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ihrer bedienen müssen.«

      »Ich wollte die Pistolen in die Luft abfeuern, ohne weiter etwas zu bemerken, wie ich überhaupt den Befehlen meines Vaters stets blindlings gehorchte. Mein Vater fiel mir jedoch in den Arm.

      »Hast Du immer noch eine sichere Hand?« fragte er mich.

      »Wünschest Du es zu sehen?«

      »Ja.«

      »Ein Nußbaum mit glatter Rinde beschattete die andere Seite des Weges. Ich schoß eine meiner Pistolen in den Baum hin ab und doublierte mit der zweiten Kugel die erste so genau, daß mein Vater anfangs glaubte, ich hätte den Baum gefehlt.

      »Er stieg vom Pferde und überzeugte sich mit der Spitze eines Messers, daß die beiden Kugeln sich in einem und demselben Loche befanden.

      »Gut,« sagte er zu mir. »Jetzt lade deine Pistolen wieder.«

      »Es ist bereits geschehen.«

      »Nun, dann wollen wir weiterreiten.«

      »Ich steckte meine Pistolen in die Holftern und bemerkte, daß mein Vater die seinigen mit frischem Zündkraut versah.

      »Gegen elf Uhr Morgens erreichten wir eine Stadt, in welcher sich eine bedeutende Menschenmenge bewegte. Es war Markttag und die Landleute der Umgegend strömten in Massen herbei.

      »Wir ließen unsere Pferde im Schritt gehen und erreichten den Platz. Während des ganzen Weges hatte mein Vater sich stumm verhalten. Ich hatte mich darüber weiter nicht gewundert, denn er sprach oft mehrere Tage hinter einander kein Wort.

      »Als wir auf dem Marktplatze anlangten, machten wir Halt. Mein Vater hob sich in den Bügeln und ließ die Augen in allen Richtungen umherschweifen.

      »Vor einem Café stand eine Gruppe Männer, die besser gekleidet waren als die Andern. In der Mitte dieser Gruppe sprach eine Art Landedelmann von insolentem Aeußern laut, gesticulierte mit einer Reitgerte, die er in der Hand hielt, und machte es sich zum Vergnügen, damit ohne Unterschied auf die Menschen und die Thiere loszuschlagen, welche nahe genug an ihm vorüberkamen.

      »Mein Vater berührte mich am Arme. Ich drehte mich nach ihm herum. Er war sehr bleich.

      »Was ist Dir, mein Vater?« fragte ich ihn.

      »Nichts, « antwortete er. »Siehst Du dort diesen Mann?«

      »Welchen?«

      »Den mit dem rothen Haar.«

      »Ja, ich sehe ihn.«

      »Ich werde mich ihm nähern und ihm einige Worte sagen. Wenn ich die Finger zum Himmel emporhebe, wirst Du Feuer geben und ihn mitten in die Stirn schießen. Hört Du wohl? Gerade mitten in die Stirn. – Mach deine Pistole fertig.«

      »Ohne zu antworten, zog ich meine Pistole aus der Holfter. Mein Vater näherte sich dem Manne und sagte einige Worte zu ihm. Der Mann ward bleich. Mein Vater sah mich an und richtete den Zeigefinger gegen Himmel.

      »Ich gab Feuer, die Kugel traf den Mann mit dem rothen Haar mitten in die Stirn. Er stürzte todt nieder.

      »Es erhob sich ein großer Tumult und man wollte uns den Weg versperren; mein Vater aber erhob die Stimme:

      »Ich bin Joseph Maggio Palmieri,« sagte er, »und dieser hier,« fügte er hinzu, indem er mit dem Finger auf mich zeigte, »ist der Sohn der Todten!«

      »Die Menge öffnete sich vor uns und wir ritten zur Stadt hinaus, ohne daß es Jemanden eingefallen wäre, uns aufzuhalten, oder uns zu verfolgen.

      »Sobald wir jedoch einmal aus der Stadt hinaus waren, setzten wir unsere Pferde in Galopp und machten nicht eher Halt, als bis wir das Kloster des Monte Caffino erreicht hatten.

      »Am Abend erzählte mein Vater mir die Geschichte, die ich nun Ihnen erzählen will.«

       Achtes Capitel.

      Das Asylrecht

      Der erste Theil der Geschichte, welche der junge Mann so eben erzählt, war seinen Zuhörern so seltsam erschienen, daß sie aufmerksam, stumm und ohne ihn zu unterbrechen zugehört hatten. Ueberdies konnte er aus dem Schweigen, welches sie während der augenblicklichen Pause, die er machte, zu beobachten fortfuhren, das Interesse, welches sie an seiner Erzählung fanden, und den Wunsch abnehmen, das Ende oder vielmehr den Anfang derselben zu hören.

