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Sie Bange vor dem Flug?“

      „Nein. Ich leide zwar unter Höhenangst, aber ich werde zeigen, dass man mit Willensstärke alle auch noch so problematischen Situationen meistern kann.“

      „Wären Sie nach den Flug zu einem Interview bereit?“

      „Selbstverständlich.“

      Frieder Bergmann wurde in einem Ankleideraum in einen Anti-G-Schutzanzug gesteckt und ihm ein Helm in die Hand gedrückt. Dann ging er mit dem Kommodore zu der Jagdmaschine. Die Presseleute drängten sich um die Maschine, und als Bergmann in die Kabine geklettert war, schossen sie ein Bild nach den anderen von ihm. Die Beruhigungstablette hatte Bergmann so gut sediert, so dass er breit grinsend aus dem Helm schaute und zusätzlich noch seinen Daumen in die Höhe reckte. Frieder Bergmann war sich ganz sicher, dass er diesen Angeber Putkinow heute locker in die Tasche stecken würde. Das Bodenpersonal scheuchte die Pressemeute von der Maschine weg und der Kommodore schob den Schubhebel nach vorn. Die

       MiG 29 raste immer schneller werdend über die Startbahn und Bergmann wurde mächtig in den Sitz gedrückt. Er fühlte sich gar nicht einmal schlecht, und als der Kommodore die Maschine hochzog, wagte er sogar einen Blick aus den Seitenscheiben der Kanzel. In einer irren Geschwindigkeit zog der Jet jetzt nach oben und Frieder Bergmann schätzte den Steigungswinkel auf ungefähr 45 Grad. Der Pilot ging langsam aus dem Steigflug hinaus und fragte seinen Passagier über die Bordsprechanalage knapp:

      „Alles in Ordnung, Herr Minister?“

      „Alles okay“ krächzte Frieder Bergmann zurück.

      Die beiden Kameras hatten die ganze Zeit über Aufnahmen gemacht und es war klar zu erkennen gewesen, dass sich Bergmann wortwörtlich mit offenem Visier wacker schlug.

      „Bisschen mehr Speed“ fragte der Pilot.

      „Warum nicht“ antwortete Frieder Bergmann mutig und grinste direkt in die Kamera.

      Der Pilot beschleunigte nochmals und ging in eine Kampfkurve. Frieder Bergmann wusste natürlich, dass man in so einem Fall von einem „Dog Fight“ sprach, falls eine gegnerische Maschine in der Nähe gewesen wäre. Er verspürte durch die jetzt auf ihn einwirkenden Kräfte eine leichte Übelkeit aufkommen, die sich in der zweiten Kurve noch verstärkte. Bergmann zwang sich ruhig zu atmen und möglichst wenig zu schlucken. Der Pilot kippte in die dritte Kurve ab, und als er die vierte absolviert hatte, war sein Passagier felsenfest davon überzeugt gewesen, dass er die Aktion unbeschadet überstanden hätte und es jetzt gemütlich nach unten gehen würde. Die Kameraaufnahmen würden ganz klar seine Coolness während des Fluges wiedergeben und dieser Putkinow konnte einpacken.

      Der Geschwader Kommodore Generalmajor Ralf Neumann wollte aber wie mit Herbert Büchsenschuss abgesprochen speziell für die Medienleute noch die Kobra fliegen. Frieder Bergmann wurde vollkommen davon überrascht, dass der Pilot den Nachbrenner einschaltete und die MiG 29 sofort steil und fast senkrecht anstellte. Die unverhofft eintretende Rückenlage seines Sitzes ließ Bergmann das Schlimmste vermuten. Als Neumann die Kobra ausleitete kippte Frieder Bergmann wieder nach vorn, das Visier seines Helmes nach unten, und jetzt spielte sein Magen wirklich verrückt. Der Kommodore zwang die Maschine erneut in eine Kampfkurve, die jetzt steil nach unten gerichtet war. In diesem Moment war sich Frieder Bergmann ganz sicher, dass er in wenigen Sekunden zusammen mit dem Piloten in einem riesigen Feuerball beim Aufschlag auf dem Boden verglühen würde. Es ging mit bestimmt 30 Grad Neigung und in einem Höllentempo nach unten und Bergmann hatte seine Reflexe jetzt nicht mehr unter Kontrolle. Eine Sekunde später erbrach er sich würgend in den durch das Visier verschlossenen Helm. Neumann ließ das Flugzeug für die Presse extra noch einige Male um die Längsachse rollen was dazu führte, dass sich die von Frieder Bergmann in den Helm abgesonderten Speisereste unregelmäßig auf dessen Gesicht verteilten. Wenn die Maschine auf dem Rücken lag und Bergmann kopfüber nach unten hing öffnete sich das Visier seines Helmes, so dass sich die von Bergmann abgesonderten Brocken auch noch über seinen Fliegeranzug und im Cockpit verteilten. War das Flugzeug wieder in normaler Fluglage, klappte das Visier zu. 5 Sekunden später setzte die Maschine elegant auf der Landebahn auf.

