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die Gamburen mit weniger Boshaftigkeit und einem ausgeprägt gutmütigen und treuseligen Charakter ausgestattet. Zudem schlummerten in ihnen bestimmte magische Fähigkeiten, die erst zu Beginn ihrer Reifung zum Erwachsenen anfingen zu wirken und ihnen somit erst während dieser Zeit langsam bewusst wurden.

      Indo schob die Holzschale mit Früchten und Korn, die vor ihm stand von sich weg. Er hatte keinen Hunger. Zu tief steckte ihm der Schrecken der Nacht noch in der Seele:

      „Hier stimmt `was nicht, das spüre ich."

      Koperian, sein Gegenüber, sah nicht auf. Der im Gesicht sehr fein und zierlich geschnittene Elf mit den grünen und intensiven Augen war tief in Gedanken versunken. Auch er schien keinen Hunger zu haben. Träge stocherte er in seinem Holzschälchen herum, als eine seiner rötlichen und langen Locken, die er eher vergeblich zu einem lockeren Zopf zusammen hielt, herabfiel und sich um seinen Löffel wickelte.

      Die Stimmung in der Höhle war gedrückt. Es herrschte eine gedrückte Stimmung in der Höhle.

      Indo rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her und betrachtete seinen „Ziehvater“.

      Koperian schreckte hoch, entwirrte langsam Löffel und Locke, blickte hoch und sagte freundlich:

      „Komm Indo, lass uns gehen."

      Mit eleganten Bewegungen nahm er die zwei Holzschalen auf und warf das Frühstück in das Feuer des Steinherdes, der hoch gemauert im Zentrum der Räumlichkeit der Beiden stand.

      Ihr zu Hause, eine große runde und behaglich mit Fellen, Webteppichen und vielen verschiedenen Bündeln zu trocknender Kräuter eingerichtete Höhle, hatte Koperian vor langer Zeit aus einer natürlichen Ausbuchtung des massiven Felsens des Obanisch-Gebirges geschlagen. Die offene Vorderfront hatte der Elf dann mit dicken und stabilen Holzbalken geschlossen und mit einer massiven, gut verschließbaren Holztür und einer ebenso kleinen, mit einer Klappe versehenen Fensterluke gestaltet.

       Der Eingang der Höhle führte vom Felsmassiv weg in das dichte und Wildnis versprechende Waldgebiet von Tasmanorb, so nannten zumindest die Menschen das Gebiet, in dem die zwei Gefährten ihre Wege zogen und lebten.

      Weitere kleine, in der Nähe liegende natürliche Höhlen des Felsmassives sorgten zusätzlich für gute Möglichkeiten, in denen Koperian Vorräte wie Holz, Wurzeln, Kräuter und Felle lagern konnte. Auch diese hatte er in den letzten Jahrzehnten mit Türen versehen, um wilde Tiere von seinen Vorräten fern zu halten.

      Koperian lebte schon lange bevor der kleine Gambur dem Elfen begegnet war, als Einsiedler in Tasmanorb. Er unterzog sich der druidischen Schule der Wildnis, welcher er als sein Studium und sein Leben bezeichnete. Über seine wirkliche Herkunft und Kinderstube schwieg sich der rothaarige Druide aus. Indo vermutete, dass Koperian ein Elf aus dem legendären Elfenstaat Saraganthiél von Tasmanorb war, von dem man nur noch aus wenigen und sehr alten Liedern und Erzählungen wusste.

      Einst wohl ein sehr reicher und bekannter Elfenstaat und in vielen Liedern besungen und bestaunt, verschwand er plötzlich aus dem Bewusstsein aller an dem großen Waldgebiet wohnenden menschlichen und nichtmenschlichen Völker. Woran das lag blieb bis heute ein Rätsel. Und die wenigen Elfen, die es in dieser Gegend noch gab, schwiegen sich alle aus.

      Koperian machte hierzu keine Ausnahme.

      - Die Elfen brauchen wohl solche Geheimnisse -, dachte sich der Gambur und beließ es bei seinen Vermutungen.

      Indo beobachtete seinen Ziehvater. Schlank, flink und doch immer elegant bewegte sich der Elf durch das, was seit zwei Jahren ihr gemeinsames zu Hause war.

      Während Koperian die Teller säuberte, dachte Indo daran, wie er zu seinem „Ziehvater“ gekommen war.

      Indo hatte kaum Erinnerungen an die Zeit, in der er bei Seinesgleichen gelebt hatte. Damals, als noch sehr kleines Kind lebte er mit seinen Eltern und ihrer Gamburensippe etwa drei Tagesmärsche nördlich von hier, im Hochland von Bandahr. Das Hochland setzte sich aus vielen kleinen Bachläufen und den felsigen Ausläufern des Bandarer-Gebirges zusammen. Der Boden war karg und die Gamburen lebten hauptsächlich von den dornigen und kleinen Kräutern und Büschen der Umgebung und von Fisch. Sie hausten in Höhlen und Nischen, die der Wind über lange Zeit geschaffen hatte.

