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seinem Lakai Fido Tanner den Befehl gegeben hatte, Ihnen eine Lektion zu erteilen, verfasste Fido eigenmächtig diesen Wisch. Getreu nach dem Motto: Gehorche oder stirb!“ Wigalds Ausführungen waren durchaus plausibel. Zumal Jarick Fido Tanners schändliche und Theo Frankus´ verwerfliche Charakterzüge kannte.

      „Ist Fido Tanner nicht bewusst, dass er mit seiner unverschämten Forderung die Riten, Sitten und Gesetze der Alvaren mit Füßen tritt?“, stieß Jarick vergrämt aus, obwohl er die Antwort nur allzu gut kannte. „Den Ort und den Termin für die Bündniszeremonie lege ich fest. Nur der Allvater persönlich wäre in der Position, mir einen Zeitpunkt vorzuschlagen. Obermeister Rabe, lassen Sie die Eingeweihten von Midgard wissen, dass Tristan Paladin mein Schüler wird, aber nicht heute.“ Daraufhin erhob Jarick sich würdevoll.

      „Fido Tanner wird Tristan töten lassen“, warnte Wigald.

      „Warum versteckt er sich hinter Ihrer Identität?“

      „Das müssen Sie Fido Tanner fragen.“

      „Bedauerlicherweise handelt es sich bei diesem Fido Tanner um einen außerordentlichen Feigling, daher wird er gewiss nicht selbst kommen, um sich meinem Schwert zu stellen. Aber eines Tages wird er mir über den Weg laufen“, drohte Jarick mit einer Kälte in der Stimme, die den Obermeister zusammenzucken ließ.

      „Wenn es Probleme gibt, rufen Sie uns. Das ist immerhin die Aufgabe der Alvaren“, verabschiedete Wigald die beiden.

      „Schicken Sie mir Ivo Lindbur mit seinem Bündnis“, forderte Jarick höflich.

      „Natürlich“, verstand Wigald seine Bitte, die aber nach einer Anweisung klang. Stets zog es ein Ansu vor, Mitglieder seiner Sebjo in schwierigen Zeiten an seiner Seite zu wissen.

      Schweigend verließen Jarick und Tristan das Alvarenhaus, das unweit des Gerichtsgebäudes lag. Mit einem Fingerzeig hatte er den Walkür darauf hingewiesen, keinen Ton von sich zu geben, denn zu viele fremde Ohren könnten ihr Gespräch belauschen. Schleunigst wollte der Lysane zurück zur Villa, um die nötigen Maßnahmen für den bevorstehenden Angriff zu ergreifen.

      Hundertprozentig schickte Fido Tanner in der Nacht seine Schergen, um seine Drohung wahr werden zu lassen. Aber Jarick würde ihnen einen gebührenden Empfang bereiten.

      Als sie den Hof zum Parkplatz überquerten, begegneten sie einer guten Bekannten, mit der Jarick an diesem Ort nicht gerechnet hätte. Schützend hielt sie sich die Hand gegen die abendlichen Sonnenstrahlen vor die Augen. Das Licht ließ ihre Haare glänzen, zauberte eine strahlende Aura um die Vanin, die im Gegensatz zu ihren gewohnten Gewändern in einer Jeans und einer enganliegenden Bluse gehüllt war.

      „Gersimi“, begrüßte Jarick sie überrascht.

      „Jarick, was für ein seltsamer Zufall“, erwiderte sie mit einem erfreuten Lächeln.

      „Was führt dich hierher?“, wollte Jarick gleich wissen.

      „Neugierde. Ich wollte mich persönlich erkunden, was der Orden Elhaz in Midgard treibt. Mutter ist immer noch über die merkwürdigen Zustände sehr besorgt.“

      „Merkwürdig trifft es ganz gut“, stimmte Jarick ihr zu.

      „Tristan, es freut mich, dich wiederzusehen. Wie geht es Lunela?“, bemerkte Gersimi den Walkür. Ehrfürchtig verneigte Tristan sich kurz, bevor er der Vanin antwortete. „Danke der Nachfrage. Lunela geht es gut.“

      Suchend blickte sie sich um. „Wo ist sie? Ich möchte kurz mit ihr plaudern.“

      „Sie studiert zu Hause die Gesetze des Ordens.“

      „Schade, aber in der Tat muss sie viel lernen. Eine Schande, dass Gilbert Vanadis seiner Pflicht nicht folgte, seine Kinder standesgemäß zu erziehen. Allerdings ist er nicht der erste Vanadis, der seine Verpflichtung gegenüber dem Orden nicht erfüllt. Jarick, was machst du eigentlich in Midgard?“, fragte Gersimi beiläufig.

