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und so ritten sie miteinander

       eine gute Strecke und wechselten manch

       süßes minnigliches Wort. Siehe, da kam ein stattlicher

       und schöner Ritter dem Jan von Nivelle entgegen,

       der bot ihm nach abenteuernder Ritter Brauch so-

       gleich Kampf an und forderte, daß er mit ihm um die

       Dame eine Lanze brechen solle, und wer obsiege, dem

       solle sie gehören.

       Jan von Nivelle war tapfer genug, um keinem

       Abenteuer sich zu entziehen, hier aber sprach er:

       Weshalb soll ich kämpfen um das, was schon mein

       ist? Die Jungfrau wird wohl wissen, wem sie folgen

       will, sie allein mag entscheiden, wem sie gehört, nicht

       Schwert und Lanze! – Wohlan, edle Jungfrau, so entscheidet

       Ihr! sprach mit höhnischem Blick auf Jan

       von Nivelle der fremde Ritter, und siehe, die Jungfrau

       sprang vom Roß herab und ließ sich von dem Fremden

       auf das seine heben, sei es, daß dieser ihr besser

       gefiel, sei es, daß sie bereits im Einverständnis mit

       ihm war. Jan von Nivelle verlor über diese Treulosigkeit

       kein Wort; er grüßte seinen Gegner nach Rittersitte

       und ritt mit seinem Hunde weiter, nachdenkend

       über des Weibes Art und Launen. Er war aber noch

       gar nicht weit geritten, so kam sein Gegner ihm nachgesprengt,

       der die Schöne einstweilen seiner harren

       ließ, und rief: Meine Herrin hat gar ein großes Wohlgefallen

       an Euerem Hunde, edler Ritter! Wolltet Ihr

       mir den lassen ohne Gefährde? Außer dem müßten

       wir dennoch einen Gang miteinander tun.

       Jan von Nivelle blieb auch bei dieser sehr wenig

       bescheidenen Forderung ganz ruhig und erwiderte: Ich

       habe die Jungfrau nicht gehalten, nach eigener Wahl

       zu handeln, ich halte auch meinen Hund nicht; wen

       von uns zweien er erwählt, der nehme ihn hin. – Des

       war der Ritter sehr erfreut und lockte den Hund und

       bot ihm gute Bissen, aber der bleckte die Zähne gegen

       ihn und knurrte ihn grimmig an und wäre ihm vielleicht

       gleich in das Gesicht gesprungen, wenn sein

       Herr ihn nicht abgerufen. Dieser lenkte jetzt ohne

       Gruß sein Roß von dannen, der Hund schoß mit freudigem

       Bellen an ihm vorbei, und jener Ritter wandte

       sich beschämt zu der Jungfrau zurück, die an Treue

       der Hund beschämte. Das ist der Sagenstoff zu Bürgers

       Gedicht Das Lied von Treue.

       Es hat auch noch einen Jan Nivelle den Zweiten gegeben,

       der machte Bekanntschaft mit dem Zauberer

       Heinrich Cornelius Agrippa, und da dieser einst durch

       Nivelle kam, lud er ihn gastlich auf sein Schloß und

       bewirtete und herbergte den berühmten Mann allda

       auf das köstlichste, erzählte ihm die vorstehende Geschichte

       und wünschte sich auch einen so treuen

       Hund. Zum Danke verehrte Agrippa dem Schloßherrn

       einen schwarzen Hund – den haben viele für einen

       schlimmen Geist gehalten, und der Hund hatte einen

       ganz geheimnisvollen Namen, und niemand kannte

       ihn als sein Herr, Jan von Nivelle, allein. Diesen

       Hund mochte rufen und anlocken, wer da wollte, er

       hörte auf niemand als auf seinen Herrn. Dieser Jan

       von Nivelle-Montmorency soll der Großvater des

       Grafen Horn gewesen sein, der mit Egmont in Brüssel

       zugleich enthauptet wurde. Seine Mutter war Gudula

       Vilain von Gent.

       144. St. Johannisäpfel

       Es war ein heiliger Bischof von Tongern, zubenannt

       das Lamm, der war vorher ein Ackersmann gewesen,

       der seiner Pflicht lebte und fromme Werke übte. Eines

       Tages zog Johann seine Furchen auf dem Acker, da

       stand ein Mann in Pilgertracht vor ihm, von überirdischem

       Ansehen, und sprach: Gott grüße dich, Bischof

       von Tongern!

       Wen grüßet Ihr also? fragte Johann, indem er sich

       rings umsah. Dich! antwortete der Pilger, den der

       Herr ob deiner Frömmigkeit erkor zum heiligen

       Amte. – Solches glaube ich nimmermehr! Hebe dich

       weg, Versucher! rief Johann aus, so wahr das trockne

       Holz deines Stabes grünet und Früchte trägt, so wahr

       werde ich Bischof von Tongern. – Schaue und glaube

       dann! rief der Pilgrim, stieß seinen Stab in den frischgepflügten

       Ackerboden, und alsbald bedeckte sich

       derselbe mit junger Rinde, trieb Sprossen und Zweige,

       die setzten Blüten an, und die Blüten wurden

       schöne Äpfel.

       Alles ging in Erfüllung, der Baum blieb stehen,

       und seine lieblichen Äpfel wurden durch Schößlinge

       weit im Lande verbreitet und heißen St. Johannisäpfel

       bis auf den heutigen Tag. Noch weiter verbreitet sind

       die Sagen von grünenden Stäben, die meist zu Wun-

       derbäumen erwuchsen, wie in Thüringen jener Wunderbaum

       zu Varila, den Bonifazius aufpflanzte, des

       Papstes Urban Stab in der Sage vom Ritter Tannhäuser

       und manche andere mehr.

       145. So viel Kinder als Tage im Jahre

       Eine Stunde von Gravenhage liegt ein Dorf, das heißt

       Losduinen (sprich Losdeunen), da hat ehemals ein

       Kloster gestanden; die Sage geht alldort, daß dieses

       Kloster wegen ruchlosen Lebens seiner Bewohner in

       einer Nacht versunken sei, und daß an einer gewissen

       Stelle, die aber nicht jeder findet, ein Sausen und

       Brausen in der Tiefe gehört werden könne. Nur die

       Kirche blieb erhalten, sie liegt außerhalb des Dorfes,

       östlich, und es werden in derselben zwei kupferne

       Taufbecken gezeigt, an die sich folgende Geschichtssage

       anknüpft.

       Graf Floris IV. von Holland hatte von seiner Gemahlin

       Mechthild eine Tochter, des Namens Margaretha,

       und vermählte diese mit Hermann I. Grafen von

       Henneberg, den die Alten als einen freudigen und

       mannhaften Helden priesen. Margaretha gebar ihrem

      

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