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rief:

      »Eine Fackel!«

      Diesmal war es Hector Caraffa, welcher forteilte. In einer Mauervertiefung lagen für finstere Nächte in Bereitschaft gehaltene Fackeln. Er ergriff eine derselben und entzündete sie an der Lampe, welche auf dem steinernen Tisch stand, und erschien dann sofort auf der äußeren Plattform des Felsens, wo er sich über das Meer hinabneigte und mitten in einer Schaumwolke die harzige, nicht so leicht verlöschende Fackel gegen die Barke hinstreckte.

      Wie aus der Tiefe des Meeres auftauchend erschien diese, nur noch einige Fuß von der Felsenbasis des Palastes entfernt, wieder. Die beiden Ruderer hatten ihre Ruder fahren lassen, und riefen auf den Knieen liegend und die Hände gen Himmel streckend die Madonna und den heiligen Januarius um Beistand an.

      Nicolino stieg auf den Sims des Fensters, zielte, während der herkulische Manthonnet ihn um den Leib herum festhielt, und schleuderte ein Ende des Seiles, dessen anderes Schipani und Cirillo gefaßt hatten, in das Boot.

      Kaum aber hatte man das Seil an das Holz der Barke anschlagen hören, als eine diesmal vom Meere herkommende ungeheure Welle das Boot mit unwiderstehlicher Gewalt an die Klippe schleuderte.

      Man hörte ein unheilverkündendes Krachen, auf welches ein Angst- und Nothschrei folgte, dann war die Barke mit Passagier und Ruderern versunken und verschwunden.

      Dennoch aber entrang sich Schipani und Cirillo gleichzeitig der Ruf: »Er hat es! er hat es!« und sie begannen das Seil an sich zu ziehen.

      In der That sah man nach Verlauf einer Secunde das Meer am Fuße der Klippe sich spalten und beim Scheine der Fackel, welche Hector Caraffa über den Abgrund ausgestreckt hielt, tauchte der junge Adjutant auf, welcher, durch das Anziehen des Seiles unterstützt, den Felsen erkletterte, die Hand ergriff, welche der Graf von Ruvo ihm entgegenstreckte, auf die Plattform sprang und, nachdem sein Freund ihn, trotzdem er vom Wasser troff, an die Brust gedrückt, mit seinem ruhig heitern Blick und in einem Tone, worin es unmöglich war, auch nur die mindeste Veränderung zu erkennen, indem er den Kopf nach seinen Rettern emporhob, nur zwei Worte sprach:

      »Ich danke.«

      In diesem Augenblicke krachte ein Donnerschlag, welcher den Palast einem Granitfundament entreißen zu wollen schien, ein Blitz schleuderte seine Feuerpfeile durch alle Oeffnungen der Ruine herein und das Meer stieg mit furchtbarem Geheul den beiden jungen Männern bis an die Knie.

      Hector Caraffa aber hob mit jenem südlichen Enthusiasmus, der durch die sonstige Ruhe seines Gemüths noch mehr hervorgehoben ward, eine Fackel, wie um dem Ungewitter Trotz zu bieten.

      »Rolle Donner! Zucke Blitz! Brülle Sturm!« rief er; »wir stammen von dem Geschlechte jener Griechen, welche Troja verbrannten, und dieser hier, setzte er hinzu, indem er die Hand auf die Schulter seines Freundes legte, »dieser stammt von Ajax, dem Sohne des Oileus. Er wird trotz den Göttern entrinnen.«

       Siebentes Capitel.

      Der Sohn der Todten

      Es ist eine eigenthümliche Erscheinung, daß bei großen Ereignissen in der Natur sowohl als in der Politik – und wir müssen bemerken, daß es der Menschheit keineswegs zur Ehre gereicht – sich das Interesse allemal auf die Individuen concentriert, welche in dem einen wie in dem andern Falle die Hauptrollen spielen und von welchen man die Rettung oder den Triumph erwartet, während die untergeordneten Persönlichkeiten in den Schatten zurückgedrängt werden und man die Sorge, über ihnen zu wachen, jener sorglosen Vorsehung überläßt, welche für geborene oder zu fällige Egoisten ein bequemer Ausweg geworden ist, um alles Unglück, um welches sie selbst nicht Lust haben, sich zu bekümmern, dem lieben Gott aufzubürden.

      Es geschah dies auch in dem Augenblick, wo die Barke, die den von den Verschwörern so sehnlich erwarteten Abgesandten trug, gegen die Felsenklippe geschleudert und an derselben zerschmettert ward.

      Diese fünf Auserwählten mit redlichen, mitleidigen Herzen, welche als eifrige Apostel der Menschen bereit waren, ihr Leben für ihr Vaterland und ihre Mitbürger zu opfern, vergaßen vollständig, daß zwei Mitmenschen, Söhne desselben Vaterlands und folglich ihre Brüder, in den Abgrund des Meeres verschwunden waren und beschäftigten sich nur mit dem, welchen ein Band, nicht blos des allgemeinen, sondern auch des individuellen Interesses an die fesselte.

