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hatte dichtes, leicht krauses Haar, das er immer kurz trug. Sie sprachen, wie sollte es anders sein, über Autos. Bei manchen Dingen waren sie sich einig, bei anderen gingen die Meinungen auseinander. Manchmal kam es mir vor, als würden sie die gleiche Handbewegung machen. Oder kam es mir nur so vor? Vielleicht hatte sich Adolf es abgeschaut. So etwas kam ja oft vor. Dann bemerkten sie mich.

      „Was ist, meine Liebe? Hast du nichts zu tun, dass du uns störst?“

      Ich störte sicher nicht. Nur wollte er mich etwas ärgern.

      „In ein paar Minuten können wir essen.“

      „Und was ist mit deiner Freundin? Gehst du ihr schon ab? Oder sorgt sie sich um dich?“

      „Beides. Damit ich nicht in kriminelle Machenschaften komme. Wie Mafia oder so.“

      Wir lachten. Alfons klappte den Laptop zu und bat Adolf, ihn ins Bad zu begleiten. Schön langsam kam er wieder auf die Beine. Adolf brauchte ihn nicht mehr so viel stützen. Also würde es besser werden. Ich machte einen tiefen Atemzug und ging zu meinem Essen. Teilte das Brot auf und stellte die Suppe auf den Tisch. Dann holte ich einige dunklere Kartoffeln aus dem Rohr und stellte sie auch auf den Tisch. Da kamen dann auch schon meine beiden Männer. Wie sich das anhörte. Meine beiden Männer. Vater oder Schwiegervater und Mann und Sohn? Wo verirrten sich schon wieder meine Gedanken hin? Alfons sah uns zuerst zu wie wir es machten. Wir teilten die Kartoffeln, gaben Suppe übers Brot und aßen die Kartoffeln dazu.

      „Die sind ja heiß!“, rief er und ließ seine Kartoffel fallen.

      Wir lachten.

      „Natürlich! Was hast du gemeint? Die kommen ja frisch aus dem Rohr!“

      Ich half ihm dabei. Holte für ihn einen kleinen Teller, schnitt ihm zwei Kartoffeln auf, damit er sie nur mehr mit dem Löffel nehmen brauchte. Ich zeigte es ihm dann vor. So kühlten sie schneller aus und waren leichter zu essen. Als die Suppe mit dem Brot aufgegessen war, stellte ich die anderen Kartoffeln auf den Tisch. Adolf und ich nahmen ein Messer, schnitten die Kartoffeln im Teller auf und gaben uns ein Stück Butter noch darauf. Dann aßen wir sie so, Stück für Stück. Alfons machte es uns nach. Jetzt passte er schon besser auf. Ich holte mir noch ein Glas Milch dazu.

      „Das ist wirklich lecker! Wo hast du das her?“, fragte Alfons.

      „Das war früher ein Arme-Leute-Essen. Weil sie nicht viel hatten, als Kartoffeln, Brot und Milch.“

      Alfons starrte mich an. Dann begann er zu lachen. Jetzt wusste ich nicht, was er hatte. Was daran so komisch war. Auch Adolf sah ihn überrascht an und hörte mitten im Essen auf. Wir warteten, bis er sich beruhigt hatte. Er brauchte ein Taschentuch, um sich die Tränen abzuwischen.

      „Annabell, du bist gut! Sehr gut sogar!“

      Ich wusste nicht, was er hatte. Dann sprach er schon weiter.

      „Adolf, du musst wissen, dass sie ein Sparmeister ist. Du hast es ja schon erlebt. Statt bei Gucci, Vuitton und dergleichen einzukaufen, geht sie lieber zu H&M oder Adler. Beim Preis von dem Kleid, das ich ihr in Frankfurt gekauft habe, wäre sie fast umgefallen und hätte es sofort zurückgeben wollen. Ich habe ihr gesagt, dass ich nicht sparen muss wie sie, und dass ich es mir leisten kann. Und jetzt fängt sie beim Essen an zu sparen. Denn Spaghetti sind ja auch nicht teuer, oder?“

      Adolf und ich sahen uns an und mussten das erst verarbeiten. Dabei war es ja nicht mal meine Idee gewesen. Ich nahm es gleich an. Und da dachte ich wirklich nicht ans Sparen. Als wir das registriert hatten, lächelten wir uns verlegen an.

      „Das haben wir zu Hause öfter, und nicht, weil das Geld knapp ist, sondern weil es uns schmeckt“, versuchte ich es zu erklären.

