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Zeit finden können.

      Aus dieser Acte ging hervor, daß Herr Gaëtano Sarranti, ehemaliger Militär, geboren in Ajaccio, auf Corsica, achtundvierzig Jahre alt, Officier der Ehrenlegion, angeklagt war, am Abend des 20. August 1820 mit Einbruch eine Summe von dreimalhunderttausend Franken aus dem Secretär von Herrn Gérard gestohlen, eine Frau im Dienste von Herrn Gérard ermordet, und die zwei Neffen von Herrn Gérard entführt oder getödtet zu haben, ohne daß man je die Spur ihrer Person oder ihrer Leichname hätte ausfinden können.

      Verbrechen vorhergesehen durch die Artikel 293, 296, 302, 304, 345 und 354 des Strafcodex.

      Nach Verlesung der Anklageacte befragte man, in der gewöhnlichen Form, den Angeklagten: er antwortete Nein aus alle Fragen, die man an ihn machte, ohne andere Zeichen einer Gemüthsbewegung von sich zu geben als den Schmerz, den er zu fühlen schien, als er den Tod oder das Verschwinden der zwei Kinder erfuhr.

      Der Advocat von Herrn Gérard glaubte Herrn Sarranti ungeheuer dadurch in Verlegenheit zu bringen, daß er ihn fragte, warum er so plötzlich das Haus verlassen habe, wo er mit so viel Wohlwollen ausgenommen worden sei: doch Herr Sarranti antwortete einfach, da die Verschwörung, deren Hauptchef er einer gewesen, der Polizei denunziert worden sei, so habe er sich nach den Instructionen des Kaisers zu Herrn Lebastard de Prémont, französischem General im Dienste von Rundschit Sing, begeben.

      Dann erzählte er, wie er, um seinem Projecte Folge zu geben, in Begleitung des Generals nach Europa zurückgekehrt sei und in Genossenschaft mit ihm den König von Rom aus dem Palaste von Schönbrunn zu entführen versucht habe, ein Versuch, der, wie er seit seiner Verhaftung erfahren, zu seinem großen Bedauern, – gestand er, – gescheitert sei.

      So, während er die Bezichtigung des Diebstahls und des Mordes zurückwies, nahm er die des Majestätsverbrechens in Anspruch und verwarf nur das bürgerliche Schaffot, um mit laute r Stimme das politische zu reclamiren.

      Das war aber nicht die Sache derjenigen, welche ihn verurtheilen wollten. Was man in Herrn Sarranti zu finden wünschte, das war der gemeine Dieb, der abscheuliche Mörder, der sich das blutige Vermögen von zwei unglücklichen Kindern anzueignen trachtet und nicht der politische Verschwörer, der, mit Gefahr seines Lebens, eine Dynastie an die Stelle einer andern setzen und mit gewaffneter Hand die Form einer Regierung ändern will.

      Der Präsident war genöthigt, Herrn Sarranti mitten unter den von ihm gegebenen Erklärungen zurückzuhalten.

      Bei diesen Erklärungen durchlief das ganze Auditorium ein sympathetischer Schauer, der auch ihn, den Beamten, unwillkürlich und wie die Andern ergriff.

      Dann kam die Angabe von Herrn Gérard.

      Unsere Leser erinnern sich seiner vor dem Maire von Viry gemachten ersten Angabe am Tage, nachdem das Verbrechen begangen worden. Die zweite war identisch dieselbe. Es ist also unnöthig, daß wir sie hier mittheilen, da sie der Leser schon kennt.

      Das Ende der ersten Sitzung nahm die Zeugenaussage ein. Diese Aussage war, ganz wider Sarranti, ein langer Panegyrims von Herrn Gérard, gegen den, wenn man den Zeugen glauben durfte, der heilige Vincenz de Paula nur ein elender Egoist war.

      Diese Zeugen waren keine andere, als der Maire von Viry. Der Leser kennt schon den guten Mann. Bethört durch die Unruhe, durch die an Verwirrung grenzende Befangenheit, in der sich Herr Gérard in dem Augenblicke befand, wo er die Katastrophe dem Maire anzeigte, hatte dieser die Betäubung des Verbrechers für den Schrecken des Opfers genommen. Man hörte auch das Zeugniß von fünf bis sechs Bauern, Pächtern und Grundeigenthümern von Viry, welche, da sie zu Herrn Gérard nur in landwirthlichen Beziehungen, bei Gelegenheit von Ankäufen und Verkäufen von Gütern, gestanden hatten, erklärten, bei allen diesen Verträgen habe sich Herr Gérard als ein Mann von einer strengen Pünktlichkeit und Redlichkeit gezeigt.

      Man hörte noch zwanzig bis fünfundzwanzig Zeugen von Vanvres und vom Bas-Meudon, das heißt alle diejenigen, welche von Herrn Gérard, seitdem er unter ihnen wohnte, zahlreiche Zeichen seiner Wohlthätigkeit und seines Edelmuths empfangen hatten.

