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Ort, an dem ich noch nicht aufgetreten bin. Überall rühmt man meine Kunst."

      „Galowyn, das ist ein Achajername. Was habt Ihr mit diesem Volk zu tun?"

      „Mit den Achajer kann man nichts zu tun haben, denn es gibt sie nur in der Sage. Den Namen habe ich in einem Lied gehört. Er hat mir gefallen, deshalb habe ich ihn angenommen. Ich finde, er passt recht gut zu mir."

      „Es ist ein schöner Name. Einst kannte ich seine Trägerin. Bei Gelegenheit erzähle ich Euch ihre Geschichte. Und wer seid Ihr?" Der alte Mann sprach nun die zweite Frau an. Damit aber war Galowyn nicht zufrieden.

      „So wartet doch. Ich habe Euch noch kaum etwas von mir erzählt. Glaubt Ihr nicht, dass ich erheblich interessanter bin, als die da?"

      „Oh“, entgegnete ihr Aramar, „von Euch weiß ich für den Augenblick genug."

      Damit wandte er sich wieder an die Dienerin und fragte: „Wie heißt Ihr?"

      „Smyrna."

      „Wo kommt Ihr her, und was ist Euer Beruf?"

      „Sie hat keinen Beruf. Sie ist meine Dienerin und kommt aus Strawen. Es liegt im Norden."

      Noch immer geduldig lächelnd sagte der Zauberer: „Ich weiß, wo Strawen liegt. Wie freundlich von Euch, dass ihr für das Mädchen antwortet. Versteht sie unsere Sprache nicht, oder hat sie gar Schwierigkeiten mit dem Sprechen?"

      „Ich kann ganz normal reden, wie andere Leute auch“, fiel Smyrna empört ein. „Sie lässt mich nur nie zu Wort kommen, und ihre Dienerin bin ich schon lange nicht mehr, weil sie mich nicht bezahlen kann."

      „Musst du mich hier vor den Fremden so bloßstellen!" zischte die Sängerin.

      „Wer hat hier wen bloßgestellt? Tatsache ist, dass ich nicht deine Bedienstete bin und auch nie mehr sein werde."

      „Du wirst noch auf den Knien bei mir angerutscht kommen und um eine Stellung winseln."

      „Hört auf! Ich schätze zwar Gespräche am Lagerfeuer, aber nicht die Euren." Aramar war nun wütend. „Wie ist Euer Name?" fragte er Fallsta.

      Dieser gab ihm Auskunft und berichtete, dass er von den Galatzbergen komme.

      „Wer war Euer Vater?"

      „Mein Vater war Fallsta der Ältere. Er siedelte in den nördlichen Busterbergen und ging dort dem ehrbaren Beruf eines Goldwäschers nach."

      „Von Erfolg waren seine Bemühungen scheinbar nicht gekrönt."

      „Es kommt nicht auf den Erfolg an, sondern darauf, dass man seine Arbeit ordentlich und mit all seinen zu Gebote stehenden Fähigkeiten erledigt. Unter diesem Gesichtspunkt war mein Vater sehr erfolgreich."

      „Und was ist Euer Beruf?"

      „Der gleiche wie der meines Vaters."

      „Und, haben sich Eure Mühen gelohnt?"

      „Auch ich war erfolgreich."

      Nun blieb nur noch Urial für Aramars Befragung. Doch der war wortkarg und gab zu verstehen, dass er keine Auskünfte geben wolle.

      „Dann habt Ihr also etwas zu verbergen?" fragte der Zauberer scharf.

      „Nicht mehr als Ihr."

      „Wenn man die Nacht zusammen verbringen will, muss man in diesen Zeiten wissen, mit wem man es zu tun hat." Aramar bohrte weiter.

      „Nun gut. Ich heiße Urial, Usedors Sohn, und komme aus Nowogoro. Genügt Euch das?"

      Als der Name Nowogoro fiel, betrachtete der Zauberer seinen Gegenüber genauer.

      „Nowogoro? Was hattet Ihr dort zu schaffen?"

      „Das geht Euch nichts an."

      „Ich war auch einmal in diesem Kloster. Oder ist es heute kein Kloster mehr?"

      „Es ist eine Stadt mit einem Kloster."

      „Habt Ihr das Kloster betreten?"

      „Kann schon sein."

      „Wer ist heute dort der Herr?"

      „Meister Fraam."

      „So, Meister Fraam."

      Der Ton in Aramars Stimme ließ Urial aufhorchen.

