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heben. Kurz darauf verschwand die Kavalkade im Galopp.

      „Wir hätten ihn töten sollen“, sagte der Zwerg.

      „Was hätte es genutzt? Es gibt genug von dieser Sorte, die sofort an seine Stelle treten. Aber uns hätte man durch den ganzen Kontinent gejagt“, wiegelte Aramar ab.

      

      

       Axylia

      Am Morgen des folgenden Tages erklärte Aramar: „Bald sind wir in Olifo. Eine kleine Stadt mit großer Vergangenheit. In den alten Zeiten, als das Paradland noch dicht besiedelt war, wurde dort jede Woche Markt abgehalten. Menschen kamen mit hoch beladenen Wagen. Sie brachten Gemüse, Früchte und Getreide. Paradland war einst die fruchtbarste Gegend in Centratur. Aber Olifo war auch das Ziel für Händler aus allen Landen. Sie kamen mit Fellen, Waffen und sogar Gold und Edelsteinen. Auf dem Markt wurden die Güter getauscht, und jeder machte seinen Gewinn.

      So ein Markt zieht aber auch finstere Gestalten an, die rasch reich werden wollen und dies ohne Arbeit. Deshalb werden solche Märkte in der Regel nach ein paar Jahren uninteressant für ehrliche Kaufleute. Sie sind sich dort ihrer Habe und sogar ihres Lebens nicht mehr sicher, müssen immer mehr Geld für ihren Schutz aufwenden und ziehen es vor, an anderen Orten ihren Geschäften nachzugehen. Wenn sie wegbleiben, so beherrschen Banditen, Hehler und Huren das Feld. Dann wird das Landvolk ausgenommen und um den Lohn seiner mühsamen Arbeit gebracht. Die Leute in Paradland wussten um diese Gefahr und hatten vorgebeugt. Eine Miliz kontrollierte den Markt und natürlich auch alle Straßen von und nach Olifo. Sie galt als sehr streng und strafte drakonisch jeden Gesetzesbruch. Wenn jemand mit falschen Gewichten betrog, so kam er ins Gefängnis. Bei schweren Vergehen wurde gezüchtigt und sogar mit dem Tod bestraft. So herrschte Ruhe und Frieden, und der Wohlstand mehrte sich.

      Aber der Reichtum des Paradland ließ mit den Jahren auch Mächtige aufmerksam und begehrlich werden. Sie schreckte die Miliz und ihre Prügelstrafen nicht. Und doch mussten auch sie sich zurückhalten, denn die großen Könige hatten ein Auge auf diese Gegend. Sie war ihre Kornkammer, und wurde von ihnen geliebt. Die Händler, die aus aller Welt nach Olifo kamen, waren ihnen willkommen. Deshalb hielten sie ihre Hand über das Land und ließen von ihren Truppen die Grenzen bewachen. Die Grenzen waren im Osten und Norden die Berge, im Westen der Goldfluss und im Süden die Is und das Meer.

      Unter so mächtigem Schutz gedieh dieses Land westlich des Thaurgebirges von Jahr zu Jahr prächtiger, und auf der Südstraße, über deren Überreste wir gerade wandern, drängten sich die Reisenden. Niemand konnte unkontrolliert eindringen. Schon in der Grenzstadt Rudia und im Hafen Rufa wurde jeder überprüft. Keiner, der irgendwie verdächtig schien, wurde ins Paradland hineingelassen. Es gibt ein Gerücht, dass sogar Achajer ab und an abgewiesen worden sein sollen. Man war streng und machte sich dadurch natürlich auch viele Feinde.

      Als dann die Macht der Könige nach den schrecklichen Kriegen mit Ormor zerbröckelte, war es um den Schutz von Paradland geschehen. Von überall strömten nun Banditen zusammen, und die Mächtigen, die sich so lange hatten zurückhalten müssen, marschierten mit ihren Truppen ein. Da wurde geplündert und gebrandschatzt. Die Bauern folterte man, um ihnen das Versteck ihrer Schätze abzupressen. Die Frauen wurden vergewaltigt, und die Kinder abgeschlachtet.

      Als die Heimsuchungen endlich aufgehört hatten, war Paradland entvölkert und verwüstet. Weite Landstriche waren nur noch öde und ohne Leben. Auf den einst so fruchtbaren Feldern wuchs nichts mehr. Die Straßen verkamen zu Wegen, und die Städte verfielen zu unbedeutenden Orten, deren Bewohner sich nur unter großen Mühen über die Winter brachten. So vergingen der Ruhm und der Glanz von Paradland. Olifo werden wir morgen erreichen. Ich bin sicher, von euch ist noch keiner dort gewesen. Und auch ich weiß nicht, wie es heute dort aussieht."

