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Misaki und Motorhome. Dann reicht mir der Alte eine Küchenrolle um mein Gesicht zu Säubern.

      Zehn Minuten später kommt Misaki ziemlich Mißmutig ins großzügige Wohnmobil, ihr Tonfall wirkt etwas ärgerlich.

      Der Vater zeigt nur gelangweilt mit dem Daumen auf mich.

      Misaki dreht sich, erstarrt, sieht mich an wie einen Geist. Fängt stark zum zittern an. Zwei Schritte Anlauf, springt mir um den Hals, reisst mich nieder. Ich liege also heute schon zum zweiten mal auf dem Boden.

      Fast wie der alte Pabst an jedem Flugplatz. Diesmal wenigstens auf dem Rücken und nur eine Frau auf mir. Statt 5 Männern.

      Misaki stiert mich an.

      Fassungslos. Zittert vor Aufregung, hat eiskalte Hände. Ein Kahnbein mit dickem Pflaster. Streichelt mich endlos im Gesicht.

      Miky, Miky, Miky. Du bist es, du bist es! Misaki schwankte zwischen Ohnmacht und Durchdrehen. Ich war peinlich berührt, konnte mich für den Moment nicht richtig freuen, zu groß die Unsicherheit und Angst.

      Der Vater steht ziemlich nachdenklich da und beobachtet seine Tochter genau. Diese spontane heftige Reaktion hat er niemals erwartet.

      Jetzt musste er sogar selber zugeben dass er seine Tochter immer völlig falsch Eingeschätzt hatte. Doch was nun?

      „Miky…… Warum…..Was……Wieso……“ Mischte Deutsch und Englisch, brachte einfach keinen kompletten Satz zustande.

      Ein weiterer Funkspruch. Der Vater rüttelte Misaki leicht an der Schulter, sagte was auf Japanisch zu ihr.

      Sie ignorierte. Sagte wieder etwas, zog sie grob am Kragen vom Boden hoch, ich rappelte mich auch auf. Misaki sah mich an, besann sich.

      „Miky, versprich mir nicht davon zu Laufen! Ich muss raus, nochmal eine Zeit fahren.

      Warte auf mich in der Box. Ich will dich sehen wenn ich zurück komme.“

      Misaki eilte durch die Wagenburg, mich an der Hand in die Box zurück, setzte mich in der Kommandozentrale neben die Monitore. Sonst beachtete mich niemand, der zweite Fahrer war gerade mit dem Ersatzmotorrad auf der Strecke. Misaki setzte ihren Helm auf, man half ihr mit dem Handschuh über das Pflaster.

      Ihr Blick durch das offene Visier veränderte sich beängstigend. Sie schlüpfte in ihre Rolle. Wurde angeschoben, fuhr los.

      Die Mechaniker merken sofort dass etwas anders ist, stehen alle fasziniert an den Monitoren.

      Das Moped von Anfang an nur noch am schwänzeln, driften, steigen. Das Vorderrad fast nur noch zum Bremsen am Boden. Das ist Normal, die geübten Augen jedoch sahen den Unterschied. Misaki prügelt schon in der Aufwärmrunde das absolut letzte raus.

      Auch eine Art die Reifen zu wärmen?

      Sie fährt im Anschluss 4 volle gezeitete Runden beständig am absoluten Limit. Ihrem Limit, das der Maschine schien lange Überschritten. Was geht. Mehrfach schlug der eine oder andere Mechaniker die Hände über dem Kopf zusammen.

      Wildes Pendeln des Vorderbaus beim Beschleunigen, tiefschwarze Striche am Asphalt. Eine Lehrstunde für >mit dem Hinterrad lenken<. Atemberaubende Schräglagen, rücksichtsloses Prügeln über die Curbs.

      Bis die speziellen Qualifier-Reifen schlagartig abbauen. Misaki kam mit dem Superbike in die Box.

      Als erste in der offiziellen Rangliste. Die Mechaniker applaudieren. Das Motorrad stinkt nach verbranntem Gummi und überhitztem Öl. Misaki geht voller Abscheu an ihrem Vater vorbei, der sich unbemerkt mit an die Monitore gesellte.

      „Hier hast du deine scheiß Zeit!“ Sagte es auf Englisch, dass ich es auch mitbekommen sollte. Geht zu mir und führt mich an der Hand in die Umkleide, ließ mich zusehen wie sich ein Rennfahrer langsam in einen Zivilisten verwandelte. Die feine Unterwäsche extrem Feminin, die Oberbekleidung wie ein Mann. Ich hatte keinen Blick für ihren Körper, sah mich die ganze Zeit um ob jemand hereinkäme.

