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wackligen Beinen versuchte Charlotte das Dachgeschoss zu erreichen, als sie plötzlich jemand am Arm fasste und sie festhielt. Es war Wolfgang, der sie zu seinem Zimmer bugsierte, ohne dass Charlotte in der Lage gewesen wäre, auch nur den geringsten Widerstand zu leisten. Sie wehrte sich nicht einmal, als Wolfgang sie auszog und auf sein Bett legte. Die nächsten Minuten zogen an ihr vorüber wie in einem Rausch und als Wolfgang fertig war, schlief sie sofort ein.

      Am Sonntag war Charlotte froh, dass sie nicht arbeiten brauchte, denn sie hatte doch ziemliche Kopfschmerzen, sodass sie am Abend auch früh zu Bett ging. Den ganzen Tag über versuchte sie zu ergründen, was am Abend vorher geschehen war, sie wusste zwar, dass sie früh morgens von Wolfgangs Zimmer aus in ihr eigenes geschlichen war, doch sie hatte keine Ahnung, was in seinem Zimmer alles passiert war. Sie konnte es nur ahnen, weil sie bei ihrer Morgentoilette feststellte, dass an ihren Oberschenkeln Blut klebte.

      Wie gewohnt trat sie dann am Montagmorgen wieder ihren Dienst an, doch eine Kollegin sagte ihr, dass sie sofort zum Personalchef kommen sollte. Wie sich herausstellte, hatte sich ein Gast darüber beschwert, was in der Nacht von Samstag auf Sonntag auf seiner Etage geschehen sei.

      „Ich hatte Ihnen bei Vertragsabschluss klar und deutlich gesagt, dass wir in unserem Haus keinerlei persönliche Kontakte zwischen unseren Gästen und dem Personal dulden. Offensichtlich hatten Sie das wohl vergessen, denn was sich Samstagnacht wahrscheinlich in unserem Hotel zugetragen hat, ist eine Ungeheuerlichkeit, die wir auf gar keinen Fall dulden können. Sie sind hiermit fristlos entlassen. Sie können sich in der Buchhaltung noch ihr Gehalt für diesen Monat abholen und dann erwarte ich, dass Sie unser Haus noch heute verlassen.“

      Charlotte ging zunächst zur Buchhaltung und dann hinauf zu ihrem Zimmer, um ihre Sachen zu packen. Vor der Tür zu ihrem Zimmer stand Wolfgang Stötzel.

      „Was ist passiert?“

      „Mir wurde fristlos gekündigt.“

      „Das tut mir Leid. Ich wurde gebeten, das Hotel auf eigenen Wunsch hin zu verlassen. Der Manager sagte mir, dass ich natürlich noch bleiben könnte, aber man würde es lieber sehen, wenn ich gehen würde. Ich habe daraufhin meine Rechnung bezahlt und meine Koffer sind schon in meinem Auto. Wenn du willst, kannst du mit zu mir fahren und erst mal bei mir wohnen. Das Angebot, bei mir als Sekretärin zu arbeiten, gilt auch immer noch. Ich wohne in Schweinfurt, das ist hier ganz in der Nähe, eine halbe Stunde mit dem Auto.“

      Da Charlotte keine Ahnung hatte, wo sie sonst hingehen könnte und sie natürlich keine Lust hatte, auf der Straße zu übernachten, nahm sie Wolfgangs Angebot an und fuhr mit ihm nach Hause. Sie wunderte sich zwar darüber, dass ein selbstständiger Möbelhändler in einer so kleinen Wohnung lebte, aber es beschäftigte sie doch viel mehr, dass Wolfgang ganz selbstverständlich ihre Sachen in sein Schlafzimmer brachte. Sie hatte angenommen, dass sie ein eigenes Zimmer haben würde und jetzt stellte sich heraus, dass er diese eine Nacht wohl schon für den Anfang einer ehelichen Beziehung hielt. Aber sie wagte nicht zu widersprechen, die Angst, vollkommen alleine zu sein, war einfach zu groß.

      In der Hoffnung, dass Wolfgang sie in Ruhe lassen würde, falls sie schon schlief, ging Charlotte an diesem Tag sehr früh ins Bett. Aber sie konnte nicht einschlafen, es waren einfach zu viele Dinge in den letzten Tagen geschehen, die sie so sehr beschäftigten, dass sie gar keinen klaren Gedanken fassen konnte. War die schöne Zeit ihrer Unabhängigkeit schon wieder vorbei oder sollte es doch hier die Möglichkeit geben, ein glückliches Leben zu führen?

      Als Wolfgang ins Bett kam, war Charlotte natürlich noch wach und er kuschelte sich sofort an sie heran. Waren alle Männer so, dass sie Frauen einfach in Besitz nahmen? Von ihrem ersten Mal hatte Charlotte ja gar nichts mitbekommen, jedenfalls konnte sie sich an nichts erinnern. Deshalb wollte sie jetzt genau darauf achten, was mit ihr passierte. Wolfgang war sehr zärtlich zu ihr und er drang auch sehr vorsichtig in sie ein, aber danach schien alles wie ein Uhrwerk abzulaufen und nach wenigen Minuten stöhnte er laut auf und ließ sein ganzes Gewicht auf Charlotte fallen. Am liebsten hätte sie ihn von sich runter geworfen, aber sie blieb still liegen und wartete, bis er von ihr herunter stieg, sich auf die Seite dreht und sofort einschlief. Charlotte konnte immer noch nicht einschlafen, denn jetzt waren es andere Gedanken, die sie bewegten.

