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nicht schnell genug bekam, hatte Peter bereits ihr Durchsetzungsvermögen und ihre perfekten Englischkenntnisse kennen gelernt. Englischlehrerin vielleicht, ledig und stolz darauf. Er musste unwillkürlich an Minerva McGonagall, die resolute Professorin aus den Harry-Potter-Romanen denken. Damit hatte die Dame ihren Beinamen auch schon erhalten. Ihre Begleiterin könnte rein optisch gesehen deren Schwester sein, allerdings schien ihr bei weitem das sichere Auftreten der mutmaßlichen Älteren der Beiden zu fehlen. Minerva und kleine Schwester also.

      Und dann war da dieses ungleiche Ehepaar. Er schien um viele Jahre älter zu sein als seine Partnerin. Der Mann war Peter bereits in Frankfurt beim Check-in aufgefallen. Dort hatte er sich überschwänglich von einer aus den Fugen geratenen Blondine verabschiedet, die altersmäßig viel eher zu ihm gepasst hätte, als seine jetzige Begleiterin. Er war eher eine auffällig gepflegte Person, abgesehen von einer hässlichen Narbe am Haaransatz, was man von der blonden Dame in Frankfurt nicht hatte behaupten können und er schien über große Erfahrung mit Auslandsreisen zu verfügen. Jedenfalls trat er entsprechend selbstsicher auf, ganz im Stil eines Vielfliegers. Aber wie passten die zwei Frauen ins Bild? Vielleicht war die Blonde nur eine Bekannte oder eine besorgte Haushälterin, die das Paar zum Flugplatz gebracht hatte. Die Ehefrau hatte Peter erstmals auf dem Kairoer Flughafen zu Gesicht bekommen. Sie war eher unauffällig, einmal abgesehen von ihren leuchtenden kupferfarbenen Haaren, die ihr mit einer Art Rolle in die Stirn fielen, ansonsten aber akkurat Strähne für Strähne streng nach hinten gekämmt waren. Die großspurigen Gesten ihres Mannes schienen ihr eher peinlich zu sein. Jeder konnte schließlich tun und lassen, was er wollte und die Manieren anderer Leute waren letztendlich auch nicht Peters Sache. Mit dem Spitznamen für die beiden würde er sich noch etwas Zeit lassen müssen bis er sie, was während jeder Gesellschaftsreise unvermeidlich ist, näher kennen lernen würde. Auf eine entsprechende Bemerkung gegenüber seiner Marga war diese offensichtlich überrascht.

      „Na bei denne Zwaa brauchd mer si doch nedd lang Gedankn machen. Für sie allaans schon mit ihre rodn Hoar fälld mer doch soford a Namen ei. Für mich is dee äs Kubferdächla und er schaud gelackt aus wäi a professioneller Speichllecker. Groupier odder Gebrauchdwonghändler däd ich sagn, dess basserd zu dem.“

      Man einigte sich auf Gebrauchdwoonghändler, weil es lockerer von der Zunge ging und zugegebenermaßen auch bedeutend negativer klang.

      Ganz in der Nähe der Beiden stand eine Dreiergruppe, bestehend aus zwei Männern um die Fünfzig und einer etwa fünf Jahre jüngeren Frau, die eben dem einen der Beiden heftige Vorhaltungen zu machen schien und zwar auf eine Art, wie es nur unter gut vertrauten Personen geschehen konnte. Man konnte eben noch hören, wie die resolute Dame ihre Schimpftirade mit den Worten beendete:

      „So was passiert eben immer nur dir, Walter Steinmann! Hast du schon mal jemand anderen gesehen, der noch vor der ersten Besichtigung schon wieder seinen Hut verloren hat.“

      So wie sie das S-t ausgesprochen hatte, schienen die Herrschaften aus dem hohen Norden zu kommen. Der arme Walter hatte noch nicht einmal Gelegenheit gehabt Luft zu holen, geschweige denn sich eine Rechtfertigung zurecht zu legen, da brauste der Orkan schon wieder mit Windstärke 12 los.

      „Nimm dir ein Beispiel an Klaus, dem passiert so was nicht oder an dem jungen Mann dort, der hat seinen Hut wenigstens in der Hand, wenn schon nicht auf dem Kopf. Auch unvernünftig, bei dieser stechenden Sonne.“

      Klaus schien der andere der beiden Männer zu sein, dessen Rolle in der Dreiergruppe allerdings nicht klar erkennbar war. Der junge Mann kam, den Hut immer noch in der Hand, auf die drei Nordlichter zu.