      „Kennt Ihr ihn?"

      „Kann schon sein."

      Nun mischte sich der Zwerg ein.

      „Ihr schleicht beide mit Worten umeinander herum wie Löwe und Tiger. Jeder wartet auf die Heimtücke des anderen, um sie zu parieren. Wollt Ihr nicht besser offen miteinander reden?"

      „Ich wüsste nicht, was es da zu reden gäbe." Urial war nicht bereit einzulenken.

      „Soll ich Euch ein Lied in dieser traurigen Nacht singen? Das wird vielleicht Eure Stimmung heben?" Auch Galowyn wollte nun vermitteln.

      „Nun gut“, Aramar gab nach und hob lächelnd die Schultern, „dann werden wir eben Fremde bleiben."

      Sie teilten die Wachen neu ein und legten sich zum Schlafen nieder, während das Feuer langsam niederbrannte.

      Der nächste Tag war schön und klar. Sogar die Sonne ließ sich sehen und wärmte die frierenden Menschen. Das prächtige Wetter heiterte auch die Gemüter auf. In dem Fichtenwald, der sich links der Straße hinzog, fielen noch dicke Tropfen von den Zweigen. Die weite Ebene auf der rechten Seite dampfte, und der Dunst verhüllte die Wildnis aus Sträuchern und Steinen.

      Niemand war verwundert, als sich die beiden nächtlichen Besucher ganz selbstverständlich der Reisegesellschaft anschlossen. Es gab auch keine Proteste dagegen. Aramar und Glaxca banden ihre Pferde hinten an den Wagen und liefen hinterher. Bald saß Urial allein auf dem Kutschbock, denn die beiden Frauen und der Goldgräber umringten neugierig die neuen Genossen. Da wurde so manches erzählt und Klatsch und Tratsch ausgetauscht. Von Königen und Fürsten war die Rede. Auch die Pausen wurden angenehmer, denn in den Satteltaschen der Pferde befanden sich ausreichend Vorräte, die bereitwillig ausgeteilt wurden. So gab es wieder ordentlich zu essen, was besonders die Stimmung von Galowyn hob.

      Auch am zweiten Tag der Reise sprachen die beiden Zauberer kaum ein Wort miteinander. Sie gingen sich aus dem Weg. Es war deutlich, dass sie nicht viel Sympathie für einander empfanden. Aber den Frauen hatte es Aramar angetan. Sie blieben an seiner Seite und fragten ihn aus, während sich der Goldgräber und der Zwerg über die Tücken von Bergwerken unterhielten. Auch der alte Mann fasste Vertrauen und bald erzählte man sich, was einem gerade so in den Sinn kam. So manches Geheimnis wurde ausgetauscht und Aramar musste schmunzeln, wenn Galowyn von Männern sprach, die sie früher getroffen oder mit denen sie sogar zusammengelebt hatte. Es gelang ihr, diese Liebhaber auf so treffende Weise nachzumachen, dass sie den Zuhörern plastisch vor Augen standen. Von Tag zu Tag kamen der Zauberer und die Frauen sich näher, und auch der alte Mann erzählte schließlich von sich und sogar Geschichten aus seiner Jugend.[i]

      Diese Gespräche stellten sie jedoch ein, als es wieder zu regnen begann. Ein eisiger Wind blies ihnen die Nässe ins Gesicht. Der Himmel war so mit Wolken verhangen, dass es selbst am Tag nicht mehr richtig hell wurde. Bei diesem Wetter redete jeder nur das Nötigste, und alle liefen frierend und müde und hofften auf eine warme Unterkunft. Man konnte kaum die Hand vor den Augen sehen, und so war es nicht verwunderlich, dass ihnen die Soldaten erst auffielen, als sie ihre Pferde neben Urials Wagen zügelten. Es waren Männer aus Strawen. Sie trugen den roten Kreis auf schwarzem Grund auf ihrer Brust. Aramar erkannte in diesem Zeichen das Wappen von Ormor und erbleichte. Die Männer der Reisegesellschaft tasteten nach ihren Waffen, und die Frauen sahen sich nach Fluchtmöglichkeiten um. Doch zum Kampf sollte es nicht kommen. Der Anführer des Trupps befahl lediglich mit barscher Stimme, die Gruppe solle die Straße räumen. Man werde in den nächsten Tagen zurückkommen und wolle dann niemanden mehr antreffen. Dann gaben die Soldaten ihren Pferden die Sporen und trabten weiter durch den Regen nach Süden.

      Als

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