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Energiesparlampen auch nach Ägypten dringen?), die Verkehrsampeln mit ihren wechselnden Farben schienen eigens dazu angebracht zu sein, um das Spektakel noch zu vergrößern. Die meisten Autos hatten ihre Scheinwerfer noch gar nicht eingeschaltet oder maximal das Standlicht angemacht. Peter war heilfroh, hier nicht selbst fahren zu müssen. Solange der Bus noch die Vororte der Riesenstadt durchquerte konnte man aus dem Fenster immer wieder das eine oder andere offene Feuer vor ärmlichen Behausungen brennen sehen. Kinder tanzten ausgelassen auf den Gassen herum und alte Menschen schleppten sich mühsam nach Hause. Es war alles so fremd, aber höchst interessant. Wenn der Bus anhielt, drangen an manchen Stellen Fetzen schriller Musik, begleitet von Gesang und rhythmischen Tamburinklängen an die Ohren der Touristengruppe. Mehrfach hatten sich die Menschen in riesigen, mit Teppichen ausgekleideten Zelten versammelt, die anscheinend für Familienfeiern aller Art genutzt wurden. Es gab eine ganze Menge davon auf dem Weg zurück zum Hotel. Die Ägypter schienen ein fröhliches Volk zu sein, trotz der Armut vieler Menschen.

      Im Hotel angekommen war wiederum nur wenig Zeit zum Ausruhen und für die dringend nötige Körperpflege, bevor das Abendessen im großen Speisesaal begann. Marga und Peter waren nach einem langen Tag rechtschaffen müde und hatten keine große Lust mehr auf abendliche Vergnügungen. Gisela und Simon ging es genauso und nur weil sie keine Ehefrau dabei hatten und deshalb der Gegenstand weiblicher Nachstellungen waren, waren Lothar und Iwan auch nicht besser bei Kondition. Sie verzehrten ihr Menu, das zwar den Bezeichnungen der Speisen nach ebenso gut auf der Speisekarte im heimatlichen Franken stehen hätte können, trotzdem aber sehr exotisch schmeckte. In Ägypten sind die Schnitzel eben nicht vom Schwein, sondern eher vom Wasserbüffel.

      „Nix gegen an Wasserbüffl“, brummte Simon. „Des wär ja aa blous a Rindfleisch. Abber wennst wassd, dass in Ägibbdn a su a Viech erschfd gschlachd wird, wenns a runde Million Arbeidsschdundn am Wasserrad hinder sich hodd, nou wassd warum dess schmeggd wäi a brodne Schouhsulln.“

      Es konnte gut sein, dass Simon und Gisela heute noch ihre mitgebrachte und durch den Zoll gerettete Notration angreifen müssten. Nachdem die Tische abgeräumt waren, zogen sich die Röthenbacher, wie die meisten ihrer Mitreisenden, sofort auf ihr Zimmer zurück, wo sie sich nach einem anstrengenden Tag endlich lang ausstrecken konnten und bald einschliefen.

      Man musste mit den Kräften haushalten, denn morgen früh gab es noch einen Ausflug nach Sakkara und für Nachmittag stand auch schon der Flug nach Luxor auf dem Programm.

      Nichts ist kostbarer als wahre Gelehrsamkeit.

      Peters Morgen begann mit einem Kulturschock. Marga war noch im Badezimmer mit einer ganzen Reihe von Ölfläschchen und Salbendöschen zu Gange, um sich, insbesondere ihre empfindliche Haut, auf einen weiteren Tag in der sengenden Sonne vorzubereiten. Wie Peter aus langjähriger Erfahrung wusste, konnte sich die Wartezeit noch sehr lange hinziehen. Um sie etwas zu verkürzen, war er auf den kleinen Balkon hinausgetreten, dessen schmiedeeisernes Gitter mit kunstvoll geschwungenen Arabesken verziert war. Die Aussicht war wider Erwarten grandios. Obwohl das Hotel weitab der zahlreichen Sehenswürdigkeiten lag und lediglich einen Blick auf die vor dem Hotel vorbeiführende belebte, vierspurige Straße erlaubte, gab es eine Menge Interessantes zu sehen.

      Busse, an deren offenen Türen sich auf abenteuerliche Weise ganze Trauben von artistischen Trittbrettfahrern gebildet hatten, um schnell und günstig voran zu kommen. Einige umklammerten mit der einen Hand die verzweifelt schlagenden Flügel noch lebender Hühner, während sie sich mit der anderen an einer Stange festhielten, um nicht aus dem fahrenden Bus zu stürzen. Ihre wallenden Gewänder flatterten wie Fahnen im Fahrtwind. Peter entdeckte Müllmänner in schmutzig grauen Galabyahs, wie die langen nachthemdartigen Gewänder der Einheimischen hießen, samt und sonders mit dem typischen malerischen, turbanähnlich gewickelten arabischen Kopftuch behütet. Mit ihren schwerfälligen, roh zusammengezimmerten Eselskarren kamen sie die Straße entlang und sammelten alle Arten von Abfällen ein, um sie später auf Wiederverwertbarkeit zu untersuchen und so ihr karges Einkommen zu sichern. Schon am frühen Morgen war der Lärmpegel enorm.

