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nicht, was es war. Aber sie mochte es. Und während sie tanzten, versank ihr Blick im Blau seiner Augen. Ihrer beider Lippen suchten einander, seine Zunge und seine Zähne liebkosten sie. Sie waren eins, und Laura ließ es geschehen. Es war ihr gleichgültig, ob ihnen jemand zuschaute, ob die Rivas davon erfuhren... Was machte das schon? Umschlungen tanzten sie und tanzten..., und irgendwann später, - sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren, - bewegten sie sich in Richtung Ausgang. Ohne einander loszulassen führte er sie hinaus in die Dunkelheit. Noch immer gierig von den Lippen des anderen trinkend fanden sie sich auf der Rückseite des Hauses wieder. Er hob sie an den Schenkeln hoch und setzte sie behutsam auf den Sims eines zugemauerten Fensters. Ihre Beine umschlangen seinen Körper, ihre Hände verloren sich in seinem Haar. Mit der einen Hand öffnete er ihr Kleid, griff unter ihren BH und streichelte ihre Brüste, die andere fuhr ihren Schenkel hinauf und zog ihr den Slip aus. Sie ließ es geschehen, glaubte zu träumen, ließ sich treiben vom Rausch der Sinne. Sie hielt ihn fest, küßte ihn, während sie die Liebkosungen seiner Lippen und seiner Zunge an ihren Brustwarzen spürte. Als er in sie eindrang, gab sie einen kleinen hilflosen Laut von sich, und bei jeder seiner Bewegungen durchströmte sie tiefstes Entzücken. Mit einem leisen Schrei erlebte sie den Gipfel der Glückseligkeit...

      Danach hielten sie einander minutenlang umschlungen. Sie hatten kein einziges Wort miteinander gewechselt.

      “Laß uns nach oben gehen, ich hab ein Zimmer hier,” flüsterte sie in seinem Haar, doch er ließ sie noch immer nicht los. Seine blauen Augen schauten sie an, baten weder um Entschuldigung noch triumphierten sie. Mit einer zärtlichen Geste strich er ihr das Haar aus dem Gesicht und lächelte.

      Auch Laura hatte keine Schuldgefühle. Das, was geschehen war, hatte geschehen

       müssen

      . Es war ihr vorbestimmt gewesen, ihn an diesem Tag, zu dieser Stunde zu treffen. Und es konnte, es durfte noch nicht zu Ende sein.

      Nachdem sie ihre Kleider in Ordnung gebracht hatten, nahm sie ihn an die Hand und führte ihn zum Eingang des Wirtshauses. Im Treppenhaus brannte nur eine kleine trübe Lampe. Von der Gaststube her war das Gemurmel der Gäste zu hören, hin und wieder ein Lachen oder ein lauter Ausruf.

      Laura machte dem Fremden ein Zeichen, ihr zu folgen und legte den Finger auf den Mund. Die Treppe knarrte unter ihren Schritten, aber niemand kam, um nachzusehen. In ihrem Zimmer angekommen schloß sie die Tür hinter ihm und drehte den Schlüssel herum. Sie lief zum Fenster, zog die dunkelblauen Vorhänge zu und knipste die kleine Nachttischlampe an. Im nächsten Augenblick lagen sie sich wieder in den Armen und mit zitternden Fingern halfen sie einander aus den Kleidern.

      Trotz seines hübschen weichen Gesichts hatte er muskulöse Arme und sehnige Schenkel, und man sah ihm an, daß er gewohnt war, hart zu arbeiten. Neugierig und ungeduldig erkundeten ihre Hände seinen Körper, entdeckten auf seinem linken Schulterblatt ein pfenniggroßes Muttermal, das fast einem kleinen Schmetterling glich, und lächelnd fuhr sie mit dem Finger darüber. Sie vergrub ihre Nase in seiner Halsbeuge und sog den Geruch seiner Haut in sich ein. Sie streichelte und küßte ihn immer wieder...

      Später, als sie sich erschöpft gegenüberlagen, auf die Ellenbogen gestützt, als sie sich lächelnd betrachteten und er ihr noch einmal zärtlich eine ihrer Locken aus der Stirn strich, fragte sie: “Wer bist du?”

      Er tippte sich auf die Brust und sah sie fragend an, als wollte er sagen. “Du meinst, wer

       ich

      bin?”

      “Ja.”

      Nun tippte er ihr auf die Brust.

      “Jetzt fragst du, wer

       ich

      bin?”

      Er nickte.

      “Ich bin Laura”, antwortete sie. Und weil sein Blick noch immer forschend auf ihren Mund gerichtet war, wiederholte sie es ganz langsam: "Laura."

