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Vom Winde verweht. Margaret Mitchell
Читать онлайн.Название Vom Winde verweht
Год выпуска 0
isbn 9783753197203
Автор произведения Margaret Mitchell
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
»Honey, du weißt, daß das nicht wahr ist. Es ist lieblos von dir.«
»Es ist doch so, Melly, und wärest du nicht immer so darauf aus, etwas Gutes an Leuten zu entdecken, an denen gar nichts Gutes ist, dann hättest du es auch gesehen. Und ich freue mich, daß es so ist. Es geschieht ihr ganz recht. Scarlett 0'Hara hat immer nur überall Unfrieden gestiftet und versucht, andern Mädels die Freunde wegzuschnappen. Du weißt ganz gut, daß sie India ihren Stuart weggeschnappt hat und ihn jetzt nicht einmal will. Heute hat sie es nun mit Mr. Kennedy und Ashley und Charles versucht ...«
»Ich muß nach Hause!« dachte Scarlett. »Ich muß einfach nach Hause!«
Könnte doch Zauberei sie nach Tara entrücken und in Sicherheit bringen! Könnte sie doch bei Ellen sein, nur sie sehen, sie am Rock fassen und in Ellens Schoß weinen und ihr ganzes Herz ausschütten! Hörte sie nur noch ein Wort, so stürzte sie hinein, das wußte sie, und riß ganze Hände voll von Honeys dünnen blaßblonden Haaren aus und spie Melanie Hamilton ins Gesicht, um ihr zu zeigen, was sie von ihrer Nächstenliebe hielt. Aber sie hatte sich heute schon gemein genug benommen, ganz wie »weißes Pack« ... daher rührte überhaupt das ganze Unheil!
Mit den Händen drückte sie ihre Röcke ganz fest an sich, damit sie nicht raschelten, und entwischte verstohlen wie ein Tier. Nach Hause! Damit jagte sie hinunter in die Halle an verschlossenen Türen und stillen Zimmern vorbei. Sie mußte nach Hause. Schon war sie an der Haustür, da stutzte sie. Ihr war eingefallen - sie konnte ja nicht nach Hause. Weglaufen konnte sie nicht! Sie mußte hindurch, durch alle Bosheit der Mädchen, durch ihre eigene Schmach und all das Herzweh. Lief sie weg, so gab sie ihnen nur neue Waffen in die Hand.
Mit der geballten Faust schlug sie gegen die hohe weiße Säule neben sich und wünschte sich, Simson zu sein, um das ganze Twelve 0aks samt allen Menschen darin in Grund und Boden reißen zu können. Sie sollten es noch zu fühlen bekommen. Sie wollte es ihnen schon zeigen! Sie wollte ihnen noch weher tun, als sie ihr getan hatten. Für den Augenblick war Ashley vergessen. Er war nicht mehr der große, träumerische Junge, den sie liebte, sondern gehörte zu der ganzen Wilkesschen Sippe, zu Twelve 0aks, zur Provinz - sie haßte sie alle, weil sie sie auslachten. Mit sechzehn Jahren ist die Eitelkeit stärker als die Liebe; in ihrem heißen Herzen hatte nichts anderes mehr Raumals der Haß.
»Ich will nicht nach Hause. Ich bleibe hier und lasse es sie fühlen. Mutter sage ich nichts davon, nein, keinem Menschen.« Sie raffte sich zusammen, um ins Haus zurückzukehren. Die Treppe hinauf in ein anderes Schlafzimmer. Als sie sich in der Halle umwandte, sah sie Charles am andern Ende ins Haus treten. Er erblickte sie und kam rasch auf sie zu, sein Haar war zerzaust, sein Gesicht vor Aufregung so rot wie eine Geranienblüte.
»Wissen Sie, was geschehen ist?« rief er ihr schon von weitem entgegen. »Haben Sie es gehört? Paul Wilson kommt eben von Jonesboro herübergeritten! «
Er hielt atemlos inne. Sie entgegnete nichts, sie starrte ihn nur an.
»Mr. Lincoln hat die Männer aufgerufen, Soldaten - Freiwillige meine ich - fünfundsiebzigtausend!«
Schon wieder Mr. Lincoln! Dachten denn die Männer nie an wirklich Wichtiges? Dieser dumme Junge erwartete von ihr, sie solle sich über Mr. Lincolns Possen aufregen, während ihr das Herz brach und ihr Ruf so gut wie zerstört war. Jetzt starrte Charles sie an. Ihr Gesicht war weiß wie Papier, ihre schmalen Augen sprühten grünes Feuer wie Smaragde. Solches Feuer hatte er nie in einem Mädchengesicht gesehen, solche Glut noch nie in einem menschlichen Auge.
»Ich bin so ungeschickt, ich hätte es Ihnen zarter beibringen sollen. Ich habe vergessen, wie empfindsam Damen sind. Es tut mir leid, daß ich Sie so erschreckt habe. Kann ich Ihnen ein Glas Wasser holen?«
»Nein.« Sie brachte ein schiefes Lächeln zustande.
