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von ihnen kann ein Leben verändern, ohne dass sie selbst weiter darüber nachdenken. Sie sehen euch, und es kommt ihnen plötzlich ein Auftrag in den Sinn, den sie euch erteilen könnten, der euer Leben gefährdet. Oder sie sind vielleicht in schlechter Stimmung und lassen sich zu einem ungerechten Urteil hinreißen. Wenn man den Mächtigen unter die Augen tritt, muss man mit allem rechnen, mit Tod oder großem Glück. Selbst wenn sie euch nicht übel gesinnt sind, ist der Umgang mit ihnen bedenklich.

      Ich will euch dazu ein Beispiel geben. Nehmen wir an, ein wirklich guter Reiter wird eines Tages von seinem Fürsten besucht. Der Reiter hat aber schlecht geschlafen und deshalb keinen guten Tag oder ein besonders wildes Pferd oder einfach nur Pech. Das Pferd wirft ihn also vor den Augen seines Fürsten ab. Dieser dreht ihm daraus natürlich keinen Strick. Aber wann immer das Gespräch auf den Reiter kommt, wird der Fürst sagen: 'Aha, das ist doch der, den das Pferd abgeworfen hat!' Diese Meinung ist zwar ungerecht, aber verständlich, denn die einzige Erinnerung des Fürsten an den Mann sind dessen misslungene Reitkünste.

      Es ist also nicht ungefährlich und selten ohne Folgen, wenn man sich den Mächtigen unter den Menschen nähert. Diese Erfahrung gilt erst recht für die Mächtigen über den Sternen! Axylia war auf eine Begegnung mit ihnen nicht vorbereitet."

      „Ich unterbrach den Disput der Männer“, schaltete sich die alte Frau wieder ein, die bei den langatmigen Ausführungen des Zauberers ungeduldig geworden war. „Ich sagte, ich wolle das Risiko auf mich nehmen und zwar schon in dieser Nacht. Aramar gab seufzend nach, und sie begleiteten mich zusammen zur Treppe, die in die sternengekrönte Finsternis führte. Ich müsse allein gehen, sagten sie mir. Dann gaben sie mir ihre guten Wünsche mit, und ich stieg nach oben. Auf diesem Weg überfiel mich plötzlich die Angst und zwar so sehr, dass mir schwindelig wurde und ich am ganzen Körper zitterte. Doch ich erklomm Stufe um Stufe.

      Auf dem Dach stand ich zwischen vier spitzen Säulen, und es geschah lange Zeit nichts. Man hatte mir keine Anweisungen gegeben, was zu tun sei, und so wartete ich. Und während ich wartete, sah ich in den nächtlichen Himmel. Ich sah die Myriaden von Sternen, sah das breite Band der Milchstraße. Es war wunderbar. Dieser Himmel war das Schönste, was ich jemals in meinem Leben gesehen hatte. Ich vergaß alles Leid der letzten Tage, alle Schrecken und Nöte. Ich sah nur noch den Himmel um mich und fühlte mich in ihm geborgen.

      In diesem Augenblick des höchsten Glücks erfasste mich ein mächtiger Windstoß. Der Wind umklammerte mich und riss mir die Kleider vom Leib. Nackt stand ich da in meiner Unschuld, und meine weiße Haut leuchtete in der Finsternis. Und wieder kam ein Windstoß. Diesmal warf er mich zu Boden. Aber ich fiel nicht hart, denn der gleiche Wind fing mich auf. Ich lag auf dem Rücken, meine Beine waren weit gespreizt, und der Wind umgab mich. Er war überall auf mir und auch in mir. Ich war ganz erfüllt von dem Wind, und der Wind war mir vertraut, wie nur der Gemahl vertraut sein kann. Endlich ließ der Wind von mir ab. Ich erhob mich taumelnd, raffte meine Kleider zusammen und tastete mich zitternd die Treppe hinunter. Die alten Männer erwarteten mich, sahen mich an und wussten Bescheid. Es wurde nicht viel gesprochen.

      Lediglich Sophil sagte: 'Nun hast du deinen Gemahl doch noch gefunden.'

      Sie brachten mich zu Bett, und Aramar hielt die ganze Nacht über bei mir Wache. Tage später ritten wir zurück ins Paradland, und obgleich an mir nichts Besonderes war, und niemand von meinen Erlebnissen auf dem Loron wissen konnte, kamen von überall Menschen zu mir. Auch versprengte Hüter erschienen und schlossen sich mir an. Sie, die Gefolgsleute meines toten Bräutigams, übertrugen mir, dem Mädchen, nein besser der Frau, die Führung und unterwarfen sich meinem Urteil. Bauern, die den Sturm überlebt hatten, machten sich zu mir auf. Als Waffen hatten sie Dreschflegel und Sensen mitgebracht. Wir begannen, gegen die Eindringlinge zu kämpfen. Der Kampf dauerte viele Jahre. Er war hart und grausam und ging oft über meine Kräfte. Aber wenn ich aufgeben wollte, so fühlte ich in mir ein Feuer, und auf den weiten Feldern umschmeichelte mich der Wind. Dann konnte ich auch wieder das Feuer in den Herzen meiner Gefolgsleute entzünden.

