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der Van Breugelens befindet sich zwei Etagen direkt über ihm. Beim Eintreten erkennt der Reiseleiter überraschenderweise zwei Personen auf dem Fußboden. Antje Van Breugelen kniet im weißen Bademantel neben einem regungslos auf dem Teppichboden liegenden Mann. Dessen unnatürliche Körperhaltung lässt Schlimmes befürchten. Der weit aufgerissene Mund, verkrampfte Gliedmaßen und leblosen Augen im lilafarbenen Gesicht veranlassen ihn, in die Hocke zu gehen, um nach einem Lebenszeichen zu suchen. Atmung oder Puls sind nicht mehr wahrnehmbar.

      - Wie lange liegt der Mann schon auf dem Boden?

      Die Niederländerin antwortet wie in Trance.

      - Seit etwa 15 Minuten.

      Diese Information lässt lediglich eine Schlussfolgerung zu. Da kommt wohl jede Hilfe zu spät. Der Nachtportier weilt definitiv nicht mehr unter den Lebenden. Es handelt sich um Josipe. Unter dem Tag versetzt er Wein mit reichlich Zuckerzusatz und schenkt diese Spätlese an durstige Urlauber aus. Trotz dieses Frevels hat der Nachtportier den Tod aber nicht verdient. Hans konzentriert sich wieder auf den Todesfall.

      - Was hat Josipe inmitten der Nacht in ihrem Zimmer gewollt?

      Zusammen mit der Frage fällt dem Reiseleiter erst das verheulte und aufgedunsene Gesicht seiner Landsmännin auf. Sie klärt ihn nicht darüber auf. Ihr Ehegatte setzt sich dazu neben sie auf den Bettrand.

      - Vor etwa zwanzig Minuten schreckten mich verdächtige Geräusche an der Zimmertür aus dem Schlaf hoch. Und bevor ich mich halbwegs gesammelt hatte, sah ich zu meinem Schrecken, wie eine Hand durch die Türspalte griff, um die Sicherheitskette mithilfe eines Bleistiftes auszuhängen. Ich handelte instinktiv. Seit Jahren begleitet mich stets ein Elektroschocker auf allen Reisen, um mich bei einem Überfall verteidigen zu können. Das Gerät liegt nachts auf dem Nachttisch. Als sich der Einbrecher auf unser Bett zubewegte, zielte ich auf dessen Oberkörper. Wie vom Blitz getroffen sackte der Eindringling zu Boden. Ich vernahm noch ein schwaches Stöhnen, verbunden mit spastischen Krämpfen, kurz darauf machte er keinen Mucks mehr.

      Van Breugelen legt die linke Hand auf die Schulter seiner heftig zitternden Gattin.

      - Natürlich war Antje sofort hellwach. Als sie das Gesicht des Kroaten zu sehen bekam, fing sie zu hyperventilieren an. Und zwar dermaßen, dass ich den Hysterieanfall mithilfe wohldosierter Ohrfeigen beenden musste. Im Anschluss beichtete sie mir unter Tränen eine höchst unmoralische Verfehlung. Als meine Gattin vor über einem Jahr diese Insel besuchte, unterhielt sie eine kurze Liebesromanze mit diesem Nachtwächter!

      Das Gesicht des gehörten Ehemannes läuft dazu puterrot an, und Antje Van Breugelen hat inzwischen nichts mehr mit jener Diva gemeinsam, welche vor wenigen Stunden durch die Rezeptionshalle wandelte. Hans beschließt, einen Hotelgast zu wecken. Der deutsche Arzt soll sich um den Kreislauf der totenblassen Holländerin kümmern. Peer Van Breugelen lehnt das Angebot umgehend ab. Sein Reiseleiter zieht die Ärmel der Trainingsjacke nach oben. Ihm ist heiß, er muss die Gedanken neu ordnen. Auf Lopud ist weder ein Polizist noch ein Arzt stationiert und. Somit verbleibt ihm keine andere Wahl, als die Polizei in Dubrovnik über den Todesfall zu informieren.

      - Hans legen Sie um Himmels willen den Telefonhörer auf!

      Peer van Breugelen wirkt bei seiner Anweisung sehr gefasst und Hans Srpruit hält im Vorhaben inne, um eine nachvollziehbare Begründung abzuwarten. Die Stimme des Managers nimmt einen moderaten Tonfall an.

      - Letztes Jahr musste ich meine Ehefrau berufsbedingt monatelang vernachlässigen. Die Existenz etlicher Arbeitsplätze stand auf der Kippe! Und deshalb begrüßte ich es ausdrücklich, dass Antje ihre Schwester nach Kroatien begleitete. Nach dem Urlaub erlebte ich sie dermaßen gut erholt und aufgestellt, dass ich beschloss, irgendwann mit ihr zusammen die offensichtlich Energie spendende Insel zu besuchen. Ich ahnte ja nicht, welche Ursache sich tatsächlich hinter ihrem Aufblühen verbarg. Diese beschämende Tatsache ist mir erst seit wenigen Minuten bekannt.

      Van Breugelen wischt sich einige Schweißperlen von der Stirn.

