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die in ihr Fleisch bis. Ihre Decken schützten sie nur wenig vor dem kalten Wind.

      „Diese Nacht stehen wir so nicht durch“, sagte Aramar, „Wir müssen uns auf den Weg machen, auch wenn es gefährlich ist. Wenn wir bleiben, sind wir auf jeden Fall erledigt."

      Ächzend erhoben sie sich und fassten sich an den Händen. So bildeten sie eine lebende Kette, an deren Spitze der Zauberer schritt. Auf seiner Fingerspitze tanzte eine winzige Flamme, die ihm den Weg in dieser gefährlichen Umgebung wies. So klein sie auch war, man konnte sie sicher in der Dunkelheit weit sehen. Trotz des Lichtes trat Aramar plötzlich ins Leere. Er konnte sich gerade noch an der Wand festhalten. Vorsichtig bückte er sich, leuchtete auf den Weg und erschrak. Dort, wo das Steinsims sein sollte, war nichts. Der Pfad war auf der Länge von einigen Fuß eingebrochen.

      „Wir müssen springen“, sagte der Zauberer ruhig.

      „Was?" schrie Galowyn, so dass es durch die dunklen Berge hallte. „Springen? Und das in der Nacht, wo man nichts sieht? Das kann ich nicht! Das ist ganz und gar unmöglich!"

      „Wir haben keine andere Wahl. Es gibt kein Zurück und bis zur Dämmerung können wir hier nicht bleiben. Nur Mut, es wird alles gut gehen."

      „Nein! Lieber falle ich auf der Stelle tot um, als dass ich so einen Wahnsinn mitmache. Ich bin Sängerin und keine Akrobatin."

      „Wenn wir hierbleiben, erfrieren wir, und im Übrigen sind uns die Verfolger auf den Fersen."

      Sie sahen zurück. In der Ferne waren schwankende Lichter, die langsam näherkamen.

      „Ich werde den Anfang machen“, sagte Fallsta. Im schwachen Schein von Aramars Flamme untersuchte er den Abgrund.

      „Das Licht markiert den Punkt des Absprungs. Es ist nicht weit. Springt, so kräftig ihr könnt, ins Ungewisse. Drüben ist der Boden fest und eben. Ihr werdet sofort Halt finden."

      Der Goldsucher nahm Anlauf und sprang. Seine schemenhafte Gestalt entschwand ihren Blicken. Alle hielten den Atem an, bis er leise rief: „Ich bin drüben. Es ist ganz einfach. Der Nächste kann jetzt kommen. Ich werde versuchen, ihn festzuhalten."

      Urial machte sich fertig und kam mit Leichtigkeit über den Abgrund. Danach folgte Smyrna, die zwar tapfer, aber vor Aufregung zitternd und weinend Anlauf nahm, um dann auf der anderen Seite glücklich zu jubeln. Nach ihr sprangen der Zwerg und Axylia. Dann blieben nur noch Galowyn und Aramar übrig.

      „So“, meinte der Zauberer, „nun fasst Euch ein Herz. Wie Ihr seht, ist es nicht schwer und allen gelungen."

      „Es geht nicht“, stöhnte die Sängerin. „Ich bin wie gelähmt. Ich kann mich nicht bewegen, auch wenn ich es wollte."

      Aramar tastete sich im Dunkeln zu ihr und legte ihr seine Hand auf die Stirn. Ruhe kam über die zitternde Gestalt. Der stoßweise Atem wurde langsam und tief. Wohlige Wärme durchströmte ihren Körper. Nach ein paar Minuten ließ sie der alte Mann wieder los und trat zurück. Wortlos rannte daraufhin die schöne Frau in der Dunkelheit auf das schwache Flämmchen zu und sprang. Im letzten Moment aber verließ sie der Mut. Sie stieß sich nicht mit ihrer ganzen Kraft ab. Der Sprung war zu kurz. Ihre Füße berührten auf der anderen Seite zwar noch die Abbruchkante, aber dann kippte sie hinten über. Der Zauberer, der das Verhängnis bemerkt hatte, ließ einen grellen Blitz aufflammen. Urial und der Zwerg eilten hinzu und fassten die Frau, bevor sie in den Abgrund fiel. Sie zogen sie auf den sicheren Felsen, wo sie schwer atmend liegen blieb.

      Nun hörten sie in der Ferne Geschrei und Gepolter. Die Verfolger hatten den Blitz gesehen und neuen Antrieb für ihre Jagd erhalten. Bald würden sie hier sein. Aramar setzte nun auch über den Abgrund, und dann eilten sie weiter, so schnell sie konnten.

      Bald schob sich Glaxca wieder vorsichtig an die Spitze und tuschelte mit dem Zauberer. Von da an untersuchten beide sorgfältig die Felswand zu ihrer Linken. Nicht lange und sie blieben stehen.

      „Hier muss es sein“, flüsterte der Zwerg und war verschwunden. Nach einer Weile hörten sie ihn leise rufen.

