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ist, da das Blatt dazu gedient hat, die Blöße unserer ersten Voreltern zu bedecken, und da er aus diesem Grunde den Namen Adamsfeigenbaum erhalten hat, war repräsentiert durch seine fünf Hauptspecies: den Paradies-Bananenbaum, den Bananenbaum mit kurzen Früchten, den chinesischen Bananenbaum mit rosenfarbiger Sparte. Der Bananenbaum mit rother Sparte. Neben ihm wuchs die Heliconia, die sich ihm durch die Lange und die Breite der Blätter nähert; sodann die Ravelania von Madagascar, in Miniatur den berühmten Baum des Reisenden vertretend, wo der durstige Neger das frische Wasser findet, das ihm der ausgetrocknete Bach verweigert; die Strelitzia Regina, deren Blüthe der Kopf einer Schlange mit Griffel und Federkrone von Feuer zu sein scheint; das Blumenrohr von Ostindien, aus dem man in Delhi Gewebe so geschmeidig als der feinste Seidenstoff fabriziert; der Coftus, wegen seines Wohlgeruchs von den Alten bei allen religiösen Feierlichkeiten angewendet; der wohlriechende Baumschmarotzer von der Isle de la Réunion; der Zingiber von China, was nichts Anderes ist, als die Pflanze, die der Ingwer gibt; kurz, eine Sammlung im Auszuge der vegetabilischen Reichthümer der ganzen Welt.

      Das Bassin und der Sockel der Statue waren verloren in Farnkraut mit Blättern gerändert wie mit dem Durchschlage und in Lykopoden, die mit dem Bürlapp der feinsten Teppiche von Smyrna und Constantinopel wetteifern konnten.

      In Ermanglung der Sonne, welche erst in ein paar Stunden Königin des Horizonts sein wird, suchen sie nun durch diese Blätter, durch diese Blumen, durch diese Früchte die leuchtende Kugel, welche dem Gewölbe herabkommt und, ihre Strahlen durch ein leicht blau gefärbtes Wasser verbreitend, diesem Urwäldchen die reine melancholische Helle, die sanften, silbernen Reflexen des Mondes gibt.

      Vom Bette aus gesehen, ist dieses kleine Gewächshaus ein anbetungswürdiges Schauspiel.

      Die Person, welche im Bette lag und, auf den Ellenbogen gestützt, in der andern Hand ein Buch hielt, erhob auch, wie wir vorhin sagten, die Augen über ihr Buch und ließ ihre Blicke auf den lilliputischen Pfaden umherschweifen, welche da und dort das Licht in dem Zauberlande zog, das sie durch ein Spiegelglas wie durch einen Traum sah.

      Liebte sie, so mußte sie mit den Augen die verliebt verschlungenen Zweige suchen, wohin sie ihr Nest hätte setzen mögen; liebte sie nicht, so mußte sie vom üppigen Leben dieser herrlichen Vegetation das unaussprechliche Geheimniß der Liebe verlangen, von dem jedes Blatt, jede Blume, jeder Duft keusch und mysteriös die ersten Worte enthüllten.

      Und nun, da wir hinreichend dieses unbekannte Eben der Rue d’Artois beschrieben haben, sprechen wir von der Eva, die es bewohnte.

      Ja, Eva ist wohl der Name, den Lydie, so träumerisch, mit dem Arme aufgestützt und die Meditationen von Lamartine lesend, verdiente; Lydie bei jeder Strophe, – duftende Strophen! – schauend, wie sich die Knospen der Pflanzen öffneten und so in der Natur den im Buche angefangenen Traum fortsetzend. Ja, es war eine wahre Eva, rosig, frisch und blond; Eva am andern Tage nach der Sünde, mit dem Blicke auf Allem, was sie umgab, umherschweifend; Eva zitternd, unruhig, zuckend, ängstlich das Geheimniß dieses Paradieses suchend, wo man fühlte, daß sie zu zwei gewesen, und wo sie ganz betrübt war, daß sie sich wieder allein fand; rufend, durch die Schläge ihres Herzens, durch die Blitze ihrer Augen, durch das Scheuern ihrer Lippen, entweder den Gott, der sie zur Welt kommen gemacht, oder den Menschen, der sie sterben gemacht hatte.

      Gehüllt, wie sie war, in Betttücher von feinem Batist, den Hals umgeben von einer Flaumpalatine, die Lippe feucht, das Auge in Feuer, die Wange in Blüthe – hätte ein Bildhauer von Athen oder Korinth kein anderes Modell, keinen vollendeteren Typus für eine Statue von Leda geträumt.

      Sie hatte in der That von der vom Schwan umschlungenen Leda die verliebte Röthe und die wollüstige Beschauung. Sie so sehend, würde der Autor der Psyche, dieser heidnischen Eva, Canova ein Meisterwerk aus ihr gemacht haben, das seine Venus Borghese entthront hatte: Correggio hätte daraus eine träumerische Calypso, mit einem Amor hinter ihr in einen Winkel der Draperie verborgen gemacht. Dante hätte daraus die ältere Schwester von Beatrix gemacht, und von ihr durch die Krümmungen der Erde geführt zu werden verlangt, wie er von der jüngeren Schwester durch die Krümmungen des Himmels geführt worden war.