      - Ein boshaft veranlagter Insulaner muss ihrem damaligen Geliebten direkt nach unserer Ankunft mitgeteilt haben, ein holländisches Betthäschen sei auf die Insel zurückgekehrt, ohne dabei zu erwähnten, dass der betrogene Ehemann dieses Mal mit von der Partie ist. Der Nachtportier beschloss deshalb frohgemut, sich die eintönige Nachtschicht mit einem amourösen Abenteuer zu versüßen, mithilfe des Generalschlüssels kann er sich jederzeit Zutritt verschaffen. Und die verwerfliche Absicht führte den elenden Schweinehund direkt ins Verderben!

      Van Breugelen deutet mit dem Zeigefinger indigniert auf den Leichnam.

      - Und wegen dieses schamlosen Papagallos werde ich nicht eine Minute damit verlieren, bei kroatischen Ermittlungsbehörden irgendwelche Protokolle zu erstellen. Ich habe schließlich die versuchte Vergewaltigung meiner Ehefrau in Notwehr abgewehrt. Und dass dieser impertinente Nachtwächter an der Entladung eines als harmlos eingestuften Elektroschockers verstarb, geht mir glatt am Arsch runter!

      Die Rekonstruktion klingt für den Reiseleiter durchaus logisch, schließlich kennt er die Anmacherszene dieser Insel. An Ankunftstagen versammeln sich sämtliche Don Juans in Erwartungshaltung auf der Hotelterrasse und unterziehen dabei weibliche Alleinreisenden einer optischen Überprüfung. Mit erfahrenen Blicken versuchen die Männer aus Gesichtern herauszulesen, ob die eine oder andere Touristin einem erotischen Abenteuer zugeneigt sein könnte. Und der Nachtportier hat dabei den Ruf weg, jeder dazu infrage kommenden Ausländerin sogleich nachzusteigen. Als Liebhaber muss der Oberanmacher über gewisse Qualitäten verfügen. Einige Auserwählte laden ihn in den Wintermonaten nach Mitteleuropa ein, und übernehmen sämtliche Unkosten. Während der widerlichen Taxierungen werden sogar Wetten abgeschlossen, bis wann eine Urlauberin spätestens flachgelegt sein wird. Ein Mitglied jener Gigologruppe hat zweifelsfrei die Ankunft von Antje Van Breugelen mitbekommen, und Josipe lediglich einen Teil dieser Neuigkeit mitgeteilt. Der saublöde Scherz ging fatal aus. Hans verschließt die Augen des kürzlich Verblichenen.

      - Das Schicksal hat dich wahrlich hart bestraft, aber deswegen kann dein Unfalltod nicht verschwiegen werden.

      Van Breugelen ist konträrer Ansicht.

      - Wenn ein bekannter Ausländer mit einem illegal eingeführten Elektroschocker einen Kroaten tötet, werden sich Polizei und Staatsanwaltschaft jede nur erdenkliche Mühe geben, um der sensationslüsternen Öffentlichkeit einmal ihre Effizienz zu beweisen. Und daraufhin werden mich die Medien in den Dreck ziehen, und vor keiner Verleumdung zurückschrecken, weil sich dadurch Auflagen und Einschaltquoten leicht erhöhen lassen.

      Antje heult kurz auf und jammert, das alles sei ihre Schuld. Ihr Ehemann blafft sie an, einfach nur den Mund zu halten, und setzt die Aufzählung seiner Argumente fort.

      - Ich denke ja überhaupt nicht daran, mich einer nationalistisch gesinnten Justiz zu stellen und mich tagelang sinnlosen Verhöre ausgesetzt zu sehen. Dutch-Electronics benötigt nächste Woche seinen Finanzchef für anstehende Verhandlungen in London, damit wir auch in Zukunft aggressiven Expansionsgelüsten der Konkurrenz aus Asien erfolgreich die Stirn bieten können!

      Der Manager ergreift die rechte Hand des Reiseleiters.

      - Bitte helfen Sie mir und meiner bereits doppelt gestraften Ehefrau!

      Hans Spruit gerät ins Grübeln. Seine bisherige Erfahrung hinsichtlich rüder Umgangsformen seitens der kroatischen Polizei gegenüber Ausländern lässt es ihm wirklich als wenig ratsam erscheinen, sich freiwillig den Ermittlungsbehörden zu stellen. Und er weiß auch, dass enge Familienbanden zwischen Lopud und Dubrovnik existieren. Körperliche Misshandlungen während eines Verhöres können somit nicht ausgeschlossen werden. Der Tote wird sich deswegen aber nicht in Luft auflösen. Van Breugelen nimmt seine Ratlosigkeit wahr. Als rational denkender Finanzfachmann teilt er seinem Reiseleiter ganz unverblümt mit, welche Aktion er erwarte.

      - Organisieren Sie für uns einen diskreten Bootstransfer nach Dubrovnik. Außerdem ersuche ich Sie, den Leichnam so lange zu verbergen, bis wir Kroatien verlassen haben. Logischerweise darf der Nachtwächter natürlich nicht in unserem Zimmer aufgefunden

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