      Sie folgten seiner Stimme und wurden von ihm in eine Öffnung in den Berg gezogen. Als sie eingetreten waren, fiel hinter ihnen eine schwere Tür zu.

      „Nun sind wir in Sicherheit“, sagte Glaxca.

      Verloren stand die Reisegesellschaft im Dunklen, bis plötzlich ein helles Feuer aufflammte. Nun konnten sie sich umsehen. Sie befanden sich in einer kleinen Kammer, die in den Felsen gemeißelt war. Eine steinerne Tür verschloss den Eingang so dicht, dass kein Windhauch hereindrang. In der hinteren Ecke erkannten sie eine Feuerstelle mit einem kunstreichen Kamin. Dort hatte Glaxca ein Feuer entfacht. Sogar trockenes Holz war vorhanden.

      „Wo sind wir?" fragte Axylia erstaunt.

      „In einer Zwergenunterkunft“, sagte Glaxca zufrieden. „Während wir uns durch die Nacht tasteten, habe ich nachgedacht. Ich versuchte, mich an die alten Überlieferungen zu erinnern. Damals, vor vielen Menschenaltern, waren wir Zwerge in allen Landen wohl angesehen. Wir galten als hervorragende Handwerker und ehrliche Händler. Wir lebten in Freundschaft mit allen Völkern und wurden reich. Erst später hat der Dunkle Herrscher uns und die anderen Menschen entzweit, indem er Lügen über uns verbreitete. Ganz besonders befreundet waren wir mit den Zauberern. Der jeweilige Herr des Loron hielt mit uns engen Kontakt. Die Leute meines Volkes, die in Feuertal wohnten und arbeiteten, versorgten dieses fremdartige Kloster mit allem Nötigen. Dazu hatten sie einen Pfad gebaut, der von der unterirdischen Stadt Feuertal quer durch das Gebirge bis nach Rotamin und zum Loron führte. Der Pfad hieß Zmànuk, der hohe Weg. Zmànuk überquerte Schluchten auf Brücken, war in Felswände geschlagen und führte über sieben Pässe. Die Zwerge waren auf Zmànuk stets lange unterwegs und je nach Jahreszeit den Unbilden der Natur ausgesetzt. Deshalb bauten sie Unterstände, Kammern, die sie Zmànuksai nannten. Dort fanden sie vor Regen und Schnee Schutz und konnten sich aufwärmen. Nahrungsvorräte waren hier deponiert und Heilmittel, falls jemand unterwegs krank wurde. In einer solchen Kammer halten wir uns gerade auf. Früher standen hier noch Truhen, Tische, Stühle und Liegen. Es war recht wohnlich, und die Leute meines Volkes freuten sich immer, wenn sie auf ihrem Weg eine Zmànuksai erreichten. Es gibt bei uns sogar ein Sprichwort. Man sagt, wenn es einem schlecht geht: ‘Ich wollte, ich wäre in einer Zmànuksai.’

      Heute bin auch ich froh darüber, dass wir eine solche Kammer gefunden haben, selbst wenn es hier etwas unwirtlich aussieht."

      „Werden unsere Verfolger uns hier finden?" fragte Smyrna.

      „Ich glaube nicht, dass sie es wagen, den Abgrund zu überqueren. Sollten sie es aber tun, so werden sie am Eingang dieser Kammer vorbei laufen“, beruhigte sie Aramar.

      Bald wich die Eiseskälte aus ihren Gliedern. Sie rollten sich in ihre Decken und schliefen einen erholsamen Schlaf.

      Als der Zauberer das Morgengrauen spürte, weckte er sie erbarmungslos. Müde rieben sie sich die Augen und verlangten weiter zu schlafen. Aber der Hinweis auf die Verfolger ließ sie aufspringen. Wollten sie ihren Vorsprung halten, so mussten sie rasch aufbrechen. Traurig nahmen sie Abschied von der gastlichen Herberge im Stein und tasteten sich weiter auf ihrem gefährlichen Weg. Zwar war die Dunkelheit gewichen, aber nun verhinderte dichter Nebel jede Sicht.

      Sie wanderten den ganzen Tag und begannen schon lange vor Anbruch der Dunkelheit mit der Suche nach einer weiteren Zmànuksai. Kurz nachdem das Licht der Sonne völlig verschwunden war, hatten sie wieder Glück. Glaxca und Aramar öffneten gemeinsam das geheime Schloss, dann stand einer gemütlichen Nacht nichts mehr im Wege.

      

      

      

      

       Ein mächtiger Turm

      Am Mittag des nächsten Tages erreichten sie das Tal Rotamin. Dort endete der steinerne Pfad, und die Wanderer standen vor einem Abgrund. Viel war nicht zu erkennen. Die Berge, die Rotamin einschlossen, lagen zwar bereits im Sonnenschein, aber Nebel erfüllte

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