»Wollen wir uns auf die Bank setzen?« Er nahm ihren Arm. Sie nickte, und er geleitete sie behutsam die Stufen hinunter und führte sie nach der Bank unter der großen Eiche im Vorgarten. »Wie zart und zerbrechlich Frauen sind«, dachte er, »schon die Erwähnung von Krieg und Greuel benimmt ihnen die Sinne.« Dabei fühlte er sich sehr männlich und verdoppelte seine Fürsorge. Sie sah so seltsam aus. Auf ihrem bleichen Gesicht lag eine wilde Schönheit, die ihm das Herz zusammenzog. Wäre es möglich, daß der Gedanke, er würde in den Krieg gehen, ihr Kummer machte? Nein, das war zu anmaßend, das konnte er nicht glauben. Warum sah sie ihn dann aber so wunderlich an? Warum zitterten ihr die Hände, während sie an ihrem Spitzentaschentuch zerrte? Und die dichten kohlschwarzen Wimpern zuckten auf und nieder, wie es bei den Mädchen, von denen man in Romanen las, vor Schüchternheit und Liebe geschah.
Er räusperte sich dreimal, um etwas zu sagen, und es mißlang ihm jedesmal. Er schlug die Blicke nieder, weil ihre grünen Augen die seinen so starr durchdrängen, als sähe sie ihn gar nicht.
»Er hat eine Menge Geld«, dachte sie schnell, indem ein Gedanke ihr durchs Hirn zog. »Er hat keine Eltern, die mir das Leben schwermachen würden, er lebt in Atlanta, und wenn ich ihn jetzt auf der Stelle heirate, kann ich Ashley zeigen, daß ich mir nicht das mindeste aus ihm mache, daß ich nur mit ihm gespielt habe, und Honey würde es einfach umbringen. Einen anderen Verehrer kriegt sie nie und nimmer, und jedermann würde sich über sie totlachen. Und Melanie könnte ich auch damit weh tun, weil sie Charles liebhat. Und Stu und Brent könnte ich damit kränken.« Sie wußte nicht recht, warum sie eigentlich alle kränken wollte. Nun ja, sie hatten boshafte Schwestern. »Und es würde sie alle kränken, wenn ich in einem schönen Wagen mit vielen hübschen Kleidern hierher auf Besuch käme und hätte mein eigenes Haus daheim. Dann lachen sie nie wieder über mich.«
»Das bedeutet natürlich Kampf«, sagte Charles nach mehreren weiteren schüchternen Versuchen. »Aber grämen Sie sich nicht, Miß Scarlett, in einem Monat ist es vorbei, dann kriegen sie das Heulen. Jawohl! Das Heulen! Um alles in der Welt muß ich dabeisein. Heute wird wohl nicht viel aus dem Ball werden; die Truppe hat Appell in Jonesboro. Die vier Tarletons bringen die Nachricht herum. Ich weiß, den Damen wird es leid tun.«
Sie sagte »Ach«, weil ihr nichts Besseres einfiel, aber es genügte. Allmählich fand sie ihr Gleichgewicht wieder, und die Gedanken begannen sich zu sammeln. Auf allen ihren Gefühlen lag es wie Rauhreif, sie meinte, sie würde nie wieder wann empfinden können. Warum nicht diesen hübschen, errötenden Jungen nehmen? Er war so gut wie jeder andere. Und ihr war es so einerlei. An nichts lag ihr mehr etwas, ihr Leben lang, und wenn sie neunzig Jahre alt würde.
»Ich kann mich noch nicht entschließen, ob ich mit Mr. Wade Hamptons Südcarolina-Legion oder mit der Atlantaer Stadtgarde hinausgehe.«
Wieder sagte sie »0h«, ihre Augen begegneten einander, ihre bebenden Lider gaben ihm den Rest.
»Wollen Sie auf mich warten, Miß Scarlett? Es wäre himmlisch, wenn ich wüßte, Sie warteten auf mich, bis wir sie verdroschen haben!« Atemlos hing er an ihrem Munde und bemerkte, wie ihre Lippen sich in den Winkeln verzogen, sah zum erstenmal die Schatten darin und dachte, wie es wohl wäre, sie zu küssen. Ihre Hand, die innen kalt von Schweiß war, glitt in die s eine.
»Ich möchte eigentlich nicht warten«, sagte sie mit verschleierten Augen.
Er umklammerte ihre Hand, der Mund stand ihm weit offen. Durch ihre Wimpern beobachtete Scarlett ihn völlig unbeteiligt und fand, er sähe aus wie ein aufgespießter Frosch. Mehrmals fing er stotternd an, schloß den Mund und öffnete ihn wieder und wurde rot wie eine Geranie.
»Ist es denn möglich, daß Sie mich lieben?«
Sie antwortete nichts, sie blickte nur in ihren Schoß und stürzte Charles in neue Wonne und neue Verlegenheit. Vielleicht durfte der Mann ein Mädchen nicht so etwas fragen, vielleicht war es nicht mädchenhaft, darauf zu antworten. Charles