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nicht nur Männer machen schräge Sachen, auch bei Studentinnen stieß ich gelegentlich auf recht merkwürdige Kausalzusammenhänge, die nicht so ganz in mein damals noch überwiegend logisch geprägtes Weltbild passen wollten:

      Eines schönen Tages hatte ich mich über beide Ohren in eine süße Medizinstudentin verliebt. Fast jeden Abend hing ich mit ihr zusammen auf ihrer Bude ab. Zu meinem großen Bedauern war sie im Umgang mit mir eigentlich immer sehr zurückhaltend. Vielleicht lag es daran, dass sie Kettenraucherin und ich ein überzeugter Nichtraucher war.

      Eines Abends war sie besonders wortkarg und niedergeschlagen.

      „Was ist mit dir los? Geht es dir nicht gut?“, fragte ich besorgt.

      „Nein, mir geht’s wirklich nicht so gut. Ich musste heute bei einer Operation zuschauen.“

      „Und was war? War die Operation besonders schlimm?“

      „Ja, einem Raucher musste das Bein amputiert werden.“

      „Oh!“

      „Sein letztes Bein: Das andere war ihm schon vor zwei Jahren abgenommen worden!“

      „Tatsächlich, sowas gibt’s? Warum hat dieser Verrückte denn nicht aufgehört zu rauchen? Er musste doch wissen, dass er auch sein letztes Bein noch verlieren würde! Wie kann man nur so dumm sein?“

      „Tja, heute – diese Amputation, das war wirklich ganz besonders schlimm!“

      „Und? Was hast du nach der Operation gemacht?“

      „Ich? Was ich getan habe? Um über den Schock hinwegzukommen, bin ich erstmal vor die Tür gegangen und hab mir eine Zigarette angesteckt!“

      Besagte Studentin, die so sprach und die von mir damals heiß begehrt wurde, ging kurz nach unserem Gespräch eine feste Verbindung ein. Und heute muss ich sagen: Glücklicherweise nicht mit mir!

      Ein Prinz im Wohnheim

      Ausländische Studenten gab es reichlich in allen öffentlichen geführten und ebenso finanzierten Wohnheimen, die ich während meines Studiums in Göttingen bewohnen durfte. Während die hier geborenen Studenten überwiegend aus dem gehobenen Bildungsbürgertum kamen – mit mir als einer der wenigen Ausnahmen waren die Eltern meistens mindestens beamtete Lehrer, wenn nicht beruflich sogar noch höher gestellt –, kamen ausländische Studenten gar nicht so selten aus irgendwelchen Fürstenhäusern kleinerer, meist arabischer oder afrikanischer Staaten. Gehörten in ihrer Heimat also zur absoluten Oberschicht, dem auch aus deutscher Sicht superreichen Geld- oder sonstigen Adel.

      Ein solcher Neuzugang machte sich in unserem Heim sofort „beliebt“, weil er der Meinung war, wir anderen Studenten kämen alle aus einer niedrigeren Kaste. (Um internationale Verwicklungen zu vermeiden, verschweige ich lieber das Herkunftsland!) Seiner Ansicht nach sollten wir alle zusammen für ihn Kochen, Einkaufen und höchstpersönlich seine Bude putzen, um nur die alltäglichsten seiner Ansprüche zu nennen. Er dachte also, wir wären allesamt sein persönliches Fußvolk, das ihn zu bedienen und zu unterhalten hätte.

      Nun ja, die Gedanken sind frei. Ein jeder kann sich gern solchen Tagträumen hingeben. Nur darf er nicht erwarten, dass seine Wünsche in der harten Realität auch in Erfüllung gehen!

      Es passierte also nichts von dem, was unser ausländischer Gast sich so an gewöhnlichen Dienstleistungen und Handreichungen von uns erhoffte. Für ihn vollkommen unerklärlich, verharrten wir ihm gegenüber in absoluter Passivität. Keiner von uns machte für ihn auch nur den kleinsten Finger krumm.

      Notgedrungen musste er sich damit abfinden, nicht von uns bedient zu werden, und irgendwann selbst damit anfangen, sich mit dem Nötigsten zu versorgen. Was er dann auch tat. Nur sich selber darüber hinaus persönlich für die Wohngemeinschaft in Form der üblichen Sozialdienste nützlich zu machen, das war dann doch nicht seine Welt.

