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Kampf und schwerer Streich. Der Riese war ein starker

       Wigand, und wohin er schlug, wuchs kein Gras

       mehr. Endlich aber obsiegte ihm dennoch der mannhafte

       Held Brabon und schlug ihm erst die rechte

       Hand, hernach auch den Kopf ab, und nahm die Hand

       und warf sie über den breiten Strom und rief: So weit

       ich diese Hand werfe, so weit soll auch dieser Strom

       zu dem Lande gehören, das ich mir jetzt erkämpft! –

       Und ging, und dankte für seinen Sieg dem Kriegsgotte

       Mars, und brachte ihm Opfer in seinem Tempel. Und

       die Hand fiel in des Stromes Mitte, und das Land

       ward nach dem Helden Brabant geheißen, und die

       Hälfte der Schelde gehörte fortan zu Brabant.

       Da nun Julius Cäsar aus Britannien zurückkehrte,

       kam Brabon zu ihm und erzählte ihm sein Abenteuer

       mit dem Riesen Antigonus, den er im Ried an der

       Schelde erschlagen. Da lobte ihn der große Feldherr,

       und zog mit ihm nach dem Ort, und ließ dort eine

       Burg erbauen, und weihte sie und gab ihr und dem

       Lande große Rechte und Freiheiten, und machte Brabon

       zu einem Markgrafen des römischen Reiches. Der

       Ort aber ward von dem Handwerfen Handwerpen genannt

       und wuchs und ward groß und mächtig und ist

       jetzt die Stadt Antwerpen.

       Damals hat Julius Cäsar Turnhout gegründet und

       mit großen Freiheiten begabt, und nahe bei Löwen

       das Kaiserschloß gebaut. Da er mit dem Helden Brabon

       dort auf die Jagd ging, schoß er einen mächtig

       großen Adler und nahm das für ein

       glückverkündendes Orakel der Götter an. Darum

       gründete er an jenem Ort eine neue Kolonie und nann-

       te sie Aarschuß, das heutige Aerschot.

       138. Herr Lem

       Überhaupt gab es in frühen Zeiten in den niedern

       Landen gegen das Meer hin gar viele und gewaltige

       Riesen und Heunen, die waren aus Britannien gekommen,

       von der großen weißen Kreideinsel Albionien,

       das nach dem Trojaner Britus seinen spätern Namen

       Britannien empfing. Solch ein Riese saß da, wo jetzt

       Leiden liegt, der hieß Lem, und bekam einen Sohn,

       der hieß auch Lem, und später gründete er eine Stadt,

       da wurde er Herr Lem genannt, weil er darinnen als

       ein Herr gebot, und die wurde nach ihm genannt, das

       ist Harlem. Im Harlemer Walde stand ein Bacchustempel,

       und der ganze Wald war diesem Gotte heilig.

       Von ihm wird noch ein Kanalgraben bei Harlem

       Bakenessergracht genannt, und wo der alte Bacchustempel

       stand, steht jetzt die Bakenesserkerk. Des

       Riesen Herr Lem Frau hieß Walberech und soll ein

       abscheulich großes und starkes Mensch gewesen sein.

       Wenn sie von Holland nach England wollte, tat sie

       nur einen Schritt. Sie hatte große Pferde und Rinderherden,

       die weideten am Ufer der Nordsee, da kam ein

       Schiff mit Räubern gefahren, die landeten an und nahmen

       das Vieh von der Weide und beluden ihr Schiff

       damit, das nicht klein war. Als Walberech kam, nach

       ihren Herden zu sehen, waren diese fort, und fern auf

       der See schwamm das Schiff, wo die Herden darin

       waren. Da trat Walberech in das Wasser, langte hin,

       nahm ihre Herde wieder, hing die Ochsen und Kühe

       auf die eine Seite, die Pferde auf die andere, und die

       Schafe setzte sie auf ihren Kopf, die krochen darauf

       herum wie die Schafläuse auf einem Schafkopf. Das

       Schiff aber nahm Walberech, hob es hoch und schleuderte

       es dann mit Gewalt in das Wasser bis zum

       Grunde. Die Räuber fraß Walberech und trank ihr

       warmes Blut und ging dann wieder nach Hause.

       139. Gangolfs Brunnen

       Im Lande Languedoc war ein Graf, Gangolf mit

       Namen, der zog gegen die Sarazenen und Vandalen

       und kam in Welschland auf ein Blachfeld, wo ein klarer

       Brunnen sprang. Dort ließ er sich nieder, und ließ

       Gezelte schlagen, und trank mit all seinen Wappnern

       aus dem Brunnen, und ließ auch die Tiere tränken. Da

       kam des Feldes Eigentümer daher und schalt und

       sagte, das sei nicht des Landes Gewohnheit und Sitte,

       den Leuten das Gras zu vertreten, und sich ungefragt

       niederzulassen, und Menschen und Vieh aus fremden

       Brunnen zu tränken. Darauf sprach Gangolf sanftmütig

       und freundlich also: Es tut mir leid, mein guter

       Herr, daß es geschehen, doch zürnet nicht allzusehr,

       wenn es Euch genehm, so kaufe ich Euch den Brunnen

       ab. – Das, meinte jener Mann, sei ein Wort, das

       sich hören ließe, und lachte in seinem Herzen als ein

       Schalk, indem er meinte, den Brunnen möge der

       Fremde immerhin kaufen, wenn nur der Platz sein

       bliebe, auf dem er quelle. Und heischte des Geldes

       nicht allzuviel, und Gangolf zahlte es und hob sich

       hinweg mit den Seinen, nachdem er seinen Stab in

       den Quell eine Weile gestellt hatte.

       Da nun Gangolf wieder in seine Heimat nach der

       Grafschaft Burgund kam, stieß er seinen Stab in sei-

       nem Hof in den eignen Grund und Boden, da sprang

       alsbald ein heller, wasserreicher Quell, und jener

       Brunnen, den Gangolf im welschen Lande gekauft,

       versiegte auf immerdar.

       Diese burgundische Sage würde nicht unter den

       deutschen Sagen dieses Buches stehen, wenn sich

       nicht von ihr ein auffallender Widerhall, sogar bis auf

       den Namen, im östlichen Frankenlande fände.

       Am Felsenberge Milseburg im Rhöngebirge

       springt der von allem Volke wertgehaltene Gangolfsbrunnen.

       Da war ein Heiliger, Gangolf geheißen, der

       liebte diesen Berggipfel wegen seiner Einsamkeit und

       kam hinab nach Fulda, die uralte Bischofstadt, und

       fand bei einem Bürger einen klaren Brunnen, kaufte

       den dem Bürger ab, und derselbe meinte wunders, wie

       er den frommen

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