      Sicherlich aber hätten sich Dichter, Maler und Bildhauer vor der bewunderungswürdigen Person verbeugt, in der zugleich, durch eine unbegreifliche Mischung, die Schamhaftigkeit des Mädchens, der Reiz der Frau, die Sinnlichkeit der Göttin residierten; ja, das zehnte, das fünfzehnte, das zwanzigste Jahr, das Kinderjahr, das mannbare Jahr, das Liebesjahr, diese drei Jahre, welche die Trilogie der Jugend bilden, welche, jedes der Reihe nach, dem Kinde, dem Mädchen, der Frau entgegenkommen, und, einmal überschritten, zurückbleiben; diese drei Jahre, wie die drei Gracien von Germain Pilon, schienen dem privilegierten Geschöpfe, dessen Portrait wir zu zeichnen suchen, das Geleite zu geben und auf seine Stirne die Blumen mit den reinsten Wohlgerüchen, mit den frischesten Farben zu entblättern.

      Je nach der Art, wie man sie anschaute, erschien sie: ein Engel hätte sie für seine Schwester gehalten, Paul für Virginie, Desprieux für Manon Lescaut.

      Woher kam bei ihr diese dreifache, unvergleichliche, seltsame, unerklärbare Schönheit? Das werden wir in der Folge unserer Erzählung, nicht zu erklären, aber begreiflich zu machen suchen, indem wir dieses Kapitel oder vielmehr das nächste den Unterredungen der Frau von Marande und ihrem Gatten vorbehalten.

      Dieser Gatte wird sogleich eintreten; er ist es, den Lydie in einer so tiefen Zerstreuung erwartet; er ist es aber sicherlich nicht, den ihr unbestimmter Blick in den Halbtinten des Zimmers und in dem Halbschatten des Gewächshauses sucht.

      Er hat sie indessen auf eine sehr zärtliche Art um diese Erlaubnis gebeten, die er sogleich benützen wird, um die Erlaubnis, einen Augenblick in ihrem Zimmer mit ihr plaudern zu dürfen, ehe er sich in seiner Wohnung einschließen würde.

      Wie! so viel Schönheit! so viel Jugend, so viel Frische, Alles, was der Mann, zu seinem fünfundzwanzigsten Jahre, das heißt zum Culminationspunkte seiner Jugend gelangt, Idealstes träumen kann, und was er nie trifft; wie! so viel Glück, so viel Freude, so viel Trunkenheit, alle diese Schätze gehören einem einzigen Manne, und dieser Mann ist der allerdings frische, blonde, rosenfarbige, zierliche, höfliche und geistreiche, aber trockene, kalte, egoistische, ehrgeizige Banquier, den wir kennen! Alles dies gehört ihm wie sein Hotel, wie seine Bilder, wie seine Kasse!

      Welches mysteriöse Abenteuer, welche sociale Macht, welche tyrannische, unerbittliche Autorität konnten mit einander diese zwei, – wenigstens dem Anscheine nach, – so unähnlichen Wesen, diese zwei Stimmen, welche so wenig gemacht, um mit sich zu sprechen, diese zwei Herzen, welche so schlecht gemacht, um sich zu verstehen, verbinden?

      Wahrscheinlich werden wir es später erfahren, Mittlerweile hören wir sie plaudern, und vielleicht wird uns ein Blick, ein Zeichen, ein Wort von einem dieser zwei an einander Gefesselten auf die Spur von Ereignissen bringen, welche für uns noch in der dunklen Nacht der Vergangenheit verbergen sind.

      Plötzlich glaubte die schöne Träumerin das dumpfe Rauschen der Teppiche im vorhergehenden Zimmer zu hören; so leicht der Tritt war, der sich näherte, der Boden krachte unter ihm. Frau von Marande ließ ihre Toilette rasch eine letzte Revue passieren; sie kreuzte ihren Schwanenpelz enger auf ihrem Halse; sie zog die Spitze ihres Nachthemdes weiter auf ihr Handgelenke vor, und als sie sah, daß die ganze übrige Person auf eine tadellose Art verschleiert war, so machte sie nicht mehr die geringste Bewegung, um die Anordnung zu verändern.

      Nur legte sie ihr offenes Buch auf das Bett zurück und hob ein wenig die Stirne empor, so daß nicht mehr der obere Theil ihres Kopfes, sondern ihr Kinn in ihrer Hand ruhte, und in dieser Stellung, wuchs noch mehr Gleichgültigkeit, als Coquetterie bezeichnete, erwartete sie ihren Herrn und Meister.

       XXIII

      Eheliche Plauderei

      Herr von Marande hob den Vorhang auf, blieb aber auf der Thürschwelle stehen.

      »Darf ich eintreten?« fragte er.

      »Gewiß . . . Versprachen Sie nicht, Sie werden kommen? . . . Ich erwartete Sie seit einer Viertelstunde.«

      »Ah! was sagen Sie mir da, Madame?

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