      Es war sehr schön, als Wolfgang sich an sie kuschelte, aber als er in sie eingedrungen war, hatte sie nichts, aber auch gar nichts empfunden. Reichte die Sympathie, die sie für ihn empfand, einfach nicht aus? Sie spürte es nur zu deutlich, dass sie Wolfgang nicht liebte und das, was da passiert war, hatte nichts mit Liebe zu tun, es war einfach nur Sex, nichts weiter. Saß sie erneut in einer Falle, so wie bei ihrer Mutter? Sollte sie sich auf diese neue Abhängigkeit einlassen, um finanziell abgesichert zu sein, oder begann jetzt schon wieder ein endloser quälender Prozess eines Befreiungskampfes. Über ihrer totalen Ratlosigkeit schlief sie schließlich ein.

      All ihre Überlegungen fanden ein Ende, als Charlotte feststellte, dass sie schwanger war. Jetzt war es klar, dass es nicht mehr nur um sie ging, sie musste dafür sorgen, dass ihr Kind unter geordneten Verhältnissen und in finanzieller Sicherheit aufwuchs, also entschied sie sich endgültig, bei Wolfgang zu bleiben. Als Wolfgang von der Schwangerschaft erfuhr, machte er Charlotte einen Heiratsantrag und auch darin willigte sie ein. Sie wollte es besser machen als ihre Mutter und sie war bereit, eine richtige Familie zu gründen, auch wenn sie dabei auf die Liebe verzichten musste.

      Es fand keine große Hochzeitsfeier statt, weder kamen irgendwelche Verwandte von Wolfgang noch irgendwelche Mitarbeiter seines Betriebes. Charlotte hätte ihren Vater gerne eingeladen, aber sie fürchtete sich vor einem erneuten Konflikt mit ihrer Mutter. Sie hatten nicht einmal Trauzeugen, sodass zwei Mitarbeiter der Verwaltung dafür herhalten mussten. Anschließend gingen die beiden alleine essen. Als Charlotte ihn nach der Hochzeit fragte, wann er sie denn mit in seinen Betrieb nehmen würde, um sie als Sekretärin einzuarbeiten, teilte er ihr mit, dass er schon eine andere Frau eingestellt hätte und dass sie sich jetzt erst einmal auf ihre Schwangerschaft konzentrieren sollte.

      1963 wurde ihre Tochter Gisela geboren, meine ältere Schwester, und Charlotte war nun wirklich voll und ganz beschäftigt mit dieser neuen Aufgabe und damit, den Haushalt in der kleinen Wohnung in Ordnung zu halten. Obwohl sie nun zu dritt waren, lehnte Wolfgang es ab, in eine größere Wohnung zu ziehen, er meinte, das würde schon irgendwie gehen. Wenn Wolfgang zu Hause war, spielte er immer mit Gisela und es war ihm anzumerken, dass er sehr glücklich war, denn er nannte sie immer seinen kleinen Engel.

      Jeden Morgen ging er aus dem Haus und kam erst spät abends zurück, das Haushaltsgeld, dass er ihr jede Woche gab, war so üppig, dass Charlotte wirklich froh war, endlich keine finanziellen Sorgen mehr zu haben. Gisela war ein aufgewecktes Mädchen und so kam es Charlotte so vor, als hätte sie endlich das Ziel ihres Lebens erreicht.

      Es war ein Donnerstagvormittag, Gisela war inzwischen zwei Jahre alt, als dieser Traum schon wieder zusammenbrach. Charlotte war sehr erschrocken, als sie nach dem Klingeln an der Haustür die Tür öffnete und die Polizei vor der Tür stand. Sofort dachte sie, dass Wolfgang etwas passiert sei, dass er vielleicht einen Unfall gehabt hätte und schwer verletzt sei, in ihrem Schrecken rechnete sie sogar mit einer Todesnachricht. Eine Todesnachricht war es nicht, die ihr die Polizisten überbrachten, doch kam es ihr vor wie ein Todesstoß und plötzlich ergaben die kleinen Merkwürdigkeiten der Vergangenheit, über die sie nie länger nachgedacht hatte, auch einen Sinn.

      „Sind Sie Frau Stötzel?“

      „Ja.“

      „Wissen Sie, wo Ihr Mann ist?“

      „Nun, ich nehme an, dass er in seinem Geschäft ist oder auf Besuch bei einem Kunden.“

      Einer der beiden Polizisten zeigte Charlotte ein Foto, das sehr unscharf war, es zeigte einen Mann vor einem Bankschalter mit einer Maske und einer Pistole in der Hand. Natürlich konnte man nicht genau erkennen, wer das war, aber von der Körperhaltung und der Kleidung her hätte es Wolfgang sein können.

      „Das ist selbstverständlich nicht mein Mann, wir haben einen gut gehenden Möbelhandel. Warum sollte mein Mann eine Bank überfallen, das hat er doch gar nicht nötig, außerdem ist mein Mann ein herzensguter Mann, er würde so etwas niemals tun.“

      „Frau

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