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schleuderte, »doch das wird nicht auf eine Ordonnanz von König Karl X. Geschehen.«

      »Es ist eine unglaubliche Verblendung!« sagte Arago.

      »Ah! Herr Arago,« rief Salvator, »Sie, ein Astronom, der Sie auf Stunde und Minute die Finsternisse vorhersehen können, sehen Sie nicht besser am Himmel des Königthums?«

      »Was wollen Sie?« erwiderte der berühmte Gelehrte; »ich bin ein positiver Mensch und folglich voller Zweifel.«

      »Das heißt, Sie wollen einen Beweis?« sagte Salvator; »gut! man wird Ihnen einen geben.«

      Er zog aus seiner Tasche ein noch feuchtes kleines Papier.

      »Sehen Sie,« sprach er, »hier ist ein Abdruck der Ordonnanz, welche im Moniteur stehen wird.

      Ei! er ist ein wenig verwischt: er wurde ganz besonders für mich mit der Bürste abgezogen.«

      Und er fügte mit einem Lächeln bei:

      »Das hat mich ein wenig aufgehalten: ich wartete darauf.«

      Hierauf gab er den Abdruck Arago, aus dessen Händen er in alle Hände überging; sodann, wie ein Schauspieler, der mit seinen Effekten haushälterisch umgeht, sagte Salvator , als er gesehen hatte, der Effekt des Abdrucks sei hervorgebracht:

      »Das ist nicht Alles.«

      »Wie! was gibt es denn noch?« fragten alle Stimmen.

      »Der Herr Herzog von Doudeauville, Minister des königlichen Hauses, hat seine Entlassung genommen.«

      »Ah!« sagte Lafayette, »ich wußte, daß er, seitdem dem Leichname seines Verwandten die Beschimpfung widerfahren ist, nur auf eine Gelegenheit wartete.«

      »Nun wohl,« erwiderte Salvator, »bei der Nationalgarde hat sich die Gelegenheit geboten.«

      »Und die Entlassung ist bewilligt worden?«

      »Mit Eifer.«

      »Vom König?«

      »Der König ließ sich wohl ein wenig nöthigen; doch die Frau Herzogin von Angoulême bemerkte ihm, das sei ein ganz gefundener Platz für den Herrn Fürsten von Polignac.«

      »Wie für den Herrn Fürsten von Polignac?«

      »Für den Herrn Fürsten Anatole Jules von Polignac, 1804 zum Tode verurtheilt, durch die Vermittlung der Kaiserin Josephine gerettet, 1814 zum römischen Fürsten gemacht, 1816 zum Pair und 1823 zum Botschafter in London.«

      »Da er aber Botschafter in London ist . . . «

      »Ah! was liegt daran, General, man wird ihn zurückberufen.«

      »Und Herr von Villèle,« fragte Herr von Marande, »er hat die Zurückberufung gebilligt?«.

      »Er hat sich wohl ein wenig widersetzt,« antwortete Salvator, der mit einer Erstaunen erregenden Beharrlichkeit seine leichtsinnige Miene beibehielt; »denn er ist ein feiner Fuchs, dieser Herr von Villèle, wenigstens wie man sagt! In seiner Eigenschaft als feiner Fuchs nun begreift er, obschon nach den Worten von Barthélemy und Méry

      Depuis Cing ans entiers, l’impassible Villèle Cimente sur le roc sa- fortune eternelle8.

      er begreift, daß es keinen Felsen gibt, so stark er sein mag, den man nicht untergraben kann, – hiervon zeugt Hannibal, der nach Titus Livius die Kette der Alpen mit Essig durchbrochen hat, und er befürchtet, Herr von Polignac werde der Essig sein, der seinen Felsen in Staub verwandle.«

      »Wie!« rief der General Pajol, »Herr von Polignac ins Ministerium!«

      »Es bliebe uns, das Gesicht zu verhüllen!« fügte Dupont (de l’Eure) bei.

      »Mein Herr,« erwiderte Salvator, »es bliebe uns im Gegentheile übrig, uns zu zeigen.«

      Der junge Mann sprach diese Worte mit einem Ausdrücke, der so verschieden von dem war, welchen er bis dahin angenommen hatte, daß sich Aller Augen auf ihn hefteten.«

      Da erst erkannten ihn seine drei Freunde; es war wohl ihr Salvator, und nicht mehr der Valsigny von Herrn von Marande.

