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mit ihm dem Meer der Unendlichkeit entgegen. Mancher Bach fließt schnell, mancher plätschert gemächlich vor sich hin. Auch wenn David vor mir gehen muss, irgendwann werden unsere beiden Tropfen Leben sich in der Unendlichkeit des Meeres wiedertreffen.“

      Festus klappt den Mund, der ihm bei Carols langer Rede aufgeklappt ist, wieder zu und schluckt. „Du wirst mir immer unheimlicher, Kind. Was haben die in diesem komischen Kaff, in dem Du die letzten Monate gewesen bist, mit Dir angestellt? Das hätte kein gelehrter Mann besser ausdrücken können. Du scheinst im Kopf erwachsen geworden zu sein. Wenn ich das so höre, denke ich auch, dass Du alles richtig machen wirst. Und wenn nicht, findest Du trotzdem eine passende Lösung.“

      Die folgenden Wochen sind wie immer angefüllt, mit harter Arbeit und zusätzlich den Vorbereitungen für die geplante Doppelhochzeit. Der Rancher treibt seine Leute in ungewohnter Art an, Arbeiten zu erledigen, die eigentlich auch noch etwas Zeit hätten. Der Vormann schüttelt manchmal insgeheim den Kopf, wenn wieder eine Sonderorder erteilt wird.

      „Komisch“, sagt er an einem Nachmittag zu Blacky, als er ihm seine Aufgabe zuweist, „es kommt mir manchmal so vor, als hätte Carpenter die Absicht in vier Wochen die Hälfte seiner Arbeiter zu entlassen.“

      „Stimmt“, grinst sein blonder Freund, „man kriegt fast den Eindruck, als wolle er jetzt schon alles winterfest machen.“ Er tippt sich an die Stirn. „Alte Leute werden manchmal etwas wunderlich.“

      Carol bemerkt von diesem merkwürdigen Verhalten so gut wie nichts. Sie ist wieder ganz die Alte und je härter die Arbeit ist, umso mehr blüht das Kind auf. Sie wächst mit jeder Aufgabe und ihre Fröhlichkeit wirkt ansteckend.

      Neben ihrem Job muss sie auch noch häufig zusammen mit Susan nach Ebony Town zur Schneiderin und zum Tätigen von massenhaft Einkäufen. Mit großem Hallo ist sie auch in der kleinen Stadt wieder begrüßt worden und jeder erklärt ihr, wie gut sie aussähe und dass ihr der Urlaub sehr gut bekommen sei, dass man sich aber freue, dass sie endlich wieder zurückgekehrt ist.

      Die Schneiderin will die Mädchen so oft wie nur möglich zur Anprobe dahaben, denn die Brautkleider werden sehr aufwändig gearbeitet und es ist Miss Jeannies ganzer Stolz, jede Arbeit perfekt auszuführen, besonders die Roben für solch einen großen Tag.

      Carol griemelt manchmal darüber, denn sie findet den ganzen Zinnober recht überflüssig. Für die paar Stunden so ein Aufstand mit den Klamotten. Doch sie macht gute Miene zu dem ganzen Spiel, da sie ihrer aufgeregten Freundin die Freude nicht verderben möchte.

      Innerlich steht sie den prunkvollen Brautkleidern allerdings ein wenig ablehnend gegenüber. Für ihren Geschmack sind sie zu übertrieben mit ihren vielen, vielen Rüschen und den tausenden von kleinen Perlchen, mit denen sie bestickt sind. Aber Susan möchte es eben total verspielt und romantisch.

      Beide Girls werden, so war es Susans Wunsch, das gleiche Modell tragen, nur mit dem üblichen Unterschied, Susans Kleid ist ärmellos und Carol bekommt, trotz der zu erwartenden hochsommerlichen Hitze, die unvermeidlichen langen Ärmel.

      Bei einem dieser Stadtbesuche läuft den Mädchen Max Perkins, der Vormann der Johnson-Ranch, über den Weg. Er grüßt sehr höflich und starrt dann unverhohlen Carol an, der es siedend heiß einfällt, dass sie bisher noch immer keine Zeit gefunden hat, sich mal auf der Johnson-Ranch umzusehen. Das Mädchen versucht keineswegs auch nur im Mindesten damenhaft zu wirken und starrt genau so unverhohlen zurück. „Kennen wir uns nicht irgendwoher?“, will er schließlich wissen.

      Carol grinst von einem Ohr zum anderen. „Klar doch, wegen mir haben Sie sich mal mit dem jungen Johnson, Gott habe ihn selig, geprügelt und damit meine Ehre gerettet.“

      Der verstorbene junge Johnson war der Juniorboss der Johnson-Ranch und ein rechter Schürzenjäger. Bei einer Viehauktion hatte er mal versucht, Carol zu vergewaltigen, was aber durch den beherzten Eingriff Perkins verhindert werden konnte.