      Der Fluß Tezeena kam tief aus dem Gebirge und hatte im Hochland schon eine beträchtliche Größe erreicht. An den Ufern des Flusses trafen sich die Gamburen und ließen ihre Kinder herumtollen. Koperian kam damals regelmäßig in diese Gegend, um die dortige Vegetation und die Halbkobolde zu studieren. Er hielt sich dabei stets abseits und von den Halbkobolden unbemerkt.

      Dann, an dem einen schicksalshaften Tag, den Indo in seinem Leben nie wieder vergessen würde, verfinsterte sich plötzlich der Himmel. Ein riesiger Schwarm Esmodihlen, aggressive aus dem Gebirge kommende Kleindrachen, landeten am Tezeena genau dort, wo die Gamburen zu Hause waren. Die Esmodihlen schrien laut und schrill durcheinander und waren sehr aufgebracht. Manche bluteten, einige torkelten nur durch die Luft und viele von ihnen schienen rasend vor Wut.

      Überraschend und blitzartig schossen sie vom Himmel herab und setzten alles, was sie sahen, mit ihrem Feueratem im Brand. Sie stürzten herab und stießen ihre langen und scharfen Krallen in die Körper der Gamburen und trugen diese unter grausigem Geschrei hinweg.

      Rasch breitete sich das Feuer in dem trockenen Gestrüpp aus. Der Wind schien es förmlich vor sich herzutreiben. Die entstehende Feuerwand schnitt den entsetzt fliehenden Halbkobolden den Weg zu ihren Höhlen ab und trieb sie auf die offene Ebene oder in das Wasser des Tezeena. Die Esmodihlen hatten leichtes Spiel: Sie töteten fast alle Gamburen.

      Die Wenigen, welche in den Teezena sprangen, überlebten den flammenden Atem der Esmodihlen und flohen später nach Tasmanorb hinein.

      So ein furchtbares Gemetzel hatte Koperian noch nie gesehen. Die Kleindrachen raubten und verbrannten alle Gamburen, die nicht schnell genug das Weite suchen konnten. Indos Vater war eines der ersten Opfer. Die Mutter des kleinen Hablkoboldes schnappte ihn unter Todesangst, jagte mit ihren kleinen Sohn wie wild nach links und rechts, bis sie plötzlich das rettende Wasser erspähte. Noch in dem Moment, in dem sie ihr kleines Bündel vor sich her trug und dann in das Wasser gleiten lies, gruben sich große und grobe Krallen tief in ihr Fleisch und trugen sie schreiend davon. Das kleine Gamburenkind glitt vom Ufer ins Wasser und versank, während es langsam von den regelmäßig schlagenden Wellen mitgezogen wurde.

      Koperian glitt leise aus seinem Versteck in das kalte Wasser und tauchte nach dem Bündel. Mit einem Ruck zog er den kleinen Kerl an die Luft und floh mit ihm nach Tasmanorb hinein.

      Indo versuchte sich Bilder seiner Eltern aus seiner Erinnerung hochzuholen, doch sie verblassten immer mehr. Nun war Koperian sein Freund, Vater, sein Ein und Alles.

      Der Tisch vor ihm war inzwischen abgeräumt und sauber, als Indo aus seinen Gedanken hoch schreckte. Koperian hatte bereits seine Lederstiefel und seinen Umhang angezogen und seine Jagdtasche gepackt. Er ergriff Pfeil und Bogen, seine von Elfenschmieden magisch gehärtete, ganz aus Eichenholz gearbeitet Machete, seinen Wanderstab und war bereit zu seinen gewohnten Rundgang durch den Wald aufzubrechen. Der Gambur sputete sich, auf die Schultern des Elfen zu kommen, um mitgenommen zu werden.

      Sie traten aus der Höhle ins Freie. Auf der kleinen Lichtung vor ihrem Wohnort spiegelten sich die Sonnenstrahlen im Tau der Blätter auf unnatürlich stumpfe Art und Weise. Ein paar Schmetterlinge wirbelten um die sich gerade öffnenden Blüten der Blumen und Sträucher.

      Es musste in dieser Nacht sehr gestürmt und sehr viel geregnet haben. Der Platz vor der Höhle erschien wie eine riesige Pfütze. Koperian versank bis zu den Knien im Schlamm. Indo war froh über seinen trockenen Platz auf den Schultern des Freundes. Er verstand nicht, warum der Elf nicht zauberte, um sich das Gehen in diesem Morast zu erleichtern und stattdessen auf sich nahm, drch den Schlamm zu waten. Aber Koperian hatte wiederholt aufs heftigste betont, das Wirken von Magie nur für den Notfall vorgesehen war.

      - Naja -, dachte der Gambur, - es waren ja nicht Indos Füße, die nass und dreckig wurden. Koperian würde wohl erst zu zaubern beginnen, wenn er bis zu Hals im Schlamm versunken war. -

      Der

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