      Alle ihre Aufmerksamkeit und Hilfe auf ihn concentrierend, glaubten sie, ein für ihre Pläne so nothwendiges Leben sei mit den beiden untergeordneten Existenzen nicht zu theuer bezahlt, und sie dachten daher, so lange die Gefahr dauerte, nicht weiter an dieselben.

      »Aber es waren doch auch Menschen, wird der Philosoph murren.

      »Nein,« wird der Politiker antworten; »es waren Nullen, die Einheit dagegen eine überlegene Persönlichkeit.«

      Wie dem auch sein möge, so bezweifeln wir jedoch, daß die beiden unglücklichen Fischer von denen, welche sie verschwinden gesehen, sehr bemitleidet wurden, denn die Harrenden eilten mit freudiger Miene und offenen Armen dem Freunde entgegen, welcher, Dank seinem Muthe und seiner Kaltblütigkeit, an der Hand seines Freundes, des Grafen Ruvo, wohlbehalten und unversehrt vor sie hintrat.

      Es war ein junger Mann von vier- bis fünfundzwanzig Jahren mit schwarzem Haar, welches jetzt, durch das Seewasser an den Schläfen und an den Wangen anklebend, ein von Natur bleiches Gesicht umrahmte, dessen ganze Bewegung und ganzes Leben sich in den Augen zu concentriren schienen, welche übrigens auch vollkommen hinreichten, eine Physiognomie zu beleben, welche ohne die aus diesen Augen zuckenden Blitze aus Marmor gemeißelt zu sein geschienen hätte.

      Schwarze, nahe zusammenstehende Augenbrauen verliehen diesem monumentartigen Antlitz einen Ausdruck von unbeugsamem Willen, an welchem Alles, ausgenommen die geheimnißvollen, unwiderstehlichen Machtsprüche des Schicksals, zerschellen mußte.

      Hätten die Kleider des jungen Mannes nicht von Wasser getrieft, hätten die Locken seines Haares nicht die Spuren seines Weges durch die schäumenden Wogen getragen, hätte der Sturm nicht gebrüllt wie ein wüthender Löwe, dem seine Beute entronnen ist, so wäre es unmöglich gewesen, auf einer Physiognomie das geringste Anzeichen von Gemüthsbewegung zu lesen, welches verrathen hätte, daß er vor wenigen Augenblicken noch in Todesgefahr geschwebt.

      Es war mit einem Worte in jeder Beziehung der Mann, welchen Hector Caraffa versprach, dessen ungestüme Tollkühnheit sich darin gefiel, sich vor dem kalten ruhigen Muthe seines Freundes zu beugen.

      Um jetzt das Bildniß dieses jungen Mannes zu vollenden, welcher bestimmt ist, wenn auch nicht die Hauptperson, doch wenigstens eine der Hauptpersonen dieser Geschichte zu werden, wollen wir uns beeilen hinzuzufügen, daß er jenes elegante, heroische und republikanische Costüm trug, welches die Hoche, die Marceau, die Detaix, die Kleber nicht blos historisch, sondern auch unsterblich gemacht haben, und wovon mir bei Gelegenheit des plötzlichen Erscheinens des französischen Gesandten Garat in Sir William Hamiltons Bankettsaale eine so genaue Beschreibung mitgetheilt haben, daß es überflüssig wäre, dieselbe hier zu wiederholen.

      Der Leser wird vielleicht im ersten Augenblick meinen, es sei für einen mit geheimen Mittheilungen beauftragten Abgesandten sehr unklug gewesen, in Neapel sich in einem Costüm zu zeigen, welches mehr als eine Uniform, welches ein Symbol war.

      Wir müssen jedoch hierauf entgegnen, daß unser Held seit bereits achtundvierzig Stunden Rom verlassen und daher eben so wenig als der General Championnet, dessen Abgesandter er war, Kenntniß von den Ereignissen hatte, die sich in einem Tage durch die Ankunft Nelsons und den unzweideutigen Empfang gehäuft, welchen man ihm angedeihen lassen.

      Der junge Officier war scheinbar an den Gesandten, den man noch auf seinem Posten glaubte, als Ueberbringer von Depeschen abgeschickt, und die französische Uniform, die er trug, schien Respect in einem Lande einflößen zu müssen, welches, wie man wußte, im Herzen feindlich gesinnt war, aber wenigstens aus Furcht den Schein einer Freundschaft aufrecht zu erhalten suchen mußte, welche ihm in Ermangelung seiner Sympathie ein kürzlich geschlossener Friedenstractat auferlegte.

      Die erste Conferenz des Abgesandten sollte mit den neapolitanischen Patrioten stattfinden, die er sich wohl hüten mußte zu compromittieren, denn wenn auch er durch seine Uniform und durch seine Eigenschaft als Franzose

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