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anderes. »Mich interessiert eher, warum du da warst. Nur um mich zu zeichnen?«

      »Wer weiß.«

      Ich hatte nicht bemerkt, dass er zu mir herübergekommen war, aber plötzlich stand er neben mir und packte grob meinen Arm. »Und glaube mir, es wäre besser für dich, wenn dich das beunruhigen würde!« Seine Stimme hatte jetzt einen drohenden Unterton und seine Augen glitzerten gefährlich.

      Ich war alleine mit einem Typen, den ich kaum kannte, mitten im Wald in seinem Haus und er war offenbar wirklich durchgeknallt. Er hatte es geschafft. Jetzt hatte ich Angst. Doch das durfte ich mir unter keinen Umständen anmerken lassen.

      »Lass mich sofort los! Du tust mir weh!«, zischte ich. Doch ich konnte nicht verhindern, dass mir vor Aufregung die Tränen kamen.

      Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er es tun würde, aber er ließ meinen Arm so abrupt los, als hätte er sich an mir verbrannt. Er wich sogar einen Schritt vor mir zurück.

      »Verzeih«, murmelte er und wirkte jetzt richtig schuldbewusst, während er zusah, wie ich mir meinen tauben Arm rieb. Morgen würde ich bestimmt einen weiteren riesigen blauen Fleck an dieser Stelle haben.

      »Ich hatte nicht die Absicht, dir wehzutun.«

      »Das hast du aber«, fauchte ich. Meine Angst war wie weggeblasen. Jetzt war ich nur noch wütend. Was zum Teufel stimmte mit ihm nicht? Er musste verrückt sein. Anders konnte ich mir seine ständig wechselnden Stimmungen nicht erklären.

      »Scheiße, tut mir leid, aber ich wollte …«

      Es war bestimmt nicht klug, einen Verrückten zu reizen, aber ich hatte heute zu viel durchgemacht. »Ja, echt Scheiße«, fiel ich ihm wütend ins Wort »Du denkst wohl, du kannst dir alles erlauben? Hast du das mit den anderen auch so gemacht? Dann können sie ja echt froh sein, dass sie dich los sind! Was glaubst du eigentlich, wer du bist, Cassian Beckett?«

      Ich sprang auf und die Decke flog zu Boden. »Du hast sie doch nicht mehr alle! Lass mich in Zukunft bloß in Ruhe, verstanden?«

      Ich schnappte mir meine Turnschuhe und stürmte zur Tür. Ich musste hier raus und zwar sofort. Doch als ich versuchte, die Wohnzimmertür zu öffnen, rührte sie sich nicht. Er lehnte mit dem Rücken davor.

      »Lass mich sofort hier raus«, verlangte ich und ballte meine Fäuste. Ich hätte ihn niemals geschlagen, aber das konnte er ja nicht wissen.

      Beschwichtigend hob er die Hände. »Bitte hör mir nur einen Moment zu.«

      »Nein!« Ich war nicht länger bereit, mir irgendwelche Verrücktheiten von ihm anzuhören. Ich wollte nur noch hier weg.

      Er ließ die Hände sinken und stand jetzt da wie ein geprügelter Hund. Doch ich hatte kein Mitleid mit ihm.

      »Lass mich durch!«, fauchte ich und endlich trat er zur Seite.

      Noch immer wütend, riss ich die Tür auf und rannte an ihm vorbei in den Flur. Zum Glück kam genug Licht aus dem Wohnzimmer, um den Weg zur Haustür zu finden.

      Die Luft war eiskalt und mit dem ersten Windstoß verrauchte auch meine Wut. Eine Weile stand ich einfach nur in Socken mit meinen Schuhen in der Hand da und starrte in die Dunkelheit. Aber was ich sah, war nur sein unglückliches Gesicht. Als sich meine Zehen in Eisklumpen zu verwandeln begannen, drehte ich mich um und kehrte ins Haus zurück.

      Als ich das Wohnzimmer betrat, saß er auf dem Sofa. Er hatte die Ellbogen auf die Knie gestützt und den Kopf in seinen Händen vergraben. Schweigend setzte ich mich neben ihn.

      Er reagierte nicht auf mich, sondern starrte nur weiter auf den Boden, als hätte er mein Kommen überhaupt nicht bemerkt. Eine Weile hockten wir so stumm nebeneinander, bis ich es nicht mehr länger aushielt.

      »Du wolltest mir was sagen.«

      Keine Reaktion.