      In diesem Augenblicke trat ein Lackei ein und übergab dem Herrn des Hauses einen Brief.

      »Pressant!« sprach er.

      »Ich weiß, was es ist,« sagte der Banquier.

      Und er nahm rasch den Brief, zog ihn aus einem Umschlage ohne Siegel und las folgende drei Zeilen von grober Hand geschrieben:

      »Die Nationalgarde aufgelöst.

      »Die Entlassung des Herzogs von Doudeauville angenommen.

      »Herr von Polignac von London zurückberufen.«

      »Wahrhaftig,« rief Salvator, »man sollte glauben, ich sei es, der Seine Königliche Hoheit Monseigneur den Herzog von Orleans unterrichte.«

      Jedermann schauerte.

      »Ei! wer sagt Ihnen denn, dieses Billet sei von Seiner Königlichen Hoheit?« fragte Herr von Marande.

      »Ich habe seine Handschrift erkannt,« antwortete einfach Salvator.

      »Seine Handschrift?«

      »Ja , . . . darüber darf man sich nicht wundern, ich habe denselben Notar wie er: Herrn Baratteau.«

      Man meldete, das Souper sei serviert.

      Salvator ließ sein Lorgnon fallen und schaute seinen Hut an wie ein Mensch , der sich anschickt, wegzugehen.

      »Sie bleiben nicht bei uns beim Souper, Herr von Valsigny ?« fragte Herr von Marande.

      »Unmöglich, mein Herr, ich bedaure es sehr.«

      »Warum denn?«

      »Meine Nacht ist noch nicht beendigt, und ich werde sie vollends im Assisenhofe zubringen.«

      »Im Assisenhofe? zu dieser Stunde?«

      »Ja; man hat Eile, ein Ende mit einem armen Teufel zu machen, dessen Name Ihnen vielleicht nicht unbekannt ist.«

      »Ah! Sarranti . . . dieser Elende, der zwei Kinder umgebracht und eine Summe von hunderttausend Thalern seinem Wohlthäter gestohlen hat,« sagte eine Stimme.

      »Und der sich für einen Bonapartisten ausgibt,« sagte eine andere Stimme. »Ich hoffe wohl, er wird zum Tode verurtheilt werden.«

      »Ah! zum Tode verurtheilt, – da können Sie sicher sein, mein Herr,« erwiderte Salvator.

      »Und hingerichtet!«

      »Ei! hingerichtet, das ist weniger sicher.«

      »Wie! Sie glauben, Seine Majestät werde einen solchen Missethäter begnadigen ?«

      »Nein; doch dieser Missethäter könnte unschuldig sein, und dann käme seine Begnadigung nicht vom König, sondern von Gott,« erwiderte Salvator.

      »Und er sprach diese letzten Worte mit einem Ausdrucke, der ihn von Zeit zu Zeit für seine drei Freunde unter dem frivolen Anscheine, mit dem er sich bekleidet hatte, erkennbar machte.

      »Meine Herren, sagte Herr von Marande, »Sie haben gehört? Das Abendbrod ist serviert.«

      Während die Personen, an die sich Herr von Marande wandte, ihren Weg nach dem Speisesaale nahmen, näherten sich die drei jungen Leute Salvator.

      »Sagen Sie mir, mein lieber Salvator,« fragte ihn Jean Robert, »wäre es möglich, daß wir Sie morgen zu sehen nöthig hätten . . . «

      »Das ist wahrscheinlich.«

      »Wo werden wir Sie dann finden?«

      »Ei! an meinem gewöhnlichen Platze, in der Rue aux Fers, vor der Thüre meiner Schenke, an meinem Weichsteine; Sie vergessen immer, daß ich Commissionär bin, mein Lieber . . . Oh! die Dichters die Dichter!«

      Und er ging ab durch die Thüre der entgegengesetzt, welche in den Speisesaal führte, ohne Zögern, wie ein Mensch, der mit allen Passagen des Hauses vertraut ist, und ließ seine drei Freunde in einem Erstaunen zurück, das an

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Seit fünf vollen Jahren kittet der unempfindliche Villèle sein ewiges Glück an den Felsen.