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Am andern Morgen lagen die Prahlhänse tot vorm

       Hinzenturm, hatte einer den andern durch und durch

       gestochen. – Und noch lange nachher hat der Hinzenspuk

       gedauert, bis ein reguliertes Chorherrenstift erbaut

       ward in der Nähe der Spukgassen, da hat der

       abermalige mächtige Glockenschall die Hinzlein auf

       immer vertrieben.

       129. Die buckligen Musikanten auf dem

       Pervisch

       Zu Aachen, in der alten Reichsstadt, haben einmal

       zwei Musikanten gelebt, von denen hatte jeder einen

       nicht kleinen Buckel; das war aber auch alles, was sie

       miteinander gemein hatten, denn der eine war gut und

       wohlgesinnt, der andere war neidisch und tückisch,

       scheelsüchtig und habsüchtig. Nun trug sich's einstmals

       zu, daß der erstere auf ein Dorf erfordert war,

       dort zu einer Hochzeit mit aufzuspielen, und erst am

       späten Abend heimwanderte. Er mochte dort manch

       gutes Trünklein getan haben, denn er war ganz fröhlich,

       und als er auf seinem Wege am hohen Dome

       vorbeikam, pfiff er wohlgemut ein lustiges Schelmenstücklein.

       Indem schlug die Glocke Mitternacht, und

       alsbald war um ihn her ein Schwirren und Schweben,

       geisterhaft und grauenhaft, und die Gespensterfurcht

       ergriff den Spielmann und trieb ihn eilend vorwärts

       durch die Schmiedegasse vor auf den Pervisch, das ist

       der Fischmarkt. Siehe, da traf es der Spielmann ganz

       hell an, alle Fischbänke waren illuminiert, Wein und

       Speisen die Hülle und Fülle standen auf reich gedeckten

       Tafeln in köstlichen Gefäßen, und vornehme Frauen

       saßen da und schmausten und zechten. Da trat eine

       solche Dame auf den Spielmann zu und sprach:

       Holla, Fiedler! Du kommst gerade recht, jetzt geig

       uns eins auf, wir wollen tanzen! Doch zuvor trink erst

       einmal! – Und reichte ihm würzigen Wein in einem

       Goldpokal, und er trank und erglühte vor Lust, nahm

       sein Saitenspiel und geigte fröhlich darauf los. Und

       die Frauen begannen miteinander zu tanzen im wilden

       Reigen, und des Geigers Tanzweisen gellten wie toll

       durch die Nacht. Da schlug es drei Viertel auf Eins,

       und jetzt ließen allgemach die wirbelnden Paare vom

       Tanzen ab, wie ermüdet – und die Frau, die den Geiger

       angesprochen, trat jetzt wieder zu diesem und

       sprach: Habe Dank und auch Lohn – und dabei strich

       sie ihn mit ihrer Hand sanft über den Rücken, daß er

       vermeinte, sie wolle ihn an sich ziehen – aber indem

       war sie verschwunden, und alle andern Frauen desgleichen,

       und die Lichter, die Speisen, die Geräte –

       alles – und die Münsteruhr schlug eins. Der Spielmann

       ging nach Hause, so leicht, so wohlig – er

       wußte gar nicht, wie ihm geschehen. Und siehe, als er

       sich auskleidete, weg war sein Buckel, den hatte zum

       Lohn die nächtliche Tanzfrau ihm abgestreift. Bald

       lief durch ganz Aachen die Wundermär, die hörte

       nicht sobald der andere Buckelmusikant, als der Neid

       über ihn kam, und dachte, mir soll das doch wohl

       auch gelingen, was jenem Lump gelang. Konnte kaum

       die Nacht erharren, stand lange vor Mitternacht schon

       auf dem Pervisch, seine Geige mit dem Fiedelbogen

       in der Hand. Endlich schlug's, und da glänzten auch

       die Fischbänke voll Lichter, da standen die kostbaren

       Geräte, da reichte ihm eine Dame würzigen Wein,

       alles wie vor geschehen, und forderte auch ihn auf,

       seine Tanzweisen aufzuspielen. Solches tat er, aber

       seine Tänze wurden, ohne daß er wollte, Grabmelodien,

       der Tanz wurde ein Totentanz, die holden Frauenbilder

       wurden zu Gerippen, und als es drei Viertel

       schlug, huschte ein molkiges Schattengebild an den

       Spielmann heran, das hatte zuvor aus einem Silbergefäß

       etwa ein Kleinod gehoben, und sprach: Habe

       Dank und auch Lohn – und hing ihm und drückte ihm

       das Kleinod an die Brust, schier wie einen Orden.

       Dann schwand alles hinweg, und der Spielmann

       wankte und schwankte nach Hause, und war ihm weh

       auf der Brust, und hatte kurzen Odem. Und als er sich

       auszog da hatte er den Buckel seines Spielgesellen

       vorn auf der Brust, und seinen eigenen dahinten, den

       hatte er auch noch, und mußte beide Buckel tragen bis

       an sein Ende. –

       130. Der fliegende Holländer

       Im Lande Limburg liegt ein altes Schloß, das ist Falkenberg

       genannt, darin es spukt und umgeht. Eine

       Stimme ruft gegen die vier Wände den Klageruf:

       Mörder! Mörder! – Zwei kleine Flämmchen flackern

       vor der Stimme her, aber den Rufer sieht keiner. Und

       das ist also seit sechshundert Jahren. Damals, vor so

       langer Zeit, stand das Schloß noch in seinem Glanze,

       zwei Brüder von Falkenberg wohnten darin, die

       hießen Waleram und Reginald und liebten beide die

       schöne Tochter eines Grafen von Cleve, Alix. Waleram

       war der Glückliche, den die Jungfrau erkor, und

       feierte mit ihr glänzende Hochzeit. Dem verschmähten

       Reginald aber wandte der Rachegeist das Herz im

       Busen, und er ging und ermordete die Liebenden in

       ihrem Brautbette. Im Todeskampfe griff Waleram in

       des Bruders Mordwaffe, schlug ihm die blutende

       Hand ins Gesicht und sank dann tot zurück. Der Mörder

       schnitt vom Haupt der von ihm erdolchten Braut

       eine Locke und entwich, war auch nimmer zu finden,

       als man die Toten fand und bejammerte und den Mörder

       ahnete. Es lebte dazumal nicht allzuweit vom

       Schlosse Falkenberg ein frommer Einsiedel, dessen

       Klause neben einer kleinen Kapelle stand. Bei dem

       klopfte es an um Mitternacht und begehrte Einlaß im

       Namen des Himmels. Reginald war's, den die Reue

       marterte, und auf dessen Gesicht die Spur einer blutigen

       Hand

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