      „Du brauchst dich nicht zu rechtfertigen. Aber es hat alles so schön gepasst. Müsst ihr aber zugeben, oder?“

      Mussten wir. Und er nahm sich noch zwei Kartoffeln. Also schmeckte es ihm. Das war gut. Adolf ließ es sich auch schmecken. Dann konnte keiner mehr, und es blieb eine einzelne Kartoffel über.

      „Bitte erbarmt euch wer um die Kartoffel. Ich kann nicht mehr. Gleich platze ich. Und ich will sie nicht wegschmeißen.“

      Ich sah beide an. Also musste ich die letzte Kartoffel essen. Da griff auf einmal rasch Alfons hin und aß sie ohne Butter.

      „Und jetzt gibt es keinen Kaffee und Kuchen! Ich bin voll. Jetzt könnt ihr mich ins Bett wälzen.“

      Ich räumte lachend das Geschirr ab. Adolf half mir schnell. Bald war alles wieder sauber und Alfons saß prustend und keuchend auf der Couch. War die letzte Kartoffel zu viel? Er versuchte noch etwas Wasser zu trinken, doch die Kartoffeln im Bauch ließen ihm keinen Platz mehr.

      „Braucht ihr mich noch? Weil dann gehe ich wieder in mein Zimmer. Wenn ihr mich braucht, dann ruft mich. Bin jederzeit erreichbar. Und Annabell, danke für das Essen. Es hat alles wunderbar geschmeckt.“

      Dann ging er.

      „Ja. Mein Magen war schon lange nicht mehr so voll. Der drückt vorne und hinten.“

      Irgendwo musste ich doch noch eine Brausetablette haben, für den Magen. Ich suchte sie sofort und fand eine in meiner Tasche. Die löste ich ihm auf und stellte ihm das Glas hin.

      „Trink das, dann wird dir leichter.“

      Er sah mich verwundert an, aber er trank es, ohne zu murren. Da er jetzt den Laptop nicht benötigte, fragte ich ihn, ob ich kurz meine Mails checken könne und etwas auf Facebook surfen durfte. Er schob ihn mir sofort zu.

      „Warum nicht? Ich kann mich derzeit sowieso nicht bewegen“, meinte er und legte sich gemütlich auf die Couch.

      Dass er mich wieder beobachtete, merkte ich erst später, denn ich dachte, er würde wieder ein Nickerchen machen. Als ich kurz nach ihm sah, blickte er auch zu mir.

      „Schläfst du gar nicht?“

      „Wieso? Sollte ich?“

      „Ich dachte, du machst ein Verdauungsschläfchen.“

      „Nein, sehe dir lieber zu, was du machst. Was machst du eigentlich beruflich?“

      „Ich arbeite in einem Büro, sozusagen als Sekretärin.“

      „Gut zu wissen. Darum bist du so gut auf dem Computer. Bei dir geht alles so flott von der Hand. Bis ich immer etwas finde, dauert das immer ewig“, lächelt er mich an.

      Was sollte ich dazu sagen? Ich surfte noch etwas weiter, und dann klappte ich den Laptop wieder zu.

      „So. Was machen wir jetzt? Einen Fernseher haben wir nicht. Und Spiele gibt es hier auch nicht.“

      „Spiele brauche ich nie, da ich ja immer arbeite. Und die Fernseher sind versteckt.“

      „Die Fernseher?“

      „Ja, die Fernseher. Gehe zum Kasten da drüben und mache die zwei mittleren Türen auf.“

      Ich tat, was er sagte. Und wirklich war hinter den Türen ein Fernseher versteckt.

      „Ich brauche ihn kaum, darum ist er versteckt. In den Schlafzimmern ist es das gleiche. Dort ist auch überall einer.“

      Jetzt war ich sehr überrascht. Die Fernbedienung lag davor. Ich nahm sie und drehte den Fernseher auf.

      „Was möchtest du sehen?“, fragte ich ihn.

      Ist mir egal. Sieh dir an, was du magst. Ich sehe dich viel lieber an.“

      „Was ist an mir so interessant?“

      „Alles. Alles von Kopf bis Fuß. Ich würde … nein, das gehört hier jetzt nicht hin.“

      Was würde er gerne wollen? Würde er doch gerne mit mir…? Nein, Annabell, schiebe diese Gedanken weg.

      Im Fernsehen spielten sie zufällig einen Liebesfilm. Den hatte ich mir schon öfter ansehen wollen. Jetzt hatte ich die Zeit dazu. Aus den Augenwinkeln sah ich immer wieder verstohlen zu ihm. Er betrachtete mich wirklich

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