      Diejenigen von unseren Lesern, die sich des Kapitels betitelt: »Ein Dorfphilantrop,« erinnern, werden begreifen, welche Wirkung auf die Jury die Erzählung der guten Handlungen des redlichen Herrn Gérard und vorzüglich die Erzählung der letzten, das heißt der, welche ihm beinahe das Leben gekostet hätte, hervorbringen mußte.

      Selbst über Herrn Gérard befragt, antwortete Herr Sarranti mit seiner ganz militärischen Treuherzigkeit, er halte ihn für einen vollkommen redlichen Mann, und er müsse durch sehr ernste Anscheine getäuscht worden sein, um gegen ihn, Herrn Sarranti, eine so grausame Anklage zu erheben.

      Worauf ihn der Präsident fragte:

      »Was sagen Sie aber zu Ihrer Rechtfertigung, und wie erklären Sie sich den Diebstahl der hunderttausend Thaler, den Tod von Madame Gérard und das Verschwinden der Kinder?«

      »Die hunderttausend Thaler gehörte mir,« erwiderte Herr Sarranti, »oder, besser gesagt, es war ein Depot, das mir der Kaiser Napoleon anvertraut hatte. Sie sind mir von der Hand von Herrn Gérard selbst wiedergegeben worden. Was die Ermordung von Madame Gérard und das Verschwinden der Kinder betrifft, so kann ich nichts hierüber bemerken, da Madame Gérard vollkommen gesund war, und die Kinder in dem Augenblicke, wo ich das Schloß verließ, nämlich Nachmittags um drei Uhr, auf der Wiese spielten.«

      Alles dies war so wenig wahrscheinlich, daß der Präsident die Geschworenen anschaute, – und diese schüttelten den Kopf mit einer höchst bezeichnenden Miene.

      Was Dominique betrifft, so blieb sein Anblick während des Laufes der Debatten der eines Menschen, welcher von einem bis zum Delirium gehenden Fieber befallen ist. Er stand auf, er setzte sich wieder, zog seinen Vater am Schooße seines Ueberrocks, öffnete den Mund, als ob er sprechen wollte, stieß dann plötzlich einen Seufzer aus, zog sein Sacktuch aus der Tasche, wischte seine schweißbedeckte Stirne ab, ließ seinen Kopf in seine Hände fallen und blieb Stunden lang wie vernichtet.

      Etwas Aehnliches ging übrigens aus Seiten von Herrn Gérard vor: denn, – für die Anwesenden unerklärliche Befangenheit, – es war nicht Herr Sarranti, sondern vielmehr Dominique, dem Herr Gérard mit den Augen folgte.

      Stand Dominique aus, so stand er, wie durch eine Feder emporgehoben, auch aus: öffnete Dominique den Mund, um zu sprechen, so floß der Schweiß von der Stirne des Anklägers, der einer Ohnmacht nahe zu sein schien.

      Diese zwei Bläßen rangen mit einander, welche zuerst die Leichenfarbe erreichen würde.

      Mitten unter diesen mysteriösen Scenen, deren Geheimniß nur die zwei Schauspieler besaßen, warf ein unerwarteter Zwischenfall sein heiseres, mißstimmiges Geschrei in das Concert von Lobeserhebungen, das sich um Herrn Gérard erhob.

      Ein achtzigjähriger Greis, bleich, abgezehrt, mager wie der aufgeweckte Lazarus, antwortete aus den Ruf, der an ihn erging, und trat mit langsamem, aber gleichmäßigem, wie der der Statue des Gouverneurs, festem und sonorem Schritte vor.

      Es war jener alte Gärtner von Viry, Vater und Großvater einer ganzen Welt von Kindern, der die Gärten des Schlosses seit dreißig bis vierzig Jahren kultivierte, als sich das Ereigniß zutrug: es war jener treue Diener, dessen Entlassung, wie man sich erinnert, Orsola verlangt hatte, um sich ihrer Herrschaft über Herrn Gérard zu versichern.

      »Ich weiß nicht, wer den Mord begangen hat,« sagte er: »doch ich weiß, daß die ermordete Frau eine böse Frau war: sie hatte sich des Geistes von diesem Manne bemächtigt, der nicht ihr Gatte war, und dessen Frau sie werden wollte, (und er deutete aus Herrn, Gérard). Sie hatte ihn behext, und sie übte eine grenzenlose Gewalt über ihn. Meine Ueberzeugung ist, daß sie die Kinder haßte, und daß sie mit diesem Manne Alles machen konnte, was sie wollte.«

      »Habt Ihr eine Thatsache zu erzählen?« fragte der Präsident.

      »Nein,« antwortete der Greis; »nur habe ich so eben vom Charakter von Herrn Gérard reden hören, und ich halte es für die Pflicht von mir, der ich seit achtzig Jahren so viele Menschen gesehen, zu sagen, was ich von diesem denke. Die Magd wollte Herrin werden; vielleicht thaten ihr die Kinder hierbei Zwang an. Ich war ihr wohl ein Hinderniß!«

      Während der Greis

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