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      Gleichgültig überging Fido seine Äußerung. „Ich kann Euch bei Eurem Vorhaben behilflich sein.“

      Verärgert funkelten ihn Jaricks heller werdende Augen an. Sein zweites Gesicht kam zum Vorschein, denn seine Iris war nun fast weiß mit einer Nuance Blau, und seine Eckzähne verlängerten sich merklich.

       „Wohl kaum“, stieß Jarick zwischen seinen Zähnen bedrohlich aus. „Kehrt wieder um und lasst mich in Ruhe!“

      Erneut wagte Fido es, ihm zu widersprechen. „Ich verstehe Euch nicht. Ich biete Euch meine Unterstützung an, und Ihr verweigert sie. Anscheinend muss man Euch zwingen, Hilfe anzunehmen.“ Krampfhaft biss Jarick seine Zähne zusammen und ballte die Fäuste, um seine Wut zu bändigen. Am liebsten hätte er diesem Drauger eine Lektion erteilt, aber er wollte ihm nicht seine wahre Stärke zeigen. Nur das Nötigste sollte dieser Aufschneider von ihm erfahren. Es reichte vollkommen, wenn Fido Tanner ihn für einen ehemaligen menschlichen Gardisten hielt, dem die Ehre zuteilgeworden war, in einen Drauger verwandelt worden zu sein.

      Im Augenwinkel nahm er seinen Freund Till wahr. Als dieser sich im Schatten des Gebüschs befand, warf er seine Kapuze zurück. „Warum dauert es so lange?“, fragte er sogleich.

      „Fido bietet uns seine Hilfe an“, ließ Jarick ihn in einem kühlen Ton wissen.

      „Wir brauchen Eure Unterstützung nicht“, zischte Till resolut an den Drauger gerichtet.

      „Wieso seid Ihr Zwei nur so dumm? Birger sind hinter Euch her, und Ihr verhaltet Euch wie dumme Kinder, die meine Hilfe nicht annehmen wollen“, konterte Fido ungehalten.

      „Ich hoffe für Euch“, drohte Jarick kalt, „dass Ihr die Birger nicht zu uns geführt habt.“

      Till schenkte ihm einen vielsagenden Blick. Durch verbale Überzeugungskraft wurden sie Fido nicht los, aber sie konnten ihn auch nicht außer Gefecht setzen, denn das käme gleich, ihn zu richten. Die Birger würden eine solche Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen, einem hilflosen Drauger den Garaus zu machen. Ihnen blieb wohl nichts anderes übrig, als ihn zu dulden. Zumindest vorerst, bis sie eine Möglichkeit fanden, ihn wieder zu verlieren.

      Schweigend trieb Jarick Samru an, während Till und auch Fido sich ihre Kapuzen über den Kopf stülpten, bevor sie ihm folgten. Unnötigerweise zog auch Jarick sich die Kapuze über sein Haupt, rasch holte er die anderen galoppierend ein.

      Neugierig schaute Nela zu dem neuen Mitglied ihrer kleinen Kolonne. Als sie ihn erkannte, flackerte Unbehagen in ihren Augen auf.

      „Wer ist das?“, fragte der Berserker misstrauisch, während er sein Pferd zwischen Fido und Tristan lenkte. Demonstrativ zeigte er, dass er seinen Schwur, die beiden zu beschützen, ernst meinte. Eher würde ein Berserker sterben, als sein Versprechen zu brechen.

      „Fido Tanner. Er bietet uns seine Hilfe an.“ Allerdings schwang in Tills Stimme ein Ton mit, der klarstellte, dass der Huscarl dem Neuankömmling nicht vertraute. Daraufhin legte Bado eine Hand an seinen Schwertknauf.

      „Weiter“, befahl Jarick, daraufhin setzte sich die kleine Gruppe wieder in Bewegung. Die vier Menschen ritten vorne, währenddessen die drei Drauger die Nachhut bildeten. Immer ein wachsames Auge auf Fido gerichtet, konzentrierte Jarick sich auch auf die Umgebung. Nur ungerne ließ er sich von den Birgern überraschen.

      Viel zu lange und zu gierig starrte Fido den zarten Hals der Walküre an. Das gefiel Jarick gar nicht! „Sie ist eine Walküre!“ Augenblicklich wandte der Ermahnte seinen Blick von ihr ab.

      „Wirklich?“, stieß Fido überrascht aus. „Ich dachte, sie wäre eine Blotja.“

      Alarmiert schaute Tristan zu dem ungebetenen Gast in ihrer Mitte. Die angespannte Körperhaltung des Schicksalswächters signalisierte eindeutig, dass er Fido nicht in Nelas Nähe haben wollte und sofort mit ihr verschwand, sobald er seinen Schützling in Gefahr sah.

