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      Neun Stunden später, um 6.58 Uhr, tritt Duzko wie gewohnt den Frühdienst an. Ein gewaltiger Schrecken durchfährt seinen Körper. Josipe liegt kalt und steif hinter der Rezeption und ein strenger Fäkaliengeruch entströmt dessen Hose.

      Vier Stunden nach der grausigen Entdeckung klärt ein extra aus Dubrovnik entsandter Gerichtsmediziner den zusammen mit ihm eingetroffenen Polizeibeamten über eine brisante Feststellung auf. Der Verblichene ist in der vergangenen Nacht eindeutig nicht hinter der Rezeption verstorben. Und ein natürlicher Tod oder Unfall scheiden als Todesursache definitiv aus. Daraufhin übernimmt die Staatsanwaltschaft den Todesfall und beauftragt einen Kommissar mit der Ermittlung. Mile Kovacevic reist dazu mit zwei Kriminalassistenten auf dem Postschiff an.

      Als Erstes befragen die Detektive das Hotelpersonal nach außergewöhnlichen Beobachtungen während der letzten Tage. Mehrmals kommt dabei ein sich von Normalurlaubern extrem unterscheidendes Ehepaar aus Holland zur Sprache und erweckt Neugierde beim Chefermittler. Die van Breugelens scheint der Erdboden verschluckt zu haben. Kovacevic beschließt, deren Reiseleiter nach dem Verbleib zu befragen. Denn von Dube Radovic weiß er bereits, dass sich Vodic Spruit mit den beiden bei deren Ankunft im Hotel unterhalten hat. Der Polizist macht telefonisch mit dem Holländer ab, sich dazu auf der Terrasse der Eisdiele treffen.

      Kovacevic bestellt Eiskaffee spezial. Gekühlter Espresso mit zwei Kugeln Nusseis, Schokoladensoße und reichlich Schlagsahne. Der Inhalt des Glasbechers ersetzt ihm das ausgefallene Mittagessen. Hans Spruit entscheidet sich für frischgebackenen Apfelstrudel. Im Anschluss erfährt der Repräsentant von Neckermann Reisen en Grund für die Zusammenkunft.

      Der Nachtportier des Hotels Lafodia sei ohne jeden Zweifel durch Fremdverschulden zu Tode gekommen. Die Kriminalpolizei habe das Hotelpersonal nach ungewöhnlichen Beobachtungen befragt und dabei wurde mehrmals auf ein mysteriöses Ehepaar hingewiesen, welches im Stil von Hollywoodstars auf Lopud auftauchte. Dass diese beiden spurlos verschwunden scheinen, werfe gewisse Fragen auf. Und weil Hans Spruit seine Landsleute in Empfang genommen hat, sind sämtliche Einzelheiten ihrer Konversation von Interesse. Der Vodic kaut zu Ende, bevor er antwortet.

      - Niemand kommt wegen einer verfrühten Abreise finanziell zu schaden. Die van Breugelens haben ihre Pauschalreise im Voraus bezahlt.

      Der Kommissar verrührt die Sahne mit dem Strohhalm und runzelt die Stirn.

      - Ich möchte wissen, worüber Sie sich mit dem Ehepaar unterhielten.

      - Mich verwundert es nicht im Geringsten, dass die van Breugelens die Insel sofort wieder verlassen haben. Das illustre Paar muss sich bei der Ferienplanung gewaltig vertan haben. Schwerreiche Klientel jenes Kalibers logiert im Allgemeinen im Luxushotel Croatia in Cavtat oder im Hotel Präsident in Dubrovnik. Und sie können mit dem bedauerlichen Tod von Josipe nichts zu tun haben, weil sie an dessen Todestag weder die Betten benutzten noch im Restaurant erschienen sind. Diese Tatsachen habe ich vom Hotelpersonal erfahren. Herr und Frau van Breugelen müssen noch in der Nacht ihrer Ankunft auf einem selbst gecharterten Schiff wieder abgereist sein. In diesem Augenblick genießt das Glimmerpaar bestimmt Champagner-Cocktails in einem der luxuriösen Küstenhotels.

      Kovacevic hakt sofort nach.

      - Haben die van Breugelen eine derartige Absicht verlauten lassen?

      - Nein, aber deren pompöse Aufmachung lässt diese logische Schlussfolgerung zu. Sie hätten die teuere Pelzstola sehen sollen. Und die van Breugelen haben aus beruflichen Gründen auf ihre bezahlten Hin- als auch Rückflüge in unserem Charterflugzeug verzichtet. Im Anschluss des Urlaubs fliegen sie direkt nach London weiter. Diese Information sollte Dube ebenfalls mitbekommen haben.

      Der Kommissar macht sie Notizen in einem Vokabelheft ein und zieht den Geldbeutel aus der Hosentasche hervor. Der Reiseleiter winkt sogleich ab.

      - Lassen Sie sich von Neckermann-Reisen einladen. Einen Eiskaffee bringe ich in meiner Spesenabrechnung schon noch unter. Sofern Sie keine weiteren Fragen haben, verabschiede ich mich jetzt von Ihnen. Meine Sprechstunde im Hotel Dubrava beginnt in wenigen Minuten.

