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Im Dunkeln lauert die Angst. Eva Breunig
Читать онлайн.Название Im Dunkeln lauert die Angst
Год выпуска 0
isbn 9783775171946
Автор произведения Eva Breunig
Издательство Bookwire
Miriam saß zwischen Tessa und Laurenz und schielte missmutig zu ihrer Schwester hinüber. Daria verhielt sich nicht gerade besonders einfühlsam! Saß da mit neckischem Kichern neben ihrem Liebsten und ließ sich mit Süßspeisen füttern! Und nahm keinen Hauch Rücksicht auf die verwundeten Gefühle ihrer Schwester, die an Liebeskummer litt. War ihr nicht klar, dass der Anblick verliebter Paare Miriams Schmerz immer neu aufrührte? Besonders, wenn das verliebte Mädchen auch noch genauso aussah wie sie selbst?!
Miriams Gedanken wanderten zurück. Wann hatte es eigentlich angefangen zu kriseln? Na ja, Diskussionen hatten sie und Sebastian schon länger geführt … Darüber, wie viel Nähe eine Beziehung vertrug, wie viel Distanz sie brauchte … Beziehungsgespräche eben, die einfach notwendig waren, um einander besser zu verstehen! Wann waren aus diesen theoretischen Erörterungen echte Problemgespräche geworden? Vielleicht hatte sie diesen Punkt verpasst, vielleicht hatte sie zu spät begriffen, dass Sebastian einfach wirklich mehr Freiräume brauchte als sie? Bei diesem Gedanken runzelte Miriam unwillkürlich die Stirn. Man konnte es ja auch umgekehrt sehen: Vielleicht hatte er zu spät begriffen, dass sie etwas mehr Nähe gebraucht hätte!?
In den Weihnachtsferien war Sebastian nach Niederösterreich zu seiner Familie gefahren, und dann hatte sie erst mal eine Woche lang nichts von ihm gehört. Nichts! Null! Kein Anruf, keine E-Mails, nicht mal ein SMS. Selbst als sie ihren Stolz überwand und ihm schrieb, antwortete er nicht. Dabei wäre es doch wirklich sein Job gewesen, sich als Erster zu melden, schließlich war er derjenige, der weggefahren war!
Erst am zweiten Weihnachtsfeiertag hatte der Herr sich zu einer Mitteilung herabgelassen, die da lautete: »Frohe Weihnachten meiner liebsten Miri!«
Keine Erklärung, keine Entschuldigung. Viel war das nicht! Immerhin konnte sie ihn danach wenigstens anrufen, ohne ihr Gesicht zu verlieren.
»Frohe Weihnachten, mein Schatz!«, flötete sie und versuchte nicht allzu vorwurfsvoll zu klingen. »Geht’s dir gut?«
Da schwärmte er drauflos: »Es ist so toll, meine Familie, Freunde und Nachbarn wiederzusehen!« (Gerade so, als ob er nicht ohnehin alle paar Wochen nach Hause fahren würde!) »Und es fühlt sich so wundervoll an, einmal ein paar Tage völlig frei und ungebunden zu sein, ohne Termine, ohne Verpflichtungen, ohne Zwänge!«
Schon da hätte sie vielleicht stutzig werden können. Aber sie redete sich ein, dass er bloß vom Studium sprach, das tatsächlich in der letzten Zeit viel von ihm gefordert hatte. Und selbst als wenig später der Name »Bettina« fiel, mit der er so interessante Gespräche geführt hatte, dachte Miriam sich nichts dabei. Na ja – sie wollte sich nichts denken. Bettina war ein Nachbarsmädchen, er war mit ihr aufgewachsen, sie hatten gemeinsam im Sand gespielt. Wenn er mit ihr eine Beziehung gewollt hätte, hätte er das schon vor Jahren haben können! Damit war das Thema für sie erledigt.
»Oh meine Miri!«, zerstreute Sebastian alle Bedenken. »Du bist so einzigartig! So schön wie der Sternenhimmel! Es ist wunderbar, dass es dich gibt! Ich liebe und bewundere dich!«
Damit machte er alle Versäumnisse der letzten Woche wieder gut. Miriam lächelte geschmeichelt ins Telefon – und auch ein bisschen erleichtert. Ein paar klitzekleine Sorgen hatte sie ja doch gehabt, ob nicht möglicherweise irgendwas passiert war, irgendwas plötzlich zwischen ihnen stand. Aber wenn er sie liebte, dann war ja wohl alles okay.
»Warum hast du dich dann so lange nicht gemeldet?«, platzte sie heraus, obwohl sie genau das eigentlich nicht hatte fragen wollen.