      Er lächelte und nickte, zeigte ihr seine gespreizten Hände und dann noch einmal zwei Finger. Sie wußte nicht gleich, was er meinte, doch dann begriff sie.

      “Zwölf?”, fragte sie.

      Auch diesmal war ein Nicken die Antwort.

      Dann zeigte er den Daumen einer Hand.

      “Eins?” Das war richtig.

      Mit seinen Fingern zeigte er nun hintereinander eine Reihe von Zahlen: Zwölf - eins - einundzwanzig - achtzehn - eins, - dann deutete er auf sie.

      “Ich?”, fragte sie erstaunt. “Ich bin ‘Zwölf - eins - einundzwanzig - achtzehn - eins’?”

      Er nickte lächelnd. Sie schaute ihn verständnislos an, doch dann verstand sie. Er hatte ihr Buchstaben aus dem Alphabet genannt. Sie zählte nach. “Zwölf bedeutet L”, stellte sie fest. “Eins bedeutet A." Sie lachte. "Dann heißt ‘Zwölf - eins - einundzwanzig - achtzehn - eins’ Laura.”

      Er lächelte.

      “Okay, dann sag mir jetzt, wie

       du

      heißt.”

      Langsam, damit sie es mitbekam, zeigte er seine Finger. Vier - eins - vierzehn - neun - fünf - zwölf.

      “Daniel. Du heißt Daniel.” Laura freute sich, daß sie es herausbekommen hatte. Dann wurde sie ernst, küßte ihn behutsam auf den Mund und fragte ihn: “Bist du von Geburt an taubstumm?”

      Er nickte, lächelte aber wieder, als wollte er zeigen, daß er seine Behinderung als gar nicht so schlimm empfand, und daß er ganz gut damit zurechtkam.

      Sie warf einen Blick auf ihre Uhr und seufzte. “Du solltest jetzt gehen, Daniel", sagte sie. "Morgen früh werde ich abgeholt, und dann sollte ich einen ausgeschlafenen Eindruck machen.” Sie sprach so, daß er sie ansehen und ihr die Worte vom Mund ablesen konnte.

      Er nickte und wollte aufstehen, doch sie hatte es sich anders überlegt und hielt ihn am Arm zurück.

      "Nein, warte. Bleib noch bei mir, bis ich eingeschlafen bin."

      Er nickte, lehnte sich in die Kissen zurück und wies auf seine Armbeuge. Und sie löschte das Licht und kuschelte sich in seinen Arm.

      Die Sonne versuchte schon, die dicken blauen Vorhänge zu durchdringen, als Laura am nächsten Morgen erwachte. Sie streckte sich und gähnte, - dann fiel ihr Daniel ein. Er war nicht mehr da. Hatte es ihn überhaupt gegeben?, fragte sie sich. Oder war alles nur ein Traum gewesen? Ein berauschender Traum oder das Resultat ihrer Fantasie, angeregt durch ihre unbewußte Angst, nun ein ganz neues Leben beginnen zu müssen, von dem sie noch nichts wußte?

      Nein, es konnte kein Traum gewesen sein, denn auf dem Kissen und im Laken hing noch dieser eigenartige Duft nach Wiese und Moos. Sie schmeckte noch seine Küsse, fühlte seine Hände auf ihrer Haut...

      Gleichzeitig wurde ihr klar, wie leichtsinnig sie gewesen war. Sie hatte mit einem ihr völlig fremden Mann geschlafen. Ohne Schutz, ohne darüber nachzudenken, welche Konsequenzen das haben konnte. Ausgerechnet sie, über die Sina oft gelacht hatte, weil sie, entgegen der Freundin, One-Night-Stands bisher immer strikt abgelehnt hatte. - Doch es war schön gewesen. Sie mußte lächeln, wenn sie an ihn dachte. Nie zuvor war sie einem solchen Mann begegnet. Einem Mann, der so ganz anders war, als Matthias.

      Doch was wäre, wenn sie jemand beobachtet hätte? Sie wußte, wie eifersüchtig Matthias sein konnte. Hatte er sich nicht manchmal schon darüber geärgert, wenn andere Männer sie in seiner Gegenwart nur bewundernd angeschaut hatten? Würde er die Hochzeit absagen, wenn er wüßte, was letzte Nacht geschehen war? Würde er sie wieder fortschicken? - Unsinn, beruhigte sie sich, niemand aus dem Dorf kannte sie. Und bis jemand herausgefunden hatte, daß sie diejenige war, die in Kürze die Frau Riva jun. sein würde, hätte er längst vergessen, was er gesehen hatte. Dennoch... , sie konnte es drehen und wenden, wie sie wollte: Sie war leichtsinnig gewesen. Wer war Daniel überhaupt, dieser hübsche blonde Engel mit den dunkelblauen Augen? Woher kam er?

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