      Schon von weitem sahen sie Rauch aus den Schornsteinen des Städtchens quellen. Die Mauern, die einst die Stadt und den Markt geschützt hatten, waren eingefallen und geschleift, doch boten ihre Reste den Häusern noch immer Windschutz. Ein abgetragener Turm ragte als Stumpf in den Himmel. Trotz allem machte der Ort einen sicheren Eindruck. Alle freuten sich auf eine Unterkunft und eine ruhige Nacht. Doch bevor sie in der Stadt Einzug halten konnten, mussten sie an mächtigen Galgen vorbei. Zwei Männer und eine Frau hingen dort. Sie hatten verzerrte Gesichter, eine blaue Zunge quoll ihnen aus dem Mund. Ihre Hände waren auf den Rücken gebunden und die Beine seltsam verkrampft. Man hatte sie lange am Strick tanzen lassen, bevor sie erstickt waren. Niemand hatte sich ihrer erbarmt und sich an ihre Füße gehängt. Es war klar, die Bewohner wollten Gesindel abschrecken und hatten Exempel statuiert.

      Es dämmerte bereits, als der Wagen zwischen den Häusern zum Halten kam. Diese waren zwei- und dreistöckig und ragten mit ihren Giebeln so weit in die Straße vor, dass zwischen ihnen kaum noch etwas vom Himmel zu sehen war. Männer mit Spießen und grimmigen Gesichtern traten auf die Straße. Sie fragten nach dem Begehr der Reisenden, und Aramar erklärte, dass sie nach Whyten wollten und ein Quartier für die Nacht suchten.

      Quartiere gäbe es in der Stadt nicht mehr, wurde ihm geantwortet, und es wäre für alle besser, wenn sie weiterzögen.

      Dies wolle man gerne tun, stimmte der Zauberer zu, aber nicht mehr in dieser Nacht. Dann kümmerte er sich nicht weiter um die Wachen und ihre Waffen, sondern ging an ihnen vorbei, und die anderen folgten ihm, nachdem sie den Wagen abgestellt und die Tiere versorgt hatten. Obwohl die Nacht noch nicht hereingebrochen war, konnte man auf der Straße kaum etwas erkennen. Es roch nach Abfällen, Kot und Urin. Wenn man nicht aufpasste, stolperte man über Hühner, die im Dreck der Straße scharrten und gackernd durch offene Fenster in die Häuser flogen. Schweine versperrten den Weg. Sie wühlten mit ihren Rüsseln in den Abfällen, die aus den Häusern einfach auf die Straße geworfen worden waren. In diesem Augenblick leerte gerade eine Frau einen Eimer mit schmutziger Brühe in die Gosse und bespritzte die Sängerin. Die protestierte lautstark, aber niemand kümmerte sich darum. Achtlos wurde die Tür wieder geschlossen.

      „Ich muss einen Besuch machen“, sagte Aramar. „Ihr wartet hier!"

      „Warum sollen wir hier warten?" meldete sich Urial zu Wort. „Habt Ihr nicht von Vertrauen gesprochen und dass Reisende untereinander keine Geheimnisse haben dürfen? Ihr nehmt Euch das Recht heraus, einfach zu verschwinden, und wir sollen uns damit abfinden!"

      Aramar schaute ihn in dem Zwielicht lange an. Er versuchte etwas zu erkennen, was seine Augen nicht sahen. Dann gab er nach.

      „Es ist gut. Ihr könnt alle mit mir kommen. Ich suche eine alte Frau und weiß nicht einmal, ob sie noch lebt."

      Gemeinsam gingen sie weiter, bis er plötzlich stehen blieb. Das Haus lag am Ende der Straße und stand ein wenig frei. Es gab sogar Platz für einen kleinen Vorgarten. Früher mussten hier reiche Leuten gewohnt haben, aber nun war das Anwesen zerfallen. Die oberen Stockwerke fehlten, und nur noch das Fachwerk ragte wie ein Gerippe in die Luft. Der Zauberer pochte gegen das schwarze Holz. Es dauerte eine Weile bis der eiserne Riegel zurückgeschoben und die Tür einen Spalt geöffnet wurde. Ein kleiner Kopf mit weißem, schütterem Haar wurde sichtbar, und eine dünne Greisenstimme fragte: „Wer ist da? Was ist Euer Begehr?"

      „Aramar ist hier, Axylia. Der, den man auch den Blauen Alten nennt. Ich bin gekommen, um dir meine Aufwartung zu machen."

      Niemand sagte etwas, nichts bewegte sich. Dann flog mit einem Knall die Tür auf, und ein kleines, altes Weibchen stürmte heraus und fiel dem Zauberer um den Hals.

      „Wie freue ich mich, dass du da bist! Deine Rückkehr ist die beste Überraschung, die diese trostlose Stadt seit langem erlebt hat. Komm herein, komm herein! Aber wen hast du denn da mitgebracht? Ich sehe, du reist mit großem Gefolge."

      Drinnen war es eng, aber wohlig warm. In der Esse brannte ein kleines Feuer. Der Raum war spärlich eingerichtet und so niedrig, dass alle Männer außer dem Zwerg die Köpfe einziehen mussten. Die Frau holte zwei geschnitzte Stühle aus dem Nebenraum, dann hatten alle einen Platz gefunden.

      „Nun erzähl aber“, sagte sie. „Wo kommt ihr her, und wo geht ihr hin?"

      Zuerst

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