      Eben trat ein Angestellter des Hotels auf die Straße hinaus, auf der Schulter den verblichenen Teppich, den Peter gestern zwischen dem Gehweg und dem Hoteleingang auf der festgetretenen Erde hatte liegen sehen. Der Mann wartete, beobachtete aufmerksam den vorbeifließenden Verkehr. Endlich tat sich eine Verkehrslücke auf. Sofort eilte er blitzschnell mitten auf die Straße, wo er sich seiner staubigen Last entledigte, indem er den Läufer kurzerhand von der Schulter nahm und ihn mit einer schwungvollen Wurfbewegung vollständig ausrollte. Zunächst glaubte Peter, dass dies die ortsübliche Art der Entsorgung, also ein weiterer Auftrag für die eigentümliche Müllabfuhr sei, aber er irrte. Es dauerte nicht lange, bis der nächste vorbeikommende Linienbus den Läufer überrollte und anschließend mit seinen Hinterrädern kräftig in die Luft schleuderte, wie ein Pferd, das im vollem Galopp die Steine hinter sich hochwirbelt. Dadurch wurde eine mächtige Staubfontäne ausgelöst, die so zur Reinigung des guten Stückes beitrug. So ging das eine ganze Weile, bis der gleiche Hotelangestellte, offenbar mit der Arbeit seiner unfreiwilligen Gehilfen zufrieden, das Bündel wieder aufrollte, es sich erneut auf die Schulter lud und damit Richtung Eingang verschwand. Andere Länder, andere Sitten.

      Als Peter schon zum wiederholten Mal ungeduldig auf seine Uhr geblickt hatte, erschien Marga endlich in der Badezimmertür. Es blieb nicht mehr viel Zeit für das Frühstück, bevor der Bus erneut nach Süden, heute zu den Überresten der alten Reichshauptstadt Memphis und der dazugehörigen Nekropole von Sakkara aufbrechen würde.

      Im Speisesaal herrschte bereits geschäftiges Treiben. Mehrere Reisegruppen bereiteten sich auf den bevorstehenden Besichtigungstag vor. Einige hatten ihre kompakten Reiseführer aufgeschlagen, um heraus zu finden, wo ihr Ziel genau lag und was sie dort vermutlich erwarten würde. Es macht immer Eindruck, wenn man mit Wissen und sei es nur Pseudowissen glänzen kann. Andere unterhielten sich angeregt mit ihren Tischnachbarn. Erlebnisse früherer Reisen wurden zum Besten gegeben. Einer versuchte den anderen zu übertreffen und so wurden harmlose Begebenheiten zu veritablen, gefährlichen Abenteuern aufgeblasen. Man machte sich allseits mit den Mitreisenden näher bekannt.

      „Wissen sie, man muss nicht alles wörtlich nehmen, was man im Orient so alles erzählt bekommt. Die Menschen hier haben einen völlig anderen Zeitbegriff, als wir Deutsche. Wenn ein Araber zu ihnen sagt ‚Morgen ist alles erledigt, Inshallah‘, dann sollten sie wissen, dass Inshallah zwar so viel bedeutet wie „Mit Gottes Hilfe“. Damit ist aber noch lange nicht sicher, dass Allah am nächsten Tag tatsächlich schon helfen wird. Meistens können sie bis zum Sankt Nimmerleinstag warten, weil Allah gerade andere Prioritäten hatte oder es einfach nicht so gewollt hat. Ohne Geduld und vor allem ohne Bakshish kommen sie hier nicht weit. Ein Ägypter kann ihnen das Blaue vom Himmel versprechen, sobald er aber das kleine Wörtchen Inshallah dazu setzt, sollten sie getrost davon ausgehen, dass es in Wirklichkeit ganz anders kommen wird.“

      Der Mann, der diese praktischen Verhaltensregeln für Orientreisende zum Besten gab, war niemand anderer als der Gebrauchtwagenhändler, wie ihn die Röthenbacher getauft hatten. Minerva McGonagall und ihre Schwester, die man inzwischen zuverlässig als solche identifiziert hatte, hingen wie gebannt an seinen Lippen, während seine eigene Ehefrau eher gelangweilt an ihrem Mokka nippte. Für einen kurzen Moment schien es so, als ob sie missbilligend ihre Augenbrauen hochgezogen hätte. Sie hielt ihn wohl ebenfalls für einen Prahlhans. Sie musste es ja am besten wissen.

      „Bei aller gebotenen Bescheidenheit möchte ich behaupten, dass ich in diesen Fragen gewissermaßen Experte bin, eine Kapazität sozusagen. Wissen sie“, so fing er offenbar jeden zweiten Satz an, „wissen sie, ich leite die ‚von Niedeck GmbH‘, eine namhafte Firma für Bewässerungssysteme aller Art und da unsere Kunden größtenteils im arabischen Raum zu finden sind, finden sie mich die meiste Zeit auch hier.“

      Sichtlich begeistert von seinem kleinen Wortspiel lehnte er sich zufrieden lächelnd zurück.

      „Das ist ja hoch interessant“, säuselte Minerva, um schlagartig in einen schärferen Ton zu verfallen, wie sie ihn zu aktiven Zeiten sicher gerne gegenüber unbotmäßigen Schülern angeschlagen hatte. „Was mich

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