      Der Kampf wurde gewonnen. Im Paradland konnte man wieder leben. Wir richteten die Häuser notdürftig her und zogen ein. Doch es wurde nie mehr so wie früher. Die Leute starben einer nach dem anderen. Die Jahre und Jahrhunderte vergingen. Ich blieb, und das Alter kam nur langsam über mich. Ich weiß nicht mehr, für wie viele Generationen von Menschen ich den Glanz der Jugend ausstrahlte. Viele Männer kamen und freiten um mich, und so mancher gefiel mir. Doch keinem konnte ich mein Wort geben, denn ich war schon vergeben. So blieb ich ledig und war doch in all der Zeit nie allein. Aramar besuchte mich, wann immer er konnte, und wir hatten viel Spaß zusammen. Er war der einzige, der mein Geheimnis kannte, und nun wisst auch Ihr Bescheid. Ich weiß nicht, warum ich Euch alles erzählt habe, aber es schien mir an der Zeit. Vielleicht kennt Aramar den Grund, warum mir jetzt erlaubt wurde zu reden?"

      Die Reisegesellschaft hatte schweigend und mit großen Augen zugehört. Auch nachdem Axylia geendet hatte, sagte niemand ein Wort.

      Der Zauberer meldete sich: „Axylia, Liebes, du sollst mit uns nach Whyten kommen. Ich brauche dich!"

      „Was soll ich in Whyten? Ich gehöre hierher ins Paradland. Ich bin die Frau des Paradland. Was willst du von mir?"

      „Das weiß ich selbst noch nicht genau. Du wirst gebraucht, da bin ich sicher. Bitte komme mit uns."

      Bedächtig nickte Axylia, und alle legten sich auf den Boden zum Schlafen.

      Am nächsten Morgen brach die Gemeinschaft früh auf. Die alte Frau hatte ein Bündel geschnürt und das Haus fest verschlossen. Dann wanderten sie unter den neugierigen Blicken der Bürger von Olifo, die alle zusammengeströmt waren, zur Stadt hinaus. Verstohlen hörte man böse Worte über Fremde, die man lieber von hinten sehe. Das nasskalte Wetter hatte sich verzogen, und ein strahlender Sonnenschein begleitete sie. Es war die rechte Zeit zum Reisen, und Galowyn sang mit klarer Stimme ein Lied. Urial trieb schweigend sein Maultier an, aber seine Augen blickten nicht mehr so finster wie am Vortag. Axylia ritt auf einem Esel hinter der Gruppe her.

       Die Zwerge

      Am dritten Tag erreichten sie Galbad, ein Bauerndorf. Bereitwillig verkaufte man ihnen dort frische Ziegenmilch und Brot. Düstere Vorboten kommenden Unheils habe es gegeben, erfuhren sie, während sie aßen. Ein Kalb mit zwei Köpfen und fünf Beinen sei geboren worden. Vom Gebirge sei Kunde gekommen, dass eine Frau ein Kind mit einem Ziegenkopf auf die Welt gebracht habe. Wenn schon so etwas geschehe, müsse man mit allem rechnen, sagten die Leute düster. Das Zeitalter werde in einem Inferno enden. Prediger zögen durchs Land und verlangten Buße. Man gebe ihnen alles, was man entbehren könne. Aber dies wäre nicht genug. Auch gebe es Pläne aufzubrechen und zu fliehen. Aber man wisse nicht, wohin sich wenden. Vor dem Untergang könne man schließlich nicht davonlaufen. Galowyn schauderte es, und sie drängte zum Aufbruch. Auch die Leute waren froh, als die Fremden weiterzogen.

      Das Dorf lag schon weit hinter ihnen und noch immer hatte keiner ein Wort gesprochen. Alle waren sie erschüttert von dem, was sie gehört hatten. Endlich brach Fallsta das Schweigen.

      „Du kannst es drehen, wie du willst“, sagte er trocken, „der Arsch bleibt immer hinten.“

      An diesem Tag begegnete der Gruppe niemand mehr. Dies änderte sich erst vier Tage später. Schon von weitem sahen sie in dem flachen Land die große Staubwolke, die sich ihnen näherte. Die Frauen hielten sich im Schutz des Wagens, und die Männer griffen nach ihren Waffen. Aramar und der Zwerg verließen die Alte Südstraße und verbargen sich fünfzig Fuß neben ihr. Ein möglicher Gegner sollte nicht sofort erkennen, wie groß der Widerstand sein würde.

      Beim Näherkommen erkannten sie Zwerge. Es waren vierzehn an der Zahl, sie liefen geordnet im Gänsemarsch hintereinander. Auch die Zwerge hatten gemerkt, dass ihnen jemand entgegenkam, und ihre Äxte geschultert. Nun stellten sie sich in Doppelreihen quer über die Straße und fragten nach Name und Ziel der Reisenden. Urial, der es übernommen hatte, für alle zu sprechen, erklärte, sie seien in friedlicher Absicht unterwegs und würden sich ungern aufhalten lassen. Doch der Anführer der Zwerge sagte, sie wären in der Übermacht und könnten deshalb Bedingungen stellen. Dann verlangte er den Wagen zu untersuchen, was Urial ablehnte. Nun

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