      Nun ist es leider so, dass mit solchen Leuten, die wie von einem anderen Stern in die harte Wirklichkeit eines rauen Studentenlebens herabgefallen zu sein scheinen, unter echten Männern im Allgemeinen nicht lange herumgefackelt wird: Ein jeder von uns musste – ohne Ausnahme – von Zeit zu Zeit den Müll in die vor dem Haus vor sich hin müffelnden Container entsorgen. Das war die Pflicht, die uns die Hausordnung und der Gemeinschaftssinn auferlegten. Nur dass diese Tätigkeit unserem neuen, in geistig höheren Sphären verweilenden Mitbewohner überhaupt nicht beizubringen war. Er stellte sich stur, selbst als ihm die vollen Abfalleimer demonstrativ vor die Tür gestellt wurden. Das Ergebnis: Als unsere beiden Abfallbehältnisse aus Küche und Gemeinschafts-Waschraum wieder voll waren, wurde ihm der Abfall erneut vor die Tür gestellt – dieses Mal aber ohne die beiden Eimer!

      Glücklicherweise waren alle anderen ausländischen Kommilitonen bei weitem nicht so hochgestochen. Die zahlreichen kalifornischen Gaststudenten in unserem Wohnheim verhielten sich zum Beispiel vollkommen normal und waren in ihrem Freizeitverhalten von deutschen Studenten so gut wie überhaupt nicht zu unterscheiden.

      Und andere, ebenfalls aus exotischer Ferne zum Zweck des Studiums nach Göttingen herbeigereiste Hausgäste waren ganz einfach schlauer als unser am Ende von allen Seiten gemoppter „Wohnheimprinz“: Eine afrikanische Familie mit drei Kindern zum Beispiel, die ein Mehrzimmer-Studentenappartement bezog, brachte aus ihrer Heimat klugerweise einfach eine arme Verwandte mit, die für die ganze Familie kochen und putzen musste. Dadurch waren alle anderen Angehörigen ihrer Sippe vollkommen von den lästigen Pflichten des Alltags befreit und konnten sich damit voll und ganz dem Studium (oder anderen angenehmen Zeitvertreiben) widmen.

      Norwegische Fröhlichkeit

      Vollkommen unkompliziert im Umgang mit sich und der Welt war auch der norwegische Student, der ein, zwei Semester lang mein Zimmernachbar war: Als Entschädigung für die deutsche Besatzungszeit im zweiten Weltkrieg durften junge Norweger in Göttingen Medizin studieren – ohne irgendwelche Beschränkungen durch Studienplatz-Knappheit und Numerus Clausus fürchten zu müssen. (Womöglich gilt diese Regelung heute noch...) Das Studium war für die meisten aus Norwegen zugereisten Studenten allerdings eher Nebensache, stattdessen floss der in Deutschland vergleichsweise billige Fusel in Strömen. Im Zimmer nebenan war jeden Abend Party bis zum Abwinken.

      Mit besoffenem Kopf kommt man schon mal auf dumme Gedanken: So wurde mein fröhlicher Nachbar eines Nachts beobachtet, wie er sturzbetrunken am Steuer seines eigenen Wagens – natürlich ein großer Volvo, wie könnte es anders sein – immer im Kreis um den im Sommer schön mit Blumen geschmückten Kandelaber mitten auf dem Göttinger Theaterplatz herumfuhr. Auf dem Dach liegend ein zweiter Norweger, der sich mit seinen Händen an den beiden Scheibenwischern festhielt und lauthals fröhliche Trinklieder ins Dunkel der Nacht hinausschrie. Auf Norwegisch, versteht sich. (Ich hoffe jedenfalls, dass es nur Trinklieder waren, die er zur Freude der aus dem Schlaf geweckten Anwohner zum Besten gab!)

      Für alle, die Göttingen nicht kennen: Die hier beschriebene Örtlichkeit lässt sich auch im Heinz-Erhardt-Film „Natürlich die Autofahrer“ bestaunen. Besagter Theaterplatz ist nämlich genau derjenige Verkehrskreisel, auf dem Heinz Erhardt höchstpersönlich zum guten Ende seines Films die flüchtigen Bankräuber stellt. Während seiner Führerscheinprüfung.

      Was man daraus lernen kann: Verrückter geht’s immer! (Zumindest im Film...)

      Ruhe im Karton

      Nach anfänglichen Schlafstörungen wurde die allabendliche Musik-Beschallung aus meinem Nachbarzimmer, von dem mich nur eine recht dünne Wand aus Gipskarton trennte, mit der Zeit zur lieben Gewohnheit. Zum Schluss konnte ich selbst bei dem lautesten Partylärm ein- und durchschlafen.

      Bis es allerdings eines Nachts auch mir zu bunt wurde: Mitten in der Nacht wurde ich wach und stellte fest, dass vom Wohnheimflur her eine wirklich ohrenbetäubende Krachmusik in mein Zimmer drang. Als ich den Kopf schlaftrunken aus der Tür steckte und mich umsah, stellte ich fest, dass mein Nachbar seine mit voller Lautstärke spielende Musikanlage mitten

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