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nach einer eigenen Familie, einer heilen Familie, in der nicht um ein Familienmitglied getrauert werden muss, weil Fehler gemacht wurden. Ich weiß, dass ihr mich beide geliebt habt, Du, genau so, wie Daddy, doch ich hatte immer das Gefühl, der größte Teil Eurer Liebe gehörte John.“

      Das Klopfen an ihrer Zimmertür lässt sie in ihren trübseligen Gedanken innehalten und sie verscheucht sie sofort, um mit klarer Stimme zu rufen: „Ja bitte!“ Neugierig schaut sie zur Tür, die sich vorsichtig öffnet. Susans Kopf schiebt sich durch den Spalt. „Störe ich? Ich habe Dich sprechen gehört.“

      „Iwo, komm rein, ich führe nur mal wieder lautstarke Selbstgespräche mit Carol!“, lacht das rothaarige Kind und die Freundin betritt, sich umsehend, den Raum. „Ich bin das letzte Mal hier drin gewesen, an dem Morgen, an dem Du uns so fluchtartig verlassen hast. David war wie ein Verrückter ins Haus gekommen, hat mir Deinen Brief in die Hand gedrückt und ist die Treppe hoch und hier rein gestürmt. Wenn ich denke, was für harte Worte hier gefallen sind. Ich habe ihn als mieses Schwein bezeichnet. Kannst Du Dir das vorstellen? Und dann erst die Antwort, die er mir daraufhin gab. Ich werde noch heute rot vor Scham, wenn ich daran denke. Ich bin hier raus gerast, als mein Großvater kam und wissen wollte, was die ganze Aufregung zu bedeuten habe. – Und dann habe ich das Zimmer nicht wieder betreten, ich konnte es einfach nicht.“

      Susans Überraschung

      Die Mädchen reden und reden, als wollten sie die gesamten Wochen an einem halben Nachmittag durchhecheln.

      Carol erzählt von ihren Erlebnissen und die zwei kichern sehr viel, fast wie in den Zeiten vor dem Erwachsenwerden. Die Fehlgeburt streift das rothaarige Girl nur ganz beiläufig, als wäre das eine Geschichte, die sie nur vom Hörensagen von jemand anderem mitbekommen hat und ihre Freundin ist taktvoll genug, nicht weiter zu bohren, denn sie weiß ohnehin, dass Carol ihr die ganze Sache bei passender Gelegenheit haarklein schildern wird.

      Nach einer ganzen Weile wird das blonde Mädchen aber doch ein wenig unruhig und fast tonlos flüstert sie: „Du, Carol, sei mir nicht böse, dass ich Dich unterbrechen, aber ich brenne darauf, Dir etwas ganz Wichtiges zu erzählen.“

      Neugierig schaut die so Angesprochene auf die Enkelin ihres Gönners. Sie hat die Freundin überhaupt nicht zu Wort kommen lassen und ein Fünkchen schlechtes Gewissen lodert in ihrem hübschen Köpfchen auf.

      Susans blaue Augen haben einen ganz besonderen Glanz angenommen, sie strahlen und ihr Gesicht bekommt einen recht eigentümlich verklärten Ausdruck, wie ihn Carol bei ihr noch nie gesehen hat.

      Bei dem rothaarigen Girl fällt der Nickel und es geht ebenfalls ein Leuchten über ihr Gesicht und in die smaragdgrünen Augen tritt ein gewisser Schalk. „Wenn ich Dich so ansehe, weiß ich längst, was los ist“, strahlt sie die Freundin an. „Du hast Dich unsterblich verliebt, stimmt’s?“

      Verblüfft reißt Susan die Augen auf und klappt den Unterkiefer herab. „Woher weißt Du das? Hat Großvater Dir schon etwas verraten?“

      Carol lacht. „Aber nein, Du solltest Deinen Großvater doch wohl besser kennen.“ Sie umarmt die Freundin herzlich. „Du Hascherl, man kann es Dir auf Meilen ansehen, dass Dir ein Mann den Kopf gehörig verdreht hat. Das kannst Du niemandem verheimlichen, Du strahlst nämlich heller, als die Sonne.“

      „Wirklich? Ach, Carol, ich bin aber auch wirklich irre verliebt. Ich hatte schon Angst, dass ich es Dir nicht mehr rechtzeitig erzählen kann, denn ich werde bald heiraten.“ Sie jubelt den letzten Satz.

      Jetzt ist Carol verblüfft. „Ist nicht wahr! Mir scheint, ich habe in meiner Abwesenheit so einiges verpasst.“

      Carol sperrt vor Überraschung den Mund weit auf, dann legt sich ihre Verblüffung und sie grinst: „Und da lasse ich mich von dem Boss und Jonny nur deswegen wieder her schleifen, weil sie behaupten, ohne mich würdest Du hier auf der Ranch versauern und dass sie Angst hätten, das Du zur alten Jungfer werden könntest. Diese Lügner!“

      „Sie werden es nicht gewusst haben, denn bislang habe ich noch mit niemandem darüber geredet.“

      „Du bist mir ja vielleicht eine von der ganz schnellen Sorte.“ Neugierig legt die Jüngere den Kopf schief und fragt: „Nun sag schon, wer ist es? Kenne ich ihn?“

      „Ja, und nein“, antwortet Susan ausweichend.