»Oh Miri!«, seufzte er. »Fragt denn der Sternenhimmel, ob ihn jemand bewundert? Er ist einfach da – still, klar und erhaben!«
»Sag mal – was tun deine Eltern eigentlich in ihren Weihnachtspunsch?«, erkundigte sie sich irritiert.
»Wieso? Nur weil ich deine Schönheit mit dem Sternenhimmel vergleiche, unterstellst du mir gleich, dass ich betrunken bin?«
»Na ja, du klingst, als ob du …«, auf Drogen wärst!, »… ein bisschen überdreht bist«, verschluckte sie die ersten Worte, die sie eigentlich sagen wollte.
»Ich bin berauscht vom Leben!«, rief er. »Komm, Miri, mach’s nicht kaputt, ja? Ich bin einfach super drauf, alles ist großartig! Wenn du irgendein kleinliches Genörgel loswerden willst, passt das jetzt gar nicht zu meinem Lebensgefühl. Ich geb dir die Nummer von der Telefonseelsorge, falls du das brauchst!«
»Nein, überhaupt nicht!«, versicherte sie hastig. »Ich … äh … ich bin nur so … äh … grandiose Komplimente nicht gewöhnt.« Warum muss ich der Sternenhimmel sein? Der ist so weit weg, so unnahbar!
»Dann gewöhn dich dran«, schlug er vor. »Ich habe beschlossen, dass mein Leben ab jetzt viel grandioser werden muss!«
»Oh … aha.« Ob mir das gefällt?
»Du, meine Miri, warst immer schon grandios«, verkündete er. »Und jetzt wird das auch entsprechend gewürdigt!«
Ja, dachte Miriam, als sie am Faschingsdienstag im Keller des Laternen-Karl saß, so hat es angefangen …
8
Lauras geheimes Tagebuch
Warum sind alle Kinder so gemein? Wenn jemand neu in der Klasse ist, muss man nett zu ihm sein. Das weiß doch jeder! Aber zu mir war niemand nett! Na ja, vielleicht diese Susanne. Aber die ist doch voll der Außenseiter! Deswegen war der Platz neben ihr ja auch noch frei. Sie hat sogar ein Kuscheltier in der Schule dabei! Mit zwölf!! Als Glücksbringer für die Prüfung, sagt sie. So ein Baby!
In der Pause hab ich den Stift aufgehoben, der von Valentins Tisch gefallen ist. Der Typ hat sich nicht mal bedankt! Na gut, vielleicht hab ich ein ganz kleines bisschen nachgeholfen, damit er runterfällt, aber er war eh schon ganz am Rand. Was der Valentin für Schimpfwörter kennt! Das muss ich meiner Klassenlehrerin sagen! Solche Worte sind bestimmt nicht erlaubt!
Und dann wollte ich mit den anderen »Versteckt Susannes Teddy« spielen, aber die haben mich einfach nicht mitmachen lassen. Lukas, Marcel, Emil und noch zwei andere Jungs haben den Teddy herumgeworfen, sodass Susanne ihn nicht kriegen konnte. Ich wollte ihn auch mal fangen, aber sie haben nie zu mir geworfen.
Und dann hat sich Susanne auch noch bei mir bedankt, weil ich geholfen habe, den Teddy wiederzukriegen. Die hat wohl nicht gecheckt, dass ich ihr gar nicht helfen wollte …!
So was Dummes.
Ich hab gehofft, dass ich in der neuen Schule endlich Freunde finde. Aber die Kinder da sind genauso blöd wie in meiner alten Klasse.
Vielleicht geht’s morgen besser. Ich frag mal Sarah, die scheint eine ganz coole Clique zu haben. Und ein paar von den Jungs sehen eigentlich ganz süß aus …
9
»Ich sollte endlich lernen gehen«, grunzte Leni und wälzte sich auf dem Fellteppich, der wie ein künstlicher Eisbär aussah, auf den Bauch. »Aber hier bei dir ist es gemütlicher!«
Die Wohnung, die Daria mit ihrer Schwester Miriam und zwei weiteren Studentinnen bewohnte, lag unter dem Dach im Haus ihrer Großeltern. Es war dasselbe Haus, in dem auch der spannende verwinkelte Keller lag, den sie immer für ihre Pfadfindergeländespiele benutzten. Und die Dachwohnung war fast genauso verwinkelt. Es gab alle möglichen kleinen Nischen, Abstellkammern und Dachluken. Manche Fenster öffneten sich zur Straße, andere in den Hof oder in winzige Lichtschächte, und von einem konnte man sogar einen kleinen Zipfel des nahen Stephansdomes sehen. Jedes Mädchen in der Wohngemeinschaft hatte ein eigenes Zimmer, und außerdem