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Leben stattfindet. Ich bemerke erst, dass ich in Gedanken war, als er von hinten um mich fasst, um meine Jacke von der Couch zu ziehen, ehe ich die Decke darüber ausbreiten kann. Dankbar dafür lächele ich ihn an und versuche vergeblich, das Flattern in meinem Bauch und die Wärme in meiner Brust unter Kontrolle zu bekommen. In Jeans und Shirt bekleidet legt er sich hin. Ohne mich abzuschminken, drehe ich mich um, ziehe das dunkelblaue Kleid aus und das Shirt und die Shorts zum Schlafen an. Kurz habe ich das Gefühl, er beobachtet mich dabei, aber ich traue mich nicht, nachzusehen. Als ich mich hinlege und die Decke hochziehe, kommt mir, wie albern das doch ist. Als würde jemand wie er eine wie mich beim Umziehen beobachten. Noch bevor ich weiter darüber nachdenken kann, sinke ich in einen erschöpften Schlaf, kaum dass mein Kopf das Kissen berührt.

      Noch bin ich nicht wach, nicht richtig. Deutlich spüre ich, dass die Muskeln in meinen Beinen verkrampfen und meine Finger die Decke so fest zusammenpressen, dass meine Knöchel schmerzen. Mein Herz rast und das Gefühl von Panik und Furcht verschwindet nicht. Sinnlos versuche ich es zu verscheuchen, indem ich meinen Kopf hin und her schüttele. Schweiß hat sich auf meinen Schläfen gebildet und eine schwere Last scheint mir auf der Brust zu liegen, die mich immer weiter aus dem Schlaf reißt. Was genau ich geträumt habe, weiß ich gar nicht. Aber es hinterlässt ein zähes, scheußliches Gefühl, das mich zwingt, die Augen zu öffnen. Sofort erstarre ich. Da liegt ein Männerarm um meine Hüften. Zugegeben, ein schöner Männerarm. Dennoch hat er nichts hier in meiner Wohnung oder gar in meinem Bett verloren. Da fällt es mir wieder ein, alles, was gestern Nacht passiert ist, und auch der fremde junge Kerl, der mir geholfen hat. Nur, warum zum Teufel liegt er hier mit mir im Bett? Er sollte eigentlich dort drüben auf der Couch liegen. Noch bevor ich den dicken Kloß im Hals hinunterschlucken kann, drehe ich mich vorsichtig um. Blaue wache Augen erwarten mich. Der grinsende Herzensbrecher von gestern scheint verschwunden und ein befangener ernster Mann an seiner Stelle liegt neben mir. Besorgt und als würde ihn die Situation mindestens so verlegen machen wie mich, starrt er mir weiter ins Gesicht. Beim Blinzeln merke ich, dass die Wimperntusche von gestern bestimmt um meine Augen verteilt sein muss. Mein Herzschlag steckt mir im Hals, weshalb ich weiter schweige.

      „Du hattest ein paar Alpträume … Als du angefangen hast, zu wimmern, wusste ich nicht, was ich machen soll“, flüstert er. Sehr langsam nimmt er seinen Arm von mir. Ich kann jeden Zentimeter, den er mich loslässt, deutlich auf meinem Unterbauch fühlen. Ich bekomme Gänsehaut davon, nur weil er mich vage berührt.

      „Tut mir leid“, flüstere ich zurück, obwohl das nicht ganz der Wahrheit entspricht.

      „Du hast erst aufgehört, als ich mich neben dich gelegt und dich festgehalten habe.“ Wieder sieht er mich so merkwürdig an, als hätte er jemanden wie mich noch nie gesehen.

      „Das war sehr nett von dir. Offenbar war ich verstörter, als mir bewusst war“, gebe ich zu. „Ich kann mich gar nicht erinnern, was ich da geträumt habe. Nur eines weiß ich, schön war es nicht.“ Er versucht sich in einem Lächeln und streicht mir das wirre Haar von der Stirn.

      „Das glaube ich dir“, antwortet er, sieht dann auf seinen Arm und zieht ihn schnell zurück, als wäre ihm die Geste peinlich. Mir ist peinlich, dass die Träger meines Oberteils von meiner Schulter gerutscht sind und ich ihm fast schon meinen tiefen und BH-losen Ausschnitt präsentiere, den er sehr dezent anstarrt. Inzwischen müsste mehr Morgenrot in meinem Gesicht glühen als draußen am Himmel. Leider ist es hell genug, um zu sehen, dass mich diese ungewöhnliche Schlafgemeinschaft alles andere als kaltlässt. Manchmal wünschte ich, dass man mir nicht immer alles von der Nase ablesen kann. Denn sein wissendes Grinsen macht die ganze Situation noch ein wenig unangenehmer, so dass sich mein Magen wieder meldet. Aber wer kann es mir verdenken. Da liegt ein völlig fremder Mann in meinem Bett, der mich die halbe Nacht lang gehalten hat und dessen Namen ich nicht mal kenne. Und der Augenblick, ihn ganz beiläufig danach zu fragen, ist bereits Stunden zuvor die Donau hinabgeflossen. Umständlich rücke ich von ihm ab, behalte die Decke um mich geschlungen und stolpere zur Couch. Wieso muss ich auch derart kurze Schlafshorts im Sommer tragen? Als ich mit den Zehen gegen den Couchtisch stoße und aufjaule, höre ich ihn unterdrückt lachen.