      „Ja und nein? Was ist das für eine Antwort? Nun lass es endlich heraus und erzähl mir, wer der Glückliche ist. Ich platze gleich vor Spannung.“ Carol ist wirklich zum Umfallen neugierig. Sie lässt alle brauchbaren männlichen Wesen von Ebony Town vor ihrem geistigen Auge Revue passieren, doch die kennt sie alle nur zu gut und ehrlich gesagt ist keiner dabei, von dem sie sich vorstellen kann, dass er Susys Herz so schnell entflammt haben könnte. - Wen kennt sie und kennt ihn doch nicht? Höchstens den Assistenten von Dr. Steel, aber der war doch verlobt. Oder der Neffe von Richter Harrods, der ist ihr ein oder zwei Mal über den Weg gelaufen und schien ganz passabel. Oder ist es der Sheriff, aber nie nicht, den kennt sie sogar richtig gut.

      „Sue, mach es doch nicht so spannend“, jammert das Girl matt. „Ich kann es nicht länger aushalten.“

      Susan schmunzelt, macht eine theatralische Handbewegung in Richtung ihrer Brust und sagt: „Jetzt, wo Du wieder zurück bist, kann ich es wagen, richtig glücklich zu sein und werde mit Freuden schon in vier Wochen Mrs. Susan Markamp sein!“

      „Nein, ehrlich?“ Carol quiekt auf. „Ich dachte, der gute Mann wäre auf Nimmerwiedersehen nach Deutschland zurückgekehrt. Also kommt er wieder her. Finde ich echten Wahnsinn. Wann um Himmels Willen hast Du beschlossen, ihn zu heiraten?“

      „Och, schon vor ewigen Zeiten. Eigentlich wollten wir schon vor ein paar Monaten diesen Schritt wagen, doch Dein Verschwinden hat alles hier so gründlich durcheinandergebracht, dass ich mir eine längere Bedenkzeit erbeten habe. Aber jetzt will Bruno nicht mehr warten. Er hat für die Zukunft so einige Pläne und hätte endlich gerne klare Verhältnisse. Na ja, er hat schließlich auf eine Entscheidung gedrängt und als wir die Mitteilung in den Händen hielten, dass die Jungs Dich gefunden haben, haben wir uns einen Termin ausgeguckt.“

      Das jüngere Mädchen wiegt bedenklich und auch ein wenig nachdenklich den Kopf. „Lieb von Dir, dass Du auf meine Anwesenheit an Deinem großen Tag so viel Wert legst, dass Du sogar die Planung danach ausgerichtet hast.“ Sie seufzt: „Und was macht ihr nach der Hochzeit? Gehst Du dann mit ihm nach Europa?“

      „Nun, fürs erste hat Bruno eine Stelle in Boston angenommen. Aber das Angebot mit der Stelle ist nur vorübergehend, es stehen wohl noch ein paar Bewerber zur Auswahl. Wenn ich also nicht bald ja sage, geht er doch nach Deutschland zurück, denn er hat auch dort einige sehr gute Angebote und muss sich schon sehr bald entscheiden. – Doch er behauptet, er habe sich so unsterblich in mich verliebt, dass es ihm schon bei unserer ersten Begegnung in der Kirche klar geworden ist, dass nur ich als seine zukünftige Frau in Frage käme.“

      „Oh“, Carol verzieht das Gesicht, als hätte sie Zahnschmerzen. „Erinnere mich bloß nicht an den Tag. Ich habe Euch da ja einen Auftritt hingelegt, der war vom allerfeinsten. Benehmen ist meistens Glückssache und an dem Tag war ich wirklich absolut glücklos. Nur gut, dass Du den Mann gleich so vollkommen verzaubert hast, sonst hätte ich Dir womöglich alle Deine Chancen vermasselt.“

      „Ach, das glaube ich nicht. Er hat mich auch von der ersten Sekunde an fasziniert und schon beim ersten Blickkontakt hat es gefunkt. Kannst Du Dich erinnern, als Du drei Briefe von ihm von der Poststation mitgebracht hast, kurz bevor Du Dich aus dem Staub gemacht hast?“

      „Klar kann ich das. Dein Großvater hat den an ihn gerichteten gelesen, erst die Stirn gerunzelt und dann gestrahlt, wie ein Honigkuchenpferd.“ Carol runzelt die Stirn und zieht eine Grimasse. „Den Tag werde ich sowieso nie vergessen, denn da war ich das erste Mal wegen der Schwangerschaftsanzeichen bei Dr. Steel.“

      Susan tut, als hätte sie die letzte Bemerkung nicht gehört. „Das war die Briefe, in denen er um meine Hand angehalten hat. Ich wollte es Dir erzählen,

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