      Der Polizist erhebt sich und schüttelt Hans Spruit die Hand.

      - Hvala liepa.

      Kommissar Kovacevic bleibt auf der Terrasse sitzen und schließt einen Moment lang die Augen. Abgesehen von den van Breugelens verfügt er über keine weiteren Verdächtigen. Er greift zum Handy und ordnet einem in Dubrovnik zurückgebliebenen Assistenten an, sich umgehend mit den Anbietern von privaten Bootstransfers in Verbindung zu setzen. Im Anschlss muss Mirko in Luxushotels und bei Vertretungen der Fluggesellschaften in Erfahrung bringen, ob das niederländische Ehepaar eine Reservierung vorgenommen habe.

      Er beschließt, die Rezeptionistin des Hotels Lafodia nochmals zu vernehmen. Frau Radovic hat den Nachtportier bei Schichtübergabe vor zwei Tagen als letzte lebendig angetroffen.

      Dabei kommen keine neuen Erkenntnisse zutage, sein Mitarbeiter hat eine gute Arbeit verrichtet. Vorm Abendessen befragt er Angestellte des Reinigungs- und Servicedienstes, doch diese können ebenfalls nichts Neues zur Investigation beitragen. Seine beiden Mitarbeiter kehren mit dem letzten Postschiff nach Dubrovnik zurück und Kovacevic genehmigt sich ein Bier an der Hotelbar, bevor für ihn Schlafenszeit angesagt ist.

      Nach einer unruhigen Nacht, welche eine heftige Mückenattacke zur Ursache hatte, nimmt Kovacevic direkt nach dem Frühstück das Gebäude von Josipe Babic etwas unter die Lupe. Der Nachtportier hat den Nebenerwerb nicht beim Finanzamt angemeldet. Abgesehen von diesem Fiskalvergehen kommt nichts zutage, was kriminaltechnische Bedeutung besitzt. Der Kommissar begibt sich zur Wohnung der Ex-Ehegattin des Verstorbenen. Von Ljubica erfährt er, dass Josipe ein elender Hurenbock gewesen sei, letztendlich wurde ihm die gerechte Strafe Gottes zuteil. Nach so einer Aussage müsste man sie auf die Verdächtigenliste setzen. Die vergrämte Frau bewegt sich aber auf zwei Krücken.

      Kommissar Kovacevic ist von den mageren Ermittlungsergebnissen enttäuscht und kehrt entsprechend frustriert auf der Nachmittagsfähre nach Dubrovnik zurück.

      Am nächsten Morgen empfangen ihn Detektive mit interessanten Neuigkeiten. Vor zwei Tagen hat das holländische Ehepaar Kroatien an Bord der Fluggesellschaft Air-One verlassen. Beim Zielflughafen handelte es sich allerdings um Rom, und nicht um London, wie es Vodic Spruit vorhergesagt hat! Somit kann man von einer Flucht ausgehen. Die Befragung der Taxifahrer hat ebenfalls zu einem Erfolg geführt. Ein Chauffeur kann sich noch sehr gut an das extravagante Paar erinnern. Der Niederländer bot ihm im Hafen ein Trinkgeld in doppelter Höhe des normalen Fahrpreises an, um dafür in Rekordzeit zum Flughafen gefahren zu werden. Doch keines der offiziell registrierten Taxiboote im Hafen Gruz hat in besagter Nacht die Insel Lopud angesteuert. Ein Insulaner muss den Bootstransfer durchgeführt haben. Kovacevic beauftragt Detektiv Mladen, umgehend nach Lopud zurückzukehren. Sein Assistent brauche erst wieder auf dem Polizeirevier erscheinen, wenn er ihm den Kapitän benennen kann, welcher die van Breugelens vom Hotel Lafodia nach Dubrovnik übergesetzt hat.

      Endlich gibt der Gerichtsmediziner telefonisch Bescheid. Die Obduktion ist abgeschlossen. Der Kommissar eilt raschen Schrittes zum gerichtsmedizinischen Labor. Bevor ihm das Ergebnis bekannt gegeben wird, heitert er den in letzter Zeit ernst dreinblickenden Pathologen mit der Vermutung der geschiedenen Ehefrau hinsichtlich der Todesursache auf.

      - Ich kenne das Obduktionsresultat bereits. Gott hat einen geilen Weiberhelden hart bestraft.

      Der Mediziner lacht tatsächlich wieder einmal.

      - Ich stelle mir dazu gerade vor, wie Gott den Toten mit dessen eigenen Schnürbändern fesselt, nachdem der Herzschrittmacher mittels eines himmlischen Blitzes außer Gefecht gesetzt wurde. Und im Anschluss parkt unser aller Herr und Meister den Nachtportier rund 24 Stunden im Limbus zwischen, bevor der Kadaver die endgültige Ruhestätte hinter der Rezeption findet.

      Seine Schlussfolgerung im Bezug auf die Todesursache fällt wissenschaftlich aus. Um den Taktgeber eines Herzmuskels zum Einstellen seiner Funktion zu bringen, bedarf es entweder eines starken Magnetfeldes oder einer elektrischen Entladung. Da der Leichnam keine Spuren eines Kontaktes mit

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