Скачать книгу

Ich drängte mit aller Kraft die albernen Tränen zurück, die unbedingt herauswollten. »In Zukunft mache ich garantiert einen riesigen Bogen um das Haus hier. Und vielleicht kann ich ja auch einen anderen Partner in Kunst kriegen. Keine Bange, ich geh dir bestimmt nicht mehr auf die Nerven.«

      Am liebsten wäre ich weggerannt, aber meine Beine versagten mir ihren Dienst und jetzt konnte ich auch die idiotischen Tränen nicht mehr länger zurückhalten.

      »Du denkst, du würdest mir auf die Nerven gehen?« Er lachte, aber es klang bitter. »Verdammt noch mal, ich wünschte, es wäre so!«

      Ich spürte seine Hand an meinem Kinn und er zwang mich, ihn anzusehen.

      »Du weißt gar nicht, was du da gerade anrichtest, Celia. Aber wenn du wirklich gehen würdest … ich weiß nicht, was ich …« Er sprach nicht zu Ende und ich starrte ihn an, ohne zu begreifen, was er meinte.

      »Und doch, es wäre klüger, wenn du dich von mir fernhältst. Ich bin … was hast du vorhin gesagt? Ein Bad Guy? Damit bist du näher an der Wahrheit, als du ahnst. Ich bin schlecht. Besonders für dich. Aber ich … ich schaff es einfach nicht, dich wegzuschicken, und es ändert auch nichts daran, dass ich mit dir zusammen sein will.«

      Er wollte …? Nein. Ich musste fantasieren. Wahrscheinlich hatte ich mich erkältet und Fieber.

      »Bitte hör auf zu weinen. Glaub mir, ich bin keine deiner Tränen wert.« Leicht wie der Flügelschlag eines Schmetterlings strich sein Daumen über meine Wange und wischte die feuchte Spur fort.

      »Und es ist verdammt egoistisch von mir, dich zu bitten, bei mir zu bleiben.« Seine Stimme klang plötzlich wieder rau. »Aber ich tu es, süße Celia. Ich bitte dich darum.«

      Durch den Tränenschleier starrte ich ihn an. Das alles konnte nur einer meiner Träume sein.

      Er griff nach meiner Hand und drückte sie sanft.

      »Was sagst du?«

      »Ich … ich versteh das alles nicht. Du wolltest doch, dass ich verschwinde …«, flüsterte ich und starrte auf seine Hand, die meine hielt. »Und ja, doch, ich habe auch Angst.«

      Er ließ mich sofort los und rückte ein Stück von mir ab.

      »Nein.« Ohne nachzudenken, legte ich ihm jetzt meine Hand auf den Arm. »Nicht vor dir«, versuchte ich zu erklären, »oder irgendwie doch … Davor, dass du es dir morgen wieder anders überlegst. Was, wenn du nur irgendwelche Spielchen mit mir spielst? So wie mit den anderen?«

      Es war einen Moment still, dann sagte er: »Was auch immer ich getan habe, ich habe nicht mit den Mädchen in der Schule ›gespielt‹. Es gab einen Grund, warum ich mit ihnen zusammen war, aber ich schwöre dir, ich habe für keine irgendwas empfunden. Und das mit dir, das ist was völlig anderes.«

      Es klang verwirrend, was er da sagte, und doch auch aufrichtig. Und ich wollte so gern, dass es wahr war. Aber was, wenn er das auch zu den anderen gesagt hatte? Wenn es nur ein Trick war, um mich rumzukriegen?

      »Ich kann verstehen, wenn du mir nicht glaubst. Aber es ist die Wahrheit. Als ich dir in der Schule das erste Mal begegnet bin, hat mich das total aus der Bahn geworfen. Ich wollte meine Gefühle für dich nicht wahrhaben und hab sogar versucht, dir aus dem Weg zu gehen. Aber es hat nicht funktioniert.« Er verzog sein Gesicht und ich wusste, dass er an unsere Begegnung in der Bibliothek dachte.

      »Können wir nicht einfach noch mal von vorne anfangen und so tun, als hätte es die anderen nie gegeben und das hier gerade wäre auch nicht passiert? Ich werde dich nicht enttäuschen. Das schwöre ich dir! Aber …«, er machte eine kleine Pause, »… falls du mit mir zusammen sein willst, musst du mir auch vertrauen.« Er holte tief Luft. »Ich meine, nicht nur wegen der Mädchen. Es gibt da auch noch andere Dinge. Etwas, über das ich nicht reden kann. Mein Leben ist kompliziert, weißt du? Deswegen wollte ich mich auch nicht auf dich einlassen.« Er stieß ein leises Seufzen aus. »Was kann ich noch sagen oder tun, damit du mir glaubst? Oder habe ich gar keine Chance bei dir?«

      Er berührte mein Gesicht, während ich noch immer keinen Ton herausbrachte. Sanft strich er über meine Lippen und der Ausdruck seiner Augen war liebevoll und unsicher zugleich und wie ein Magnet zog mich sein Blick an, bis mir sein Gesicht so nahe war, dass ich seinen Atem auf meiner Haut spüren konnte. Als seine Lippen mich endlich berührten, war es wieder wie ein Stromschlag, doch ich zuckte nicht zurück.