      „Und außerdem bin ich die Schwester von John Blake, der wegen dem Mord an Junior, obwohl völlig unschuldig, fast aufgeknüpft worden ist“, fährt sie ungerührt fort und starrt noch bohrender.

      Verblüfft sperrt der Mann den Mund auf. „Was, Sie sind das? In diesem Aufzug hätte ich Sie im Leben nicht wiedererkannt.“

      „Macht nichts, ich bin Kummer gewöhnt. Wissen Sie, Kleider sind beim Zäune flicken und Kälberbrennen furchtbar unpraktisch und unbequem. Außerdem fühle ich mich darin immer wie in einem Gefängnis.“

      „Dann müssen Sie die vielgepriesene Carol sein, die wie eine Legende über die Johnson-Ranch flattert.“

      „Ob vielgepriesen weiß ich nicht, aber Legende halte ich doch wohl für stark übertrieben. Immerhin lebe ich ja noch und ich bin nur ein Cowboy, wie alle anderen auch.“

      „Das kann ich nicht sagen. Sie sind zumindest viel hübscher als alle anderen Cowboys.“

      Carol prustet: „Danke für die Blumen, ich stelle sie zuhause in die Vase zu den anderen.“

      Abschätzend blickt Perkins an der jungen Frau herab und sein Blick bleibt an ihren Händen haften. Carol bemerkt es, hält die gespreizten Finger in die Höhe und dreht ihre Hände, um sowohl Vorder- als auch Rückseite zu präsentieren. „Nicht besonders weiblich, stimmt’s?“

      „Stimmt“, antwortet der Mann trocken, „aber sie sind trotzdem schön. Sie lassen erkennen, dass Sie wirklich hart arbeiten können. Dann scheint das also doch zu stimmen, was immer erzählt wird, dass Sie jede nur erdenkliche Cowboyarbeit leisten, ohne zu Murren. Ich dachte eigentlich, dass wäre nur gesponnenes Cowboygarn.“

      „Nö, ich liebe diese Arbeit, außerdem werde ich gut dafür bezahlt und hervorragend behandelt. Dabei fällt mir übrigens ein, was machen die Schafe? Haben Sie sich schon ein wenig an die Viecherchen gewöhnt?“

      „Ach, wissen Sie, Miss, ich mag sie nicht und ich werde mich bestimmt nicht an ihr Geblöke gewöhnen, aber andererseits bin ich ja froh, dass ich noch Arbeit habe. Es wird in unserem Job immer schwieriger, irgendwo eine Anstellung zu finden. Deshalb werde ich mit den Biestern wohl meinen Frieden schließen müssen. Es ist halt der ganze Ablauf. Es ist alles noch so neues und unbekanntes Terrain. Bei ’nem Rindvieh hatte man was Reelles vor sich, aber bei den Schafen, wo man hin packt, Wolle, Wolle und noch mal Wolle.“

      Carol lacht herzlich. „Das ist doch der Sinn der Sache, Mister. Ich kann verstehen, dass Sie sich erst an den ganzen Kram gewöhnen müssen, aber es zeichnet Sie aus, dass Sie es überhaupt tun. Ich hätte wirklich nie gedacht, dass Mr. Carpenter meine Idee so schnell in die Tat umsetzen würde. Wenn ich denke, was ich für eine Angst hatte, als ich mit dem Wahnsinnsvorschlag an ihn herangetreten bin. Ich dachte, er würde mich vielleicht sogar rauswerfen. Aber nein, er hat mir interessiert zugehört, sich beständig Notizen gemacht und dann den Vormann, wenn auch ziemlich mühsam, überzeugt.“

      „Also, für sein Alter ist der Rancher noch sehr aufgeschlossen. Auch wenn es uns Rindergewöhnten nicht so ganz schmeckt, aber das mit den Schafen war ein taktisch kluger Schachzug. Das muss selbst der größte Skeptiker neidlos zugeben. Wenn alles richtig läuft, werden die Wollknäule eine Goldgrube öffnen.“

      „Mr. Carpenter ist schon ein ganz besonderer Mann. Er ist aus anderem Holz geschnitzt, wie Ihr Mr. Johnson. Und das mit der Goldgrube werden wir mit Ihrer Hilfe schon hinkriegen, Mister. Widefield, Blacky und meine Wenigkeit arbeiten daran.“

      Perkins versucht sein gewinnendstes Lächeln. Susan bemerkt, dass er versucht, mit Carol zu flirten und spürt einen kleinen Stich der Eifersucht. Sie runzelt die Stirn und zupft die Freundin leicht am Ärmel.

      „Nun, Miss ...“, strahlt der Johnson-Vormann das rothaarige Girl an.

      „Blake, Miss Carol Blake“, hilft sie schmunzelnd weiter, denn der Flirtversuch ist nicht nur Susan, sondern auch ihr selber aufgefallen.

      „Nun, Miss Blake, dann werden wir uns demnächst ja öfter sehen. Ich freue mich schon darauf.“

      „Das glaube ich gerne!“, brummelt Susy, die den Mann aus einem ihr nicht

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