      Die Leute vom Bodenpersonal schnallten Frieder Bergmann ab und halfen ihm aus der Maschine. Alle Kameras waren auf ihn gerichtet. Als der Kommodore Bergmann half das Visier hochzuklappen, trat für einen Augenblick Stille ein, aber die Kameras liefen weiter. Auf Frieder Bergmanns leichenblassem Gesicht hatten sich Teile des Rühreis, der Tomaten und des Orangensaftes niedergeschlagen. Bergmann sah aus, als hätte man im Gesicht mit heftigen Faustschlägen traktiert und so diese Verfärbungen hervorgerufen. Der Geschwader-Kommodore Generalmajor Ralf Neumann sah in diesem Augenblick keine andere Möglichkeit, als das Visier von Bergmanns Helm sofort, und schnell wieder nach unten zu klappen. Die Flecken auf dem Anti-G-Anzug konnte er allerdings nicht ungesehen machen. Er teilte er den Presseleuten – denn er wollte Bergmann schnellstens aus der Schusslinie bringen - knapp mit:

      „In 15 Minuten beginnt die Pressekonferenz.“

      Er führte den leicht schwankenden Frieder Bergmann wie eine besorgte Mutter zu den Umkleidekabinen. Dort wurde Bergmann aus den nunmehr schon ziemlich stinkenden Sachen geschält. Kurzerhand half Herbert Büchsenschuss seinem Chef aus den Kleidern und schob ihn unter eine Dusche. Dann wandte sich der Büroleiter an die herumstehenden Soldaten.

      „Los, dalli, sofort eine frische Fliegerkombi und ein Käppi für den Minister! Und noch einen Föhn und einen großen Schnaps! Beeilung.“

      Dann zog er Bergmann aus der Duschkabine heraus, trocknete ihn ab, und half ihm in die frischen Sachen. Er drückte ihn in einen Stuhl hinein und setzte den Föhn in Gang. Ein Offizier reichte Bergmann eine Schnapsflasche zu.

      „Sind Sie denn wahnsinnig geworden“ fuhr Büchsenschuss den Mann an „Korn aus dem NEDDO. Das wollen Sie dem Minister anbieten? Wegtreten! Bessere Marke organisieren! Zack, zack! Marsch, Marsch! Ausführung!“

      Der Mann verschwand eiligst und war zwei Minuten später mit einer anderen Flasche wieder da.

      „Vom Chef persönlich“ keuchte er.

      Büchsenschuss nickte, es war guter Whisky.

      Er reichte die Flasche an Bergmann weiter, der einen großen Schluck zu sich nahm. Büchsenschuss fummelte, obwohl er selbst Nichtraucher war, eine Zigarettenschachtel aus seiner Jackentasche, brannte eine Zigarette an, und steckte sie Bergmann zwischen die Lippen. Dieser inhalierte mit geschlossenen Augen und griff dann nochmals nach der Flasche. Einen Moment später grinste er Büchsenschuss breit an.

      „Wie bin ich rübergekommen“ wollte er wissen.

      „Bis auf die letzte Szene ganz hervorragend“ meinte sein Büroleiter „wir müssen einen Weg finden, die Sache mit der Kotze raus zu filtern.“

      „Nein, ich habe da eine ganz andere Idee“ schaltete sich der Kommodore ein „ich erzähle den Typen von der Presse, dass die Gesichtsverfärbungen des Ministers von den hohen Fliehkräften hergerührt hätten und dass solche Schwellungen nur kurz zu sehen sind. Die Leute haben doch keinen blassen Schimmer von der Kampffliegerei. Und für den beschmutzten Anzug lasse ich mir noch was einfallen.“

      „Klasse“ erwiderte Büchsenschuss.

      Als sich Frieder Bergmann, der Geschwader-Kommodore und Herbert Büchsenschuss der kleinen Bühne näherten, erhoben sich die Medienvertreter geschlossen und applaudierten heftig. Bergmann sah in der dunkelblauen Fliegerkombi und mit dem Käppi auf dem Kopf ganz hervorragend aus. Die ersten Fragen kamen.

      „Herr Minister, wie haben Sie diese sensationelle Flugvorführung überstanden?“

      „Prächtig, Sie sehen ja, wie gut es mir geht.“

      „Ähm, was hatten diese Verfärbungen auf Ihrem Gesicht für eine Bewandtnis? Und was war mit Ihrem Fliegeranzug passiert?“

      So konzentriert, wagemutig und kühn der Geschwader Kommodore Generalmajor Ralf Neumann in der Luft agierte, so lässig sagte er jetzt:

      „Bei solchen extremen Flugmanövern wirken wahnsinnige Fliehkräfte, die die Gesichtsmuskeln

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