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ein Unglück entstehen; nur halte ich es, nicht für mein Recht, sondern für meine Pflicht, ihr, immer als Vater, zu sagen: »»Gut gewählt, mein Kind . . . Schlecht gewählt, meine Tochter!««

      »Mein Herr!«

      »Doch, nein! ich irre mich, ich werde ihr das nicht sagen: ich lasse die Männer, die sich besonders mit ihr beschäftigen, die Revue passieren, und ich werde ihr meine Ansicht über diese Männer sagen . . . Wollen Sie meine Ansicht über Einige von denjenigen wissen, die sich gestern am meisten mit Ihnen beschäftigt haben?«

      »Reden Sie, mein Herr-«

      »Lassen Sie uns mit Monseigneur Coletti anfangen.«

      »Oh! mein Herr!«

      »Ich nenne Ihnen ihn nur der Erinnerung wegen und als passende Eröffnung der Liste; übrigens, Madame, ist Monseigneur Coletti ein reizender Prälat!«

      »Ein Priester!«

      »Sie haben Recht; auch bringen Sie mich sogleich auf Ihr Gefühl: ein Priester ist nicht gefährlich für eine Frau wie Sie . . . schön, jung, reich, frei . . . oder beinahe frei; und Monseigneur Coletti kann sich öffentlich oder insgeheim mit Ihnen beschäftigen, beim hellen Tage oder in der tiefsten Finsternis kommen, Niemand wird es einfallen, zu sagen, Frau von Marande sei die Geliebte von Monseigneur Coletti.«

      »Und dennoch, mein Herr . . . « sagte die junge Frau, ihren Satz mit einem Lächeln abschneidend.

      »Dennoch liebt er Sie, oder er ist vielmehr verliebt in Sie: Monseigneur Coletti liebt nur sich selbst; – das ist es, was Sie sagen wollen, nicht wahr?«

      Das in Permanenz auf den Lippen von Frau von Marande gebliebene Lächeln war eine stillschweigende Beipflichtung zur Meinung ihres Mannes.

      »Nun wohl,« fuhr der Banquier fort, »ein Anbeter in den hohen Würden der Kirche steht einer hübschen jungen Frau ziemlich wohl an, besonders wenn diese hübsche junge Frau weder spröde noch devot ist, und einen andern Liebhaber hat.«

      »Einen andern Liebhaber!« rief Lydie.

      »Bemerken Sie wohl, daß ich nicht gerade von Ihnen rede; ich generalisiere, ich sage eine hübsche junge Frau . . . Sie sind jung unter den Jungen, hübsch unter den Hübschen; doch Sie sind nicht die einzige junge, die einzige hübsche Frau von Paris, nicht wahr ?«

      »Oh! ich hege diese Anmaßung durchaus nicht, mein Herr.«

      »Monseigneur Coletti mag also gelten! Er läßt für Sie die beste Loge des Conservatoire aufbewahren, wenn die Orotorien kommen; er reserviert Ihnen die beste Tribune von Saint-Roch, um das Magnificat und das Dies irae zu hören, und er hat meinem Haushofmeister Recepte von Wildpretpurée gegeben, welche die Bewunderung Ihrer zwei alten Cicisbei, der Herrn von Courchamp und Montrond, erregten. Sodann ist da ein reizender Junge, den ich von ganzem Herzen liebe . . . «

      Frau von Marande befragte ihren Gatten mit dem Blicke; dieser Blick bedeutete klar: »Wer das?«

      »Lassen Sie mich auch sein Lob gegen Sie aussprechen, nicht als Dichter, nicht als dramatischer Schriftsteller, – Sie wissen, es ist abgemacht, daß die Banquiers nichts von der Poesie oder dem Theater verstehen, – sondern als Mensch . . . «

      »Sie meinen Herrn . . . ?«

      Frau von Marande zögerte.

      »Ich meine Herrn Jean Robert, bei Gott!«

      Eine zweite Purpurwolke, noch viel intensiver und tiefer gefärbt als die erste, zog über das Gesicht von Frau von Marande, ihr Gatte verlor nicht die kleinste Nuance hiervon; er hatte jedoch den Anschein, als gäbe er nicht darauf Acht.

      »Sie lieben Herrn Jean Robert?»fragte die junge Frau.