      „Guten Morgen, Robert Wohlleben mein Name, kann es sein, dass dies ihr Hut ist? Ich glaube, den haben sie beim Aussteigen verloren.“

      „Siehst du Walter, nun müssen schon die jungen Leute auf dich aufpassen. Du wirst tatsächlich mit jedem Tag tüdelicher. Das macht drei Punkte Abzug für dich!“

      Besagter Klaus stand selbstzufrieden lächelnd dabei, seinen schrecklich altmodischen, dazu noch grell blauen Hut fest auf dem Kopf. Es war sehr schwer zu entscheiden, welcher der beiden Herren wohl die Ehre oder das Pech hatte, mit der strengen Dame verheiratet zu sein. Peter tippte auf den blauen Klaus, blau wegen des Hutes und in Erinnerung an die gleichnamige Zeichentrickfigur aus Wim Thoelkes Fernsehshow „Der große Preis“, ein Außerirdischer mit blauem Haut und einer Antenne auf dem Kopf. Bei Walter schien es sich eher um den vertrottelten Bruder zu handeln, den man nicht zuhause lassen konnte, weil er sonst bei seinem Talent oder besser seinem mangelndem Talent unweigerlich im Chaos untergehen würde. Wie sich später herausstellen sollte, hatte tatsächlich Walter vor Jahren das große Los gezogen und war als Ehemann auserwählt worden. Schwer vorstellbar, aber er musste wohl früher in wesentlich besserer Verfassung gewesen sein, sonst hätte sie ihn bestimmt nicht genommen. Klaus schien dann wohl eher der verständnisvolle Freund des Hauses zu sein.

      Die Besichtigung des Kairoer Museums verlief genau wie es Peter bereits voraus geahnt hatte. Im Eiltempo wurde die Gruppe durch die endlosen Reihen Jahrtausende alter Zeugen einer einmaligen Hochkultur geschleust. Nur im Saal mit den Funden aus dem Grab des Tut-anch-Amun war eine längere Besichtigungszeit vorgesehen, denn diese Schätze zählten, besonders bei den an den Feinheiten der antiken Geschichte Ägyptens weniger Interessierten, zu den unverzichtbaren Höhepunkten der Reise. Von dem Kindkönig mit der Goldmaske hatten schließlich auch die größten Kulturbanausen schon gehört. Abschließend gab es noch einen kurzen Abstecher in den Mumienraum, wo die größten und mächtigsten Herrscher unter den Pharaonen in einfachen Glaskästen ausgestellt und wehrlos den gaffenden, teilweise angewiderten Blicken und den ebenso unpassenden Kommentaren der Besucher hilflos ausgeliefert waren. Zu Lebzeiten dieser mächtigen Herrscher hätte sich sicherlich keiner der Musemsbesucher auch nur bis auf eine Meile an den Pharao heran wagen dürfen, ohne sofort sein Leben zu verwirken.

      Lothar war besonders überrascht, dass der große Ramses tatsächlich zu Lebzeiten rote Haare gehabt haben musste, was man an den spärlichen noch vorhandenen Resten deutlich ablesen konnte.

      „Mich däd scho indressiern, mit welche Middl die dreidausend Jahr vor Wella und Schwarzkopf scho solche wunderbare Färbeprodukde herstelln homm könner, dass die Haar sich bis heut so perfekd ghaldn homm.“

      „Ganz einfach, Lothar, die Farb is echd“, bemerkte Peter, der sich hobbymäßig intensiv mit alten Kulturen, speziell mit der ägyptischen beschäftigte und daher wusste, dass Ramses nicht nur ein sehr hohes Alter erreicht und mit seinen zahllosen Haupt-und Nebenfrauen über einhundert Kinder gezeugt hatte, sondern eben auch, dass er rötliches Haar hatte. „Der Ramses war keine Ausnahme, roode Haar warn gar nedd so seldn, sogar blonde Menschn hodds gebn. Ka Wunder, über die Jahrdausende hodds ja immer widder Einwanderungen gebn und der Vadder vom Ramses und er selber auch, warn ja Generäle beim ägybdischen Milidär. Und da hadds vor ausländische Söldner blouß a so gwimmeld.“

      „Vielleichd warn dann seine Vorfahrn sogar Germanen, aufd Letzd sogar Frankn, so wie mir“, mutmaßte die überraschte Gisela.

      „Bestimmd nedd, die Franken hamm in Euroba erschd um achdhunderd nach Christus Bedeudung erlangd, der Ramses hodd abber mindesdns zwölfhunderd vor Christus regierd. Dou sinn goud und gern zwaadausnd Jahr derzwischen. Wäi die Ägybder a Hochkuldur warn, homm die Germanen nu in Erdhöhln ghausd. Des muss mer si amol vorstelln“, kam die Belehrung prompt von Peter zurück.

      Lothar und Iwan standen etwas abseits. Sie hatten deshalb auch nicht an dem Gespräch teilgenommen. Sie hatten Wichtigeres zu diskutieren.

      „Horch amal, du hasd mich villeichd in a Lage brachd, des konn er der sagn. Dee Frau nebn mir is zwar ganz nedd, abber dee fraachd mer di ganze Zeid a drummer Loch in Bauch. Dee hodd mi schon von oben bis unten taxierd und auf mei Dauglichkeid als Gsellschafder gedesded, inglusive a eingehende Befragung bezüglich Alder, Herkunfd, Familienstand, Gesundheid und Freizeidinderessn. Grod dass ser si nu nedd nach meine finanziellen Verhäldnisse erkundichd hodd. Genauso goud häddi aa an Fragebogn von einer Heiradsvermiddlung ausfülln könner. Des konn ja nu heider wern. Ner bloß mei berufliche Erfahrung als Inhaber eines florierenden Friseursalons und die damid verbundne Daadsache, dass ich im Umgang mit allerlei neugieriche ältere Damen a enorme Erfahrung hobb, hodd mi erschd amal

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