      „Gib dir keine Mühe. Ich habe die Nacht über so ziemlich alles von deinen Beinen gesehen, was deine Shorts herzeigen. Und das ist schon eine Menge.“ Inzwischen strahlt er übers ganze Gesicht. Meine Verlegenheit scheint ihn zu amüsieren. Finster starre ich ihn an, damit er aufhört, mich in Verlegenheit zu bringen. Aber er denkt nicht dran, lehnt sich entspannt zurück und flüstert weiter Unverschämtheiten vor sich hin. „Zum Glück für mich sind auch die Träger deines Shirts deinen weiblichen Argumenten nur mäßig gewachsen.“ Okay, jetzt reicht es mir. Ich balle die Decke zusammen und werfe sie in seine Richtung. Lachend verschwindet er darunter. Muss er mich so bloßstellen?

      Ich habe nicht die Figur, um mich einem Mann so zu präsentieren, das weiß ich. Aber wieso muss er dann ständig meinen Körper zum Thema machen? Typen wie er betreiben viel Sport und stehen auf große, sehr schlanke Frauen mit wenig Busen, so gut wie kein Fett und endlos schlanken Beinen. Ich bin eher klein. Bin ich nun mal. Und etwas kurvig und ja, mit mehr Busen gesegnet, als ich eigentlich möchte. Fahrig zupfe ich endlich die Träger zurecht. Gut gelaunt wühlt er sich aus der Decke und ignoriert meine mahnenden Blicke.

      „Wie sieht es mit einem Kaffee aus, ehe du mich rauswirfst?“

      „Geht klar, solange du aufhörst, mich weiter in Verlegenheit zu bringen“, warne ich ihn und verschränke die Hände vor der Brust. „Ja zum Kaffee und nein zum anderen. Du machst es mir zu leicht … Weißt du denn nicht, dass du gerade deinen Busen sehr vorteilhaft machst, dadurch …“ Zufrieden deutet er mit einem Nicken auf meine Arme, die ich daraufhin sofort fallen lasse. Ich verdrehe die Augen und schalte die Kaffeemaschine an. Verzweifelt wünsche ich mir, der Ansatz meines Pos würde nicht aus meinen Shorts hervorlugen. Doch wenn ich daran zupfe, stachelt ihn das nur mehr an, also lasse ich es. Mit zwei dampfenden Tassen gehe ich zur Couch, wo er schon wartet. Unfair wie das Leben ist, sieht er vom Schlaf zerzaust sogar noch heißer aus, während ich wie eine nass gewordene Katze mit verschmiertem Mascara aussehen muss. Um das zu wissen, brauche ich keinen Spiegel. Verstohlen fahre ich mir wenigstens über die Haare, die weder richtig blond noch richtig braun sind. Meine Freunde trösten mich immer damit, dass ich Meredith-Grey-Haare habe, aber da ich mir sicher bin, dass sie es nur nett meinen, hilft es nicht. Ich bin einigermaßen hübsch, mehr aber auch nicht. Dieser Kerl ist kein Typ für einigermaßen hübsch. Er ist der Typ für absolut wunderschön, etwas, das ich nie sein werde. Vielleicht nerven mich deswegen seine Sprüche so sehr.

      „Hier.“ Ich gebe ihm den Kaffee, den er in zwei Zügen leert. Mein Magen ist zu nervös, um ihn richtig trinken zu können, also gönne ich mir nur ein, zwei Schluck zum Wachwerden.

      „Seltsam“, sagt er. „Aber ich bin mir sicher, dass du das süßeste Mädchen bist, dem ich je begegnet bin.“ Spätestens jetzt tobt auf meinen Wangen ein Inferno. Als ich an mir runtersehe, beschämt durch seine Worte, sehe ich, dass die Röte sogar bis zu meinem Dekolletee vorgedrungen ist. Grinsend bemerkt er es ebenfalls.

      „Du scheinst wirklich darauf zu stehen, mich in Verlegenheit zu bringen“, werfe ich ihm vor.

      „Wie gesagt: Du machst es mir auch zu leicht.“ Kopfschüttelnd stellt er die Tasse auf den Beistelltisch. „Warum wirst du eigentlich bei allem, was ich zu dir sage, dermaßen rot? Dabei sind meine Kommentare noch im grünen Bereich ... Glaub mir, wenn ich dich richtig in Verlegenheit bringen wollte, würde ich noch ganz andere Dinge sagen.“ Schockiert starre ich ihn an. Wie meint er das denn?

      „Und was hast du davon?“, frage ich irritiert.

      „Erstens wirst du dann so schön rot und blickst süß und verschämt drein. Das ist mal etwas anderes … Und zweitens brenne ich darauf zu wissen, was passieren würde, wenn ich dich mal richtig in Verlegenheit bringe.“ Sein glühender Blick streift über meinen ganzen Körper, ehe er mir herausfordernd ins Gesicht sieht. Überrascht über mich selbst antworte ich ihm, ohne darüber nachzudenken: „Und warum denkst du, ich würde dir erlauben, mich richtig in Verlegenheit zu bringen?“ Trotz Röte im Gesicht halte ich seinen blauen Augen stand, deren Anblick mir heiße Wellen über die Haut jagt.

      „Ich

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