      »Warum nicht? Er ist von gutem Hause; sein Vater nahm bei den republikanischen Heeren einen Grad ein, der über dem war, welchen der Ihrige bei den kaiserlichen Heeren einnahm; hätte er sich mit der Familie Napoleon vereinigen wollen, so wäre er als Marschall von Frankreich gestorben, statt sterbend seine Familie im Elend oder beinahe im Elend zurückzulassen. Der junge Mann hat Alles das in die Hand genommen; er ist muthig durch die Schwierigkeiten des Lebens gegangen; das ist ein offenes redliches Herz, das vielleicht seine Liebe, aber durchaus nicht seine Antipathien zu verbergen weiß. Sehen Sie, mich zum Beispiel, mich liebt er nicht . . . «

      »Wie, er liebt Sie nicht?« rief Frau von Marande, die sich hinreißen ließ; »ich habe ihm doch gesagt . . . «

      »Er soll sich den Anschein geben, als liebte er mich . . . Nun wohl, der arme Junge, obschon er, ich bezweifle es nicht, die größte Rücksicht für Ihre Ermahnungen hat, vermöchte doch bei diesem Punkte nicht dazu zu gelangen, daß er Ihnen gehorchen würde. Nein, er liebt mich nicht! sieht er mich auf einer Seite der Straße kommen, und er kann ohne Unhöflichkeit auf die andere gehen, so thut er es; begegne ich ihm, und er ist, unversehens erfaßt, genöthigt, mich zu grüßen, so geschieht es mit einer Kälte, von der jeder Andere als ich verletzt wäre, der ich diese Pflicht der Höflichkeit erfülle, um ihn eine Einladung bei Ihnen annehmen zu machen. Gestern habe ich ihn gezwungen, buchstäblich gezwungen, mir die Hand zu geben, und wenn Sie wüßten, was der arme Junge während der ganzen Zeit, die seine Hand in der meinigen blieb, gelitten hat! Das hat mich gerührt, und je mehr er mich haßt, desto mehr liebe ich ihn . . . Sie begreifen das, nicht wahr, Madame? Das ist ein undankbarer Mensch, aber ein redlicher Mensch.«

      »Wahrhaftig, mein Herr, ich weiß nicht, wie ich das, was Sie mir sagen, nehmen soll!«

      »Wie man Alles nehmen muß, was ich sage: als die Wahrheit. Der arme Junge glaubt sich im Unrechte gegen mich, und das macht ihn befangen.«

      »Mein Herr, in welchem Unrechte?«

      »Ich sage Ihnen nicht, er sei kein Geisterseher; er ist Dichter, und jeder Dichter ist es mehr oder weniger . . . Ah! eine Empfehlung: nicht wahr, er macht Ihnen Verse?«

      »Mein Herr . . . «

      »Er hat gemacht; ich habe sie gesehen.«

      »Er läßt sie aber nicht drucken!«

      »Er hat Recht, wenn sie schlecht sind; er hat Unrecht, wenn sie gut sind. Er thue sich meinetwegen keinen Zwang an. Ich setze indessen eine Bedingung.«

      »Welche, wenn ich fragen darf? Daß mein Name nicht dabei stehe?«

      »Im Gegentheile, im Gegentheile! Teufel! Geheimnisse gegen uns, seine Freunde! Nein! . . . Ihr Name mag mit allen Buchstaben dabei stehen! Wer Henkers wird Schlimmes in Versen gemacht von einem Dichter an eine hübsche Frau finden? Wenn Herr Jean Robert Verse an eine Blume, an den Mond, an die Sonne macht, setzt er einen Anfangsbuchstaben dazu? Nicht wahr, nein? er setzt ihren ganzen Namen. Wie die Blume, wie der Mond, wie die Sonne, sind Sie eine von den sanften, schönen, wohlthätigen Schöpfungen der Natur: er behandle Sie also wie die Sonne, wie den Mond, wie die Blumen.«

      »Ah!«mein Herr, wenn Sie im Ernste sprechen . . .

      »Ja, ich verstehe, das macht Ihnen die Brust ein wenig leicht.«

      »Mein Herr . . . «

      »Das ist also abgethan; Herr Jean Robert bleibt, er mag wollen oder nicht, unter der Zahl unserer Freunde; und wundert man sich über seine unausgesetzten Aufmerksamkeiten, so sagen Sie, – was wahr ist« – weder Sie, noch er haben diese beharrlichen Aufmerksamkeiten gewünscht, sondern ich, der ich dem Talente, dem Zartgefühle und der Discretion von Herrn Jean Robert volle Gerechtigkeit widerfahren lasse.«

      »Was für ein sonderbarer Mann sind Sie doch, mein Herr!« rief Frau von Marande, »und wer, wird mir das Geheimniß Ihrer seltsamen Zuneigung für mich sagen?«

      »Belästigt sie Sie?«« fragte Herr von Marande mit einem Lächeln, das nicht ganz von Melancholie frei war.

      »Oh! Nein, Gott sei Dank! . . . nur läßt sie mich befürchten, daß . . . «

      »Nun, was läßt sie Sie befürchten ?«

      »Daß an einem schönen Tage . . . Doch nein, es ist unnöthig, daß ich Ihnen sage, was

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