      Misaki sagte derweil kein Wort, wirkte aber Entschlossen. Ich wusste auch nichts zu Sagen. Zu seltsam der Moment.

      Kurze Zeit später in Zivil führte sie mich wieder an der Hand durch die Reihen der parkenden Sattelschlepper im Paddock. Plötzlich ohne jede Scheu vor den massenhaften Kameras.

      Im gehen gegen Ende des ersten Zeittrainigs sehe ich auf der großen Anzeigentafel dass Misaki zum Schluß noch auf den zweiten Platz geschoben wurde, das zweite Zeittraining am Nachmittag schwänzte sie damit Einfach.

      Jedoch aus der ersten Startreihe sollte sie nicht mehr verdrängt werden. Es war ihr absolut gleichgültig. Sie schnappte sich irgendeinen Scooter im Fahrerlager, in Sonda-Werksfarben lackiert. Vom Klang her wohl ein Achtelliter.

      Wir verliessen ohne Helme das Streckengelände. Ein Polizist wollte uns Anhalten, sah ihr ins Gesicht, stutze, salutierte und winkte uns weiter.

      Wir fuhren ziemlich lange. Ich kuschelte mich an den muskulösen Rücken mit ausgeprägtem Nacken, vermisste schmerzlich das wirbeln der ehemals so kräftigen langen Haare in meinem Gesicht. Der Wind war etwas kühl, die Witterung Bedeckt mit schnell ziehenden Wolken.

      Mein Blouson für Moped eigentlich zu dünn. Sie befuhr kleinste Nebenstraßen, ich verlor jede Orientierung.

      Sie hielt erst an als wir in den Bergen waren. Ein kleiner Parkplatz, ein eisernes Eingangstor. Ich kenne mich mit dem Buddhismus nicht aus, glaube auch nicht an so sakralen Krimskrams.

      Misaki wurde plötzlich sehr Andächtig und Ehrfürchtig, mir erschien es deshalb als ein heiliger oder spritueller Ort. Sie führte mich zu einer Pagode mit drei steinernen Wänden aus einzelnen gemeisselten Steinplatten. In der Mitte eine steinerne Bank, wir setzten uns, die Anspannung fiel ab. Endlich konnten wir reden.

      Endlich!

      Mir fiel echt nichts besseres ein: „Du bist ziemlich schwer geworden, Misaki?“

      Sie kicherte. „Du bist soo Galant, Miky! Ja, ich musste in der Folterkammer ziemlich Muskelmasse auftrainieren damit ich das starke Motorrad auf Dauer halten kann. Ich habe jetzt 60 kilo, also 15 mehr wie du mich noch kennst.“

      „Und was machen wir hier, was ist das?“

      „Hier in diesem Schrein dort ist die Urne von Haruto und die meiner Großeltern aufbewahrt. Ich komme manchmal hierher zum Nachdenken oder wenn ich nicht mehr weiter weiß.“

      „Und dann redest du mit den Toten?“ Es fiel schwer ein ernstes Gesicht zu bewahren.

      „Ja.

      Buddhisten glauben an Geister. Siehst du das kleine Holzhäuschen da drüben auf dem Pflock?“

      Ich drehte meinen Kopf und nickte.

      „Dort wohnen die bösen Geister. Hier unter diesem Dach wohnen die guten Geister. Sie begleiten die lebenden.“

      „Aber wie soll das …….

      Funktionieren?“ Gerade noch fand ich ein höfliches Wort.

      Misaki stand auf, nahm mich feierlich bei der Hand, führte mich zur besagten Steintafel. „Miky, du musst auch deine Hand da drauf legen!“

      So bildeten wir zwei einen kleinen Kreis. Nebenan verbeugte sich eine alte Frau zu uns, verließ die Pagode. „Wir rufen jetzt die Geister an.“ Es fiel mir immer schwerer nicht loszulachen.

      Misaki schloß die Augen und senkte den Kopf. Begann mit leisen Worten in Deutsch:

      „Haruto, wir sind heute hier weil ich nicht mehr weiter weiß. Miky ist gekommen zum Beweis seiner aufrichtigen Liebe. Ich spüre er will mit mir zusammen bleiben.

      Ich

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