      »Ich hör dir jetzt zu«, versuchte ich es nach einigen Augenblicken noch einmal. Wieder nichts.

      »Cassian?«

      Immer noch nichts.

      »Cassian, komm schon. Rede mit mir«, bat ich. Vielleicht verstand ich dann endlich, was mit ihm los war.

      »Warum bist du zurückgekommen?« Er klang müde.

      »Weil ich wissen will, warum du so ausgerastet bist. Ich versteh dich einfach nicht. Eben bist du noch nett, dann kühl, dann wieder freundlich. Und plötzlich flippst du vollkommen aus, spielst den Bad Guy und dann bedauerst du wieder alles. Das ist doch nicht normal. Was bitte ist los mit dir?« Es musste einen Grund für sein aggressives Verhalten geben und ich würde hier sitzen bleiben, bis ich ihn herausgefunden hatte. »Ich werde aus dir einfach nicht schlau«, seufzte ich.

      »Und ich aus dir nicht.«

      »Was?« Damit hatte ich nicht gerechnet.

      »Ja.« Endlich sah er mich an. »Du schaffst es immer wieder, mich zu verblüffen, und das gelingt sonst nie jemandem, glaub mir.« Er verzog das Gesicht.

      Wenn ich eine Comic-Heldin gewesen wäre, hätte ich in diesem Moment ein riesiges Fragezeichen über meinem Kopf gehabt.

      »Vorhin hattest du Angst, mir deine Geschichte zu erzählen«, er lächelte, »aber wenn es wirklich gefährlich wird, dann brüllst du wie eine Löwin und reißt mir fast den Kopf ab. Du bist echt mutig, aber auch verrückt und dumm, weißt du das?«

      »Danke. Du bist auch irre«, brummte ich.

      »Ja. Das bin ich.« Er nickte. »Eindeutig.«

      Eine Weile sagte wieder keiner von uns etwas, aber dann sprach er unvermittelt weiter: »Du wolltest doch wissen, warum ich das eben gemacht habe?«

      Ich nickte.

      »Es war, weil … weil ich dir Angst machen wollte.«

      Wie bitte? Wieder glaubte ich, mich verhört zu haben.

      »Ich musste das tun, weil du einfach nicht kapieren willst, dass du dich von mir fernhalten musst. Und ich Idiot bin auch noch schuld daran.«

      Ich zuckte zusammen, als er unvermittelt aufsprang und unruhig auf und ab zu laufen begann.

      »Wie meinst du das? Hey, alles okay bei dir?«

      »Nein. Gar nichts ist okay. Es läuft alles total schief.«

      »Was läuft schief?«

      Als er mir nicht antwortete, verlor ich endgültig die Geduld. »Jetzt sag endlich, was dieses ganze Theater hier soll? Ständig sprichst du in Rätseln. Wirf mir nicht immer nur irgendwelche Brocken hin, sondern sag endlich, was los ist. Freunde haben doch keine Geheimnisse voreinander.«

      »Freunde?« Er blieb stehen.

      »Ja.« Ich schluckte, als ich seinen ungläubigen Ausdruck sah. Wie kam ich überhaupt darauf, dass wir welche waren? Wir kannten uns ja kaum. Aber als er sagte: »Wir können keine Freunde sein«, fühlte es sich dennoch an, als hätte er mich geschlagen. Natürlich. Er hatte ja gar kein Interesse an mir. Nicht mal an meiner Freundschaft. Wie hatte ich das auch nur eine Sekunde glauben können?

      Ich hörte ihn seufzen. »Ich sage dir, dass du dich von mir fernhalten sollst, und du willst allen Ernstes mit mir befreundet sein? Du bist ganz sicher verrückt.«

      »Dann bin ich eben verrückt oder dumm. Aber ich hab bestimmt keine Angst vor dir«, gab ich trotzig zurück.

      »Aber ich habe Angst!«

      Ehe ich ihn fragen konnte, was er damit meinte, kam er zu mir und kniete sich vor mich. Diesmal war seine Berührung ganz sanft, als er den Ärmel meines Sweatshirts hochschob. Seine Fingerabdrücke zeichneten sich noch deutlich auf meiner blassen Haut ab. Er presste die Lippen aufeinander, während seine Finger vorsichtig über die Male strichen.

      »Ich wünschte, du könntest mir verzeihen«, flüsterte er. »Ich wollte dir niemals wehtun, es war nur …« Er ließ mich los. »Aber es spielt jetzt sowieso keine Rolle mehr, also

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