      Er zögerte auch nicht seine Erzählung wieder aufzunehmen.

      »Unsere Familie,« fuhr er fort, »bewohnte seit undenklichen Zeiten die Stadt Larino in der Provinz Molisa. Ihr Name war Maggio Palmieri. Mein Vater Giuseppe Maggio Palmieri oder vielmehr Giuseppe Palmieri, wie man ihn gewöhnlicher nannte, beendete gegen das Jahr 1778 eine Studien auf der chirurgischen Schule zu Neapel.«

      »Ich habe ihn gekannt,« bemerkte Domenico Cirillo. »Er war ein wackerer und redlicher junger Mann und einige Jahr jünger als ich. Gegen 1771 kehrte er in seine Provinz zurück. Es war dies um dieselbe Zeit, wo ich zum Professor ernannt ward. Nach Verlauf einiger Zeit hörten wir, er habe sich in Folge eines Zwistes mit seinem Gutsherrn, eines Zwistes, bei welchem Blut geflossen, genöthigt gesehen, das Land zu verlassen.«

      »Seien Sie gesegnet und geehrt,« sagte Salvato, sich verneigend, »Sie, der Sie meinen Vater gekannt und ihm vor seinem Sohn Gerechtigkeit widerfahren lassen.«

      »Erzählen Sie weiter, erzählen Sie weiter, sagte Cirillo. »Wir hören Sie.«

      »Ja, erzählen Sie weiter!« wiederholten die andern Geschworenen wie aus einem Munde.

      »Also gegen das Jahr 1771, wie so eben gesagt worden, verließ Giuseppe Palmieri, mit dem Doctordiplom versehen, Neapel. Er stand bereits im Rufe großer Geschicklichkeit, welche mehrere schwierige, von ihm mit großem Glück ausgeführte Curen außer allen Zweifel stellten.

      »Er liebte ein junges Mädchen in Larino. Dieselbe hieß Louisa Angiolina Ferri. Schon vor ihrer zeitweiligen Trennung verlobt, hatten die Liebenden einander drei Jahre lang unverbrüchliche Treue bewahrt und ihre Vermählung sollte das Hauptfest der Rückkehr sein.

      »Während der Abwesenheit meines Vaters war jedoch ein Ereigniß geschehen, welches ein Unglück zu nennen war. Der Graf von Molisa hatte sich in Angiolina Ferri verliebt. Sie, die Sie dieses Land bewohnen, wissen besser als ich, was für Menschen unsere Edelleute in der Provinz sind und wie es mit den Rechten steht, welche sie von ihrer Feudalgewalt herleiten. Eines dieser Rechte war auch das, daß sie ihren Gutsumterthanen die Erlaubniß, sich zu verheiraten, je nach ihrem Gutdünken gewähren oder versagen konnten.

      »Weder Giuseppe Palmieri noch Angiolina Ferri waren aber Unterthanen des Grafen von Molisa. Beide waren frei geboren und unabhängig, ja noch mehr, mein Vater konnte sich in Folge seines Vermögens fast als dem Grafen ebenbürtig betrachten.

      »Dieser hatte Alles – Drohungen eben so wie Versprechungen – aufgeboten, um von Angiolina auch nur einen Blick zu erlangen. Alles war an einer Keuschheit gescheitert, deren Symbol der Name des jungen Mädchens zu sein schien.

      »Der Graf gab ein großes Fest und lud sie mit zu demselben ein. Während dieses Festes, welches nicht blos in dem Schloß, sondern auch in den Gärten des Grafen statt finden sollte, wollte sein Bruder, der Baron Bongano, Angiolina entführen und fiel auf das andere Ufer des Tortore in das Schloß Tragonara bringen.

      »Angiolina, die wie alle Damen von Larino eingeladen worden, schützte eine Unpäßlichkeit vor, um dem Feste nicht beiwohnen zu müssen, am nächstfolgenden Tage schickte der Graf von Molisa, der nun alle Selbstbeherrschung verlor, seine Campieri ab, um die junge Dame mit Gewalt entführen zu lassen.

      »Angiolina hatte, während die Leute des Grafen die Hausthür aufsprengten, nur eben noch Zeit, durch die Gartenthür in den bischöflichen Palast zu fliehen, einen Ort, der an und für sich schon und durch die Nähe der Kathedrale doppelt geheiligt war.

      »Aus diesem Grunde genoß er das Asylrecht.

      »Auf diesem Punkte waren die Dinge angelangt, als Giuseppe Palmieri nach Larino zurückkam.

      »Der bischöfliche Stuhl war damals zufällig erledigt. Ein Vicar vertrat die Stelle des Bischofs. Giuseppe

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