      Natürlich war das nicht mein erster Kuss. Vor einem Jahr war ich ein paar Wochen mit Brian Lauders gegangen. Mit ihm war es nett gewesen. Aber eben nur nett und ihm war es mit mir wohl ebenso ergangen, denn er hatte ziemlich schnell wieder Schluss gemacht.

      Doch Cassians Kuss war anders. Er riss mir den Boden unter den Füßen weg. Wie ferngesteuert schlang ich meine Arme um seinen Nacken, rutschte auf den Boden zu ihm herunter und erwiderte hemmungslos seinen Kuss, während mein Herz wild hämmerte und ich in einen Strudel von Gefühlen gerissen wurde. Megan und die anderen waren mir egal. Alle Zweifel und Fragen waren vergessen. Nur dieser Augenblick zählte. Er zählte und ich vergaß alles um mich herum.

      Doch viel zu schnell löste sich Cassian wieder von mir. Schwer atmend schob er mich von sich und betrachtete mich mit einem seltsamen Ausdruck. Es musste wohl am Licht liegen, dass seine grauen Augen wieder so grünlich schimmerten, aber unser Kuss schien ihn ebenso wenig kalt gelassen zu haben wie mich.

      »Du bist wirklich unglaublich!« Seine Stimme klang so sexy heiser, dass ich ihn sofort noch einmal küssen wollte. Doch er hielt mich fest.

      »Nicht. Bitte. Lass mir einen Augenblick Zeit, ja?«, murmelte er und seufzte. »Ich glaube langsam, du bist diejenige, die gefährlich ist, und ich sollte mich wohl vor dir vorsehen.«

      »Wieso bin ich gefährlich?«

      Sein Blick wurde weicher und sein Mund verzog sich zu einem leichten Lächeln. »War das dein erster Kuss?«

      Oje, hatte ich mich etwa dumm angestellt und es war für ihn doch nicht so schön gewesen, wie ich geglaubt hatte?

      »Nein … äh. Oder doch …«, stotterte ich verlegen. »Irgendwie schon.« Ich erzählte ich ihm von Brian.

      »Der Typ ist ein Schwachkopf«, brummte Cassian und zog mich wieder an sich, »was für ein Glück für mich.«

      Unser nächster Kuss war sehr viel sanfter, was hauptsächlich an ihm lag. Mir gelang es weniger gut, mich zurückzuhalten, und schließlich war wieder er es, der ihn beendete.

      Er lächelte, als er meinen unzufriedenen Gesichtsausdruck bemerkte. »Du unterschätzt deine Wirkung, meine Schöne, und du solltest nicht zu sehr mit dem Feuer spielen.«

      Ich folgte seinem Blick an sich herab nach unten und prompt begannen meine Wangen zu glühen.

      »Wir könnten ja auch was anderes machen, wenn du willst«, murmelte ich verlegen.

      »Ich würde am liebsten was ganz anderes machen, wie du siehst.« Ein breites Grinsen erschien auf seinem Gesicht und ich fühlte, wie sich die Hitze auf meinem noch verstärkte.

      »… aber ich fürchte, wir haben keine Zeit mehr.« Er nickte zu der Standuhr hinüber und ich erschrak, als ich sah, wie spät es schon war.

      Cassian bot mir diesmal an, mich zu fahren, damit es schneller ging, und als er seinen Wagen aus dem Schuppen hinter dem Haus holte, staunte ich nicht schlecht.

      Er fuhr ein schwarzes Cabrio. Einen Audi R8 Spyder. Nicht, dass ich mich mit europäischen Sportwagen auskannte, aber der Wagen sah cool aus, also fragte ich ihn danach und sah mich neugierig um, während ich in dem weichen Ledersitz Platz nahm. Das Auto war bestimmt nicht billig und unwillkürlich fragte ich mich, woher er wohl so viel Geld hatte.

      Der eine Teil von mir hoffte, dass ihm sein Onkel den Wagen geschenkt hatte, weil er zu wenig Zeit mit seinem Neffen verbrachte. Aber der andere fürchtete, dass es etwas mit den Dingen zu tun haben könnte, über die er nicht reden konnte. Was, wenn er das teure Auto gestohlen oder von Drogengeld gekauft hatte?

      Stopp!

Скачать книгу