      „Wie lautet unser Auftrag?“, fragte Fido nach einer Weile, als sie einen abgelegenen Waldpfad folgten. Nur spärlich ließ das Blattwerk die Sonnenstrahlen hindurch.

      „Es gibt keinen Auftrag“, erwiderte Till genervt.

      „Es hat etwas mit den Birgern zu tun, oder?“, flüsterte Fido verschwörerisch. Resignierend atmete Till aus und stülpte nun seine Kapuze nach hinten. Absichtlich ließ Jarick den Abstand zu den anderen größer werden. Er hoffte, dass sich eine Möglichkeit ergab, Fido gewaltfrei loszuwerden.

      Im Schutz seiner Kapuze schaute Jarick unbemerkt zu Nela, die sich mit ihrem Schicksalswächter unterhielt. Neugierig strengte er sein Gehör an, um dem Gespräch zu lauschen.

      „… dauert es noch?“, bekam er noch von dem Satz mit.

      „Wir können sicherlich bald eine Pause machen“, meinte Tristan verständnisvoll.

      Leider musste Jarick sie enttäuschen. Noch konnten sie keine Pause einlegen. Je größer der Abstand zu ihren Verfolgern wurde, desto sicherer und freier konnten sie sich bewegen. Er trieb Samru an, um zu den beiden aufzuschließen.

      „Erst, wenn es dunkel wird, können wir rasten“, sagte er streng. Verstehend bewegte sie ihren Kopf, aber schaute ihn auch überrascht an, dass er ihr Gespräch mitbekommen hatte. Es war offensichtlich, Nela war diese Art von Strapazen nicht gewohnt. Seit Stunden saß sie mit schmerzenden Schenkeln im Sattel und hatte jetzt erst dezent nach einer Pause gefragt. Ihre Stärke und Willenskraft beeindruckten ihn.

      „Sobald wir einen geeigneten Platz für das Nachtlager finden, werden wir halten“, versprach Jarick. Tatsächlich dauerte es nicht lange, bis Jarick einen passenden Standort für ihr Lager fand. In der Nähe gab es sogar einen kleinen Weiher. Dort konnten sie die Pferde tränken und sich waschen. Tief in Gedanken versunken, beobachtete Jarick die kleine Gruppe beim Aufbauen des Nachtlagers und strich über Samrus Mähne.

      „Warum haben Sie vorhin aus heiterem Himmel erwähnt, ich sei eine Walküre?“, sprach Nela ihn unerwartet an.

      „Fido ist ein Drauger, und es ist jedem Drauger untersagt, das kostbare Blut einer Walküre nach Belieben zu trinken. Sehr strenge Vorgaben regeln diese Angelegenheit.“

      Nelas Lippen kräuselten sich zu einem Schmunzeln, dabei schüttelte sie verständnislos den Kopf. „Drauger sind Vampire, oder?“, vergewisserte sie sich.

      Doch Jarick war nicht derjenige, der ihr antwortete. „Ja“, mischte Till sich ein. Ungläubig setzte sie an, etwas zu sagen, aber entschied sich dann doch dazu, ihre Äußerung für sich zu behalten. Steifbeinig ging sie zum Lagerfeuer, das Bado gerade entzündet hatte, und kramte die Kochutensilien aus einem Rucksack heraus. Zögernd begab sich Jarick zu ihr, während die anderen den Baldachin aufbauten.

      „Ihr könnt Till und mir vertrauen“, musste er jetzt einfach äußern. Mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck schaute sie ihn an.

      „Ich möchte nicht unhöflich oder beleidigend sein, aber das ist doch alles nicht wahr. Es ist nicht real. Es gibt keine Vampire und auch keine Walküren“, entgegnete Nela überzeugt.

      Wieder kam Till Jarick zuvor, der gerade Holz auf das Feuer legte. „Die Tür zu einer anderen Welt hat sich Ihnen geöffnet. Fangen Sie an, an das Mysteriöse und Mystische zu glauben. Sie sind davon umringt.“ Augenblicke später bedachte der Drauger sie mit einem sehr ernsten Gesichtsausdruck. „Sie werden die Wahrheit mit Ihren Augen erkennen.“

      Nela kam nicht mehr dazu, sich zu Tills Bemerkung zu äußern, weil Fido schneller als erwartet Ärger verursachte. Lautstark blaffte er Bado an. Schnell stand Jarick auf seinen Füßen, um mit großen Schritten zu den Streitenden zu eilen.

      „Das ist mein Schwert!“, erwiderte Bado besitzergreifend und hielt das Heft eisern fest.

      „Ich will es mir doch auch nur ansehen, du Trampeltier!“, entgegnete Fido verärgert und griff wieder nach der Hiebwaffe.

      „Fido“, ermahnte Jarick ihn mit einer durchdringenden Stimme, „einem Berserker sind seine Waffen heilig. Ein Krieger vertraut nicht jedem seine

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