      „Ich genieße meine Auszeit.“

      „In Midgard?“, bezweifelte Gersimi höhnisch.

      „Midgard hat sich sehr verändert. Es wird Zeit, diese Veränderungen kennen zu lernen“, gab der Lysane der Vanin eine Erklärung.

      „In Lüneburg beim Orden Elhaz? Ich hörte von aufregenden Orten in dieser Welt“, glaubte sie ihm nicht.

      „Du warst schon immer sehr neugierig“, schmunzelte Jarick.

      „Ohne Neugierde wäre das Leben doch furchtbar langweilig. Immer derselbe alltägliche Trott. Da wäre man sehr schnell des Lebens überdrüssig. Ich fröne meine Neugierde und du deine Auszeiten“, erwiderte Gersimi mit einem koketten Zwinkern.

      „Ich lasse Nela nicht gerne lange alleine“, drängte Tristan nach einem raschen Aufbruch, sofort erntete er für seine unaufgeforderte Äußerung einen missbilligenden Blick der Vanin.

      „Ein gewissenhafter Wächter. Das ehrt dich. Aber unterbreche niemals ein Gespräch unter Göttern“, herrschte Gersimi ihn ungehalten an.

      „Gersimi, nicht nur Lunela muss noch viel lernen, sondern auch mein zukünftiger Schüler im Umgang mit Asen und Vanen“, nahm Jarick den Walkür in Schutz.

      „Du gehst ein Bündnis ein?“, wunderte Gersimi sich.

      „Ja. Tristan und ich werden bald ein Bündnis bilden“, versetzte Jarick.

      „Nur ein Twinning-Bündnis?“

      Der Lysane nickte. „Gersimi, du solltest es nicht zu laut durch die Gegend posaunen, dass ich ein Gott bin. In Midgard bin ich der niedere Jarl Jarick Richter“, klärte er sie mit Nachdruck auf.

      „Keine Angst. Ich gefährde deine Bündnis-Auszeit schon nicht. Ich weiß doch, wie viel dir deine Auszeiten bedeuten“, erwiderte Gersimi versöhnlich. „Außerdem warst du schon immer ein hervorragender Alvare. Freya mag es, wenn du dich mit ihren Walküren und Walkür verbündest. Sie achtet dich sehr. Wann und wo wird die Zeremonie stattfinden? Ein bedeutendes Fest, an dem Freya gerne zugegen ist.“

      „Sobald der Termin feststeht, wird Freya rechtzeitig davon erfahren“, antwortete Jarick.

      Freya sah es als persönliche Beleidigung an, wenn Jarick sie nicht zu dem Ritual als Zeugin einladen würde. Allerdings wollten Jarick und Tristan kein großes Fest.

      „Auch wenn die Sonne schon tief steht, sollte ich in den Schatten gehen“, wechselte Gersimi das Thema, aber beendete nicht die Unterhaltung. Ihr Blick forderte ihn eindeutig auf, ihr in den Schatten unter den mächtigen Laubbäumen zu folgen. „Auch wenn du es gut überspielst, weiß ich, dass die warmen Strahlen dich schwächen.“

      „Natürlich, tun sie das“, stimmte Jarick ihr zu, doch ihm war nicht danach, weiter mit Gersimi über Belanglosigkeiten zu plaudern, während es wesentlich Wichtigeres zu organisieren gab. Zudem musste er dringend mit Nela sprechen. „Deshalb werde ich jetzt auch aufbrechen. Möge das Schicksal dir wohl gesonnen sein.“

      „Ebenso dir, Gaukler.“

      Während Gersimi sich zu den alten Bäumen begab, gingen Jarick und Tristan zügig zu dem Scirocco. Bevor Jarick einstieg, streifte er Gersimi mit einem wachsamen Blick.

      Erst als sie auf der Straße fuhren, gestattete Jarick seinem zukünftigen Schüler das Wort.

      „Es tut mir leid. Ich wollte Gersimi nicht beleidigen“, brach es sogleich aus Tristan heraus.

      „Mach dir darüber keine Gedanken. Gersimi hört sich gerne selbst reden und mag es allgemein nicht, unterbrochen zu werden“, beruhigte Jarick ihn.

      „Ich vermute, dass sie auch bei der Zeremonie dabei sein möchte.“

      „Ja. Doch wenn ich Gersimi einlade, muss ich den gesamten Adel der Asen und Vanen die Ehre erweisen. Dann ist sowohl meine Auszeit passé als auch unser Wunsch, die Feierlichkeiten klein zu halten.“

      Lidam

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