht, ein zugereister; nun der würde ihr wohl doch nicht sofort eine Liebeserklärung machen, wenn sie den Namen Hans einmal über die Lippen brächte. Zwar spricht sie auch mit den anderen kaum — was nicht immer so gewesen sein muß, weil es die Mutter Wunder nimmt. Am Ende — trotz allem — wer kann’s denn wissen! Am Ende —. Des Abends beim Herde muß ich manchmal eine Geschichte erzählen. Da kam auch eine von der stummen Prinzessin. Die hat immer gelacht und immer geplaudert. Da sah sie eines Tages auf der Jagd einen Schäfer. Von diesem Tage an hat sie nicht mehr gelacht und nicht mehr gesprochen — war stumm. Alle Arzenei war vergeblich, sie zu heilen, bis einst ein Wundermann den jungen Schäfer brachte, der die Kraft besaß, Stumme sprechend zu machen. Dieser legte der Prinzessin die Hände auf die Achseln, schaute sie an und fragte: „Liebst du mich?“ — „Ja,“ hat sie geantwortet, und von diesem Augenblicke an war sie geheilt. — Meinst du, die Barbel hätte bei dieser schönen Historie auch nur mit einem Auge gezuckt? Nein.

      Es muß dir schon aufgefallen sein, daß meine Feder stets nach einer gewissen Richtung hin gravitiert. Man lenkt ab — sie gleitet immer wieder gegen jenen wundersamen Nordlichtschein. — Wenn ein Roman entstünde! Doktor! Doktor!

      Dummheiten! — Um sechs Uhr pfeift der Rocherl zum Frühstück. Weil er nicht dreschen kann, so besorgt er den Kaffee. Ach, schon den Namen möchte man hinabschlucken. Unterricht: Geröstetes Kornmehl mit etwas Butter und Kümmel in Wasser gekocht. Der echte ist hoffnungslos. Vor vielen Jahren soll in diesem Hause einmal eine Nähterin Kaffee gekocht haben. Wirklichen! Eine Art Zeitrechnung datiert davon. „Dazumal, wie wir den Kaffee gegessen haben!“ „Im selbigen Jahr, wie der Kaffee ist gewesen.“ — Vorlauterweise habe ich einmal bei Tisch erzählt, daß es in großen Städten eigene Kaffeehäuser giebt, wo jahraus jahrein nichts gekocht wird, als Kaffee! Darauf sagte der Hausvater — aber gutmütig dabei lächelnd, daß es nicht weh thun möchte — ich hätte doch ein Fleischhauer werden sollen, weil mir das Aufschneiden so gut von statten ginge. — Soweit, mein Freund, sind wir hier entfernt vom Kaffee!

      Du denkst als halber Kneippjünger, daß frische Milch den Herrlichen ersetzen müßte! Höre: Die vorwegs von Butter gänzlich befreite Milch steht seit Wochen in großen Kellerkübeln aufbewahrt. Darüber sind ein paar Bretter gelegt, damit kein größeres Getier hineinfallen kann. Im Winter bei dürrem Futter, sollst du wissen, hat nicht jede Kuh Lust, das weiße Brünnlein quellen zu lassen. Also die vom Keller, die „säuerlt“ dann manchmal, oder sie „rauchelt“, und ist der einhändige Koch immer noch froh, wenn in der Suppe keine schlimmeren Eigenschaften auffallen. — Pfui, Kostbespöttler hinter dem Rücken! Und sagst beim Löffelabwischen doch allemal „Vergelt’s Gott!“

      Nach dem Frühstück gehe ich zu meinen Ochsen, die Barbel zu ihren Kühen, der Rocherl zu den Schafen. Das Vieh wird in zwei oder, Sonntags, in drei Gängen sorgfältig gefüttert, dann zum Brunnen geführt, der zwischen Haus und Stallung auf dem freien Platze steht und von dem Hausvater vorher mit einer Hacke eisfrei gemacht werden muß. Die Hausmutter trachtet, den Schulknaben flügge zu machen. Und dann fängt wieder das Dreschen an bis zum Mittagsmahl um eilf Uhr. Menu: Brotsuppe aus obiger Milch, gespecktes Kohlkraut, Roggenklöße mit Rauchfleisch. Nahrungsmittel durchaus echt, aber die Kochkunst, die — ja so, das ist so häßlich. Da will ich lieber etwas Schönes sagen, wie bescheidentlich langsam die Leute in die gemeinsame Schüssel fahren und keiner den anderen zu übervorteilen sucht. Dieses taktvolle Essen habe ich bei den Bauern überall gefunden und könnten sich die Table d’hôte-Gäste der feinen Hotels ein Beispiel nehmen.

      Nachmittags wieder Hafergarben dreschen. Müssen damit noch vor der Fastenzeit fertig werden, sagt der Adam. Als ob’s eine Tanzunterhaltung wäre. Unterricht: das Stroh kommt in die Scheune, das Gekörne in die Siebe, in die Windmühle, in die Mehlmühle, in den Ofen — ein Stück Haferbrot gefällig? Haferbrot ist gut, sagt mein Hausvater, aber Schweinfleisch ist besser — und füttert mit dem Hafermehl die Säue. Oder verkauft den Hafer im Sack, oder bewahrt ihn als Gesäme fürs nächste Jahrhundert. — Halt still, es ist das Tagewerk noch nicht aus. Um die Dämmerung geht die Barbel zu ihren Kühen und wer am Thore lauscht, der hört doch das Brünnlein in den Zuber sprühen. Am Abend Versammlung um das Herdfeuer, jedes mit kleinen Arbeiten beschäftigt. Ich bin auch bereits wer! Wenn dem Stuhl ein Fuß fehlt, oder der Leiter ein Sprossel, oder wenn das Hausmesser schartig ist, die Hacke stumpf, der Ochsenjochriemen zerrissen, die Thürklinke schadhaft — da greife ich an. Sind die anderen beschäftigt und ich weiß nichts zu thun, als die Finger in den Händen halten und ihnen vor dem Wege stehen — das ist zum Todschämen! Nirgends noch habe ich mich eigentlich geschämt auf meiner irdischen Pilgerschaft, nicht wenn der Feldwebel mich mit den schwunghaftesten Kasernenblüten besang, nicht, wenn der Chefredakteur plötzlich sagte: „Erlauben Sie, Herr Trautendorffer, da in Ihrer Arbeit finde ich eine Laus!“ und mir einen unzweideutigen Gramatikfehler vorhielt. Ich war entzückend verstockt. Hier schäme ich mich, — womit das Tagewerk geschlossen wird. Darauf kommt das Nachtmahl: Kartoffeln, Rüben oder Mehlbrei. Dann kommt das Gebet, und um acht Uhr, wenn die Stadtleute anfangen, elektrisch zu werden, kriechen wir ins Bett. — Das ist der Werktag. Am Sonntage nach der Fütterung ist Kirchgang. Ich streiche im Freien umher oder schreibe meinem Alfred.

      Die Unschlittfunze (in Hoisendorf das Pfund zu 21 Kreuzern) ist noch nicht niedergebrannt, so will ich dir eins schreiben von unserem Nachbar Schlappzopf. Denn du mußt auch andere Gattungen kennen lernen. Dem Schlappzopf trug ich vor einigen Tagen, als wir Metzgerei hatten, die Schweinshaut hinüber, er kann gerben. Ich fand ihn in Unterhandlung mit einem Viehhändler aus dem vorderen Gai.

      „Schlappzopf,“ sagt dieser, „wie ich höre, habt Ihr eine feile Kuh.“

      Der Bauer hat mit seiner Tabakspfeife zu thun und überhört die Frage.

      „Eine Kuh, Schlappzopf, nicht?“

      „Eine Kuh. Weiß nit, ja.“

      „Ist es eine junge? Wohl eine Melkkuh, wie?“

      „Ich weiß es völlig nit. Kann eh sein,“ sagt er und schraubt das Rohr in die Pfeife.

      „Wollt Ihr mir sie zeigen?“

      „Anschau’n kunnten wir sie ja. ’s Anschau’n kostet nichts.“ Dann führt er den Viehhändler durch den dunstigen Stall, wo sie über mehrere Mistwälle stolpern.

      „Die welche wäre es also?“

      „—’s selb müßt’ ich mir selber erst ausraiten. Die Milchkuh werd’ ich halt doch nit recht dürfen hergeben. Thät’ meinem Weib leicht nit passen.“

      „Also die Trächtige.“

      Der Bauer stochert in der Pfeife herum, stochert ein Häufchen Asche auf die hohle Hand heraus und streut es dann bedächtig zu Boden.

      „Ich nehme übrigens auch die mit dem Kalb. Wie?“ so der Händler.

      Jetzt löst der Bauer das Rohr los von der Pfeife, setzt sie sachte an die Lippen und bläst hinein.

      „Die mit dem Kalb?“ frägt er dann. „Ah na, die werd’ ich doch schier nit dürfen hergeben.“

      „So bleibt nur noch die Mastkuh.“

      „’s ist halt just so a Sachen. Weil sie nit ganz feist ist, noch. Verkaufen, freilich, verkaufen werd’ ich sie eh einmal müssen.“

      „Was kostet sie?“

      Der Bauer steckt die Pfeife wieder zusammen, thut sie an den Mund, pfaucht ein paarmal durch. Der Zug wäre soweit hergestellt.

      „Wie viele Banknoten soll ich Euch auf die Hand legen fürs Vieh?“

      „Mein Nachbar, der Kulmbock, hat vorig Wochen eine um hundertfünfzig verkauft.“

      „Die war sicher zweimal so schwer, als wie Eure da!“

      „Ein wengel kann’s sein, daß sie schwerer gewesen ist. Viel nit, viel.“

      „Einen kugelrunden Hunderter, wenn Ihr wollt.“

      Der Bauer hebt nun mit der Tabaksblase an. Langsam hat er sie vom Rücken, wo sie im Gürtel

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