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konzeptionell zu integrieren. Daraus ergeben sich unmittelbare Einflüsse auf den Deutsch- und Literaturunterricht, vor allem eine Stärkung der Inhalte und Kompetenzen, die sich auch daran messen lassen müssen, inwiefern sie dazu beitragen „to making the world a better place for humanity“ (UNESCO 2017, Q 3/A 3). Fächerverbindendes Lernen wird von der Ausnahme zum Standard. Lernen muss systematisch in größere Zusammenhänge, in einen Weltmaßstab, eingebunden werden.

      Diese Einsichten führen zu einem Umdenken mit Blick auf die Kompetenzen, und neue Wege zum Erreichen der neuen Ziele entstehen, beispielsweise das EU-Bildungsprojekt A Rounder Sense of Purpose (RSP), das die einschlägige Sensibilisierung und Qualifizierung von Lehrkräften unterstützt. Die Förderung von u.a. Empathie sowie Werte- und Verantwortungsbewusstsein, die in enger Verbindung zu den 17 SDGs steht, gehört dazu. Grundständige Nachhaltigkeitskompetenzen dürfen nicht in Untergruppierungen zerfallen, damit das entsprechende Lernen nicht in zusammenhanglose Teilgebiete auseinanderbricht: „Such an approach of assessing individual ‚pieces of learning‘ runs counter to the whole notion of holistic thinking that is central to sustainable development.“ (RSP 2019) Vielmehr müssen ganzheitliche Lernprozesse gefördert werden, die fachliches Wissen integrieren. Auf Ganzheitlichkeit gerichtetes holistisches Denken hilft, Visionen für Veränderung zu entwickeln, um Transformation zu erreichen. Die Forderung nach Futures Literacy, von der UNESCO zu einem neuen universellen Bildungsziel bestimmt, macht darüber hinaus noch deutlicher, wohin die Zukunft des Lernens und Lehrens geht. Im Folgenden wagt dieser Beitrag daher einen Ausblick.

      4. Ausblicke

      4.1 Neue Kompetenzen für die Große Transformation

      Die Notwendigkeit nachhaltigen Lernens und Lehrens ist nicht von der Digitalisierung zu trennen, vielmehr geht beides für eine gemeinsame Zukunft Hand in Hand. Der Wissenschaftliche Beirat globale Umweltveränderungen (WBGU), der seit vielen Jahren die jeweilige deutsche Bundesregierung berät, benennt drei Dynamiken, die, Wellen gleich, die Transformation zur Nachhaltigkeit gestalten: Digitalisierung für Nachhaltigkeit, nachhaltige digitale Gesellschaften und die Zukunft des Homo sapiens – das Ziel, auf dessen Weg wir uns bereits befinden: „In der Dritten Dynamik stellen sich Fragen über die Zukunftsfähigkeit sowie Identität des Menschen und menschlicher Gesellschaften im Verhältnis zur sich entwickelnden natürlichen und technischen Umwelt“ (WBGU 2019a, 7). Zur Bewältigung dieser weltweiten Herausforderungen sind gesellschaftliche Dialogprozesse zentral, so der WBGU weiter, und plädiert für die Einrichtung von „Diskursarenen“ (ebd.). Damit die Kinder und Jugendlichen befähigt werden, sich aktiv an solchen Zukunftsdiskursen beteiligen zu können, leistet der Deutsch- und Literaturunterricht in mehrfacher Hinsicht wertvolle Bildungsarbeit. Diese liegt nicht nur auf der Wissensebene, beispielsweise durch Förderung der allgemeinen Sprach- und Lesefähigkeiten und durch die Vermittlung umweltbezogener Inhalte, sondern auch im Bereich der Identitätsbildung und Identitätsreflexion einschließlich der damit zusammenhängenden sozialen Bedingungen und Veränderungen.

      Wie oben bereits dargelegt, kann kein Kind im 21. Jahrhundert aufwachsen, ohne sich mit der Umweltkrise und der Digitalisierung zu beschäftigen, die somit unmittelbaren Einfluss auf die Identitätsbildung und Zukunftsfähigkeit gewinnen. Bildung für die digitalisierte Nachhaltigkeitsgesellschaft kann gar nicht früh genug konzipiert werden, zumal es noch viele Unsicherheiten in Bezug auf die Auswirkungen der radikalen Umbrüche gibt, von denen die Gegenwart geprägt ist. Vier Kompetenzen werden daher besonders relevant, die noch über die aus BNE bekannten und z.B. im RSP-Projekt reflektierten hinausgehen und zukünftige Bildungsinstrumente und -formate prägen können. Es sind dies die Transformations-, Nachhaltigkeits-, Antizipations- und Digitalkompetenzen (ebd., 25). Eine davon wird durch literarisch-ökologisches Lernen einzigartig gefördert: die Antizipationskompetenzen.

      Sie sind speziell auf die Reflexion ausgerichtet, wie Theorien, Konzepte und Wirklichkeitsannahmen auf Zukunftsvorstellungen wirken und wie diese Vorstellungen von Zukunft wiederum die Handlungen und Entscheidungen der Gegenwart prägen. Beispiele sind die gezielte Suche nach abweichenden Sichtweisen, Sensibilität für strukturelle Macht etablierter Wissensbestände und Praktiken sowie Erfahrungswissen und Lernen durch Erleben oder Simulationen (ebd., 388).

      Punkt für Punkt lässt sich nachweisen, inwiefern Literatur den Kindern und Jugendlichen Antizipationskompetenzen vermittelt:

      • Literarische Zukunftsvorstellungen sind als Fiktionen zugleich konkrete Wirklichkeitsannahmen.

      • So wirken sie auf Handlungen und Entscheidungen der Gegenwart ein, z.B. Dystopien als Warnliteratur.

      • Literatur liefert anderes Wissen und ist mehrperspektivisch, sensibilisiert die Lesenden daher gegenüber der Macht etablierter Wissensbestände.

      • Literatur ist der Ort schlechthin, um durch fiktionales Erleben und durch Simulationen zu lernen.

      Digitalisierung wirkt disruptiv: Die Gesellschaft muss sich ihrer Dynamik anpassen. Der WBGU, eine wichtige Institution nachhaltigkeitsorientierter Bildungspolitik, widerspricht dieser Auffassung und definiert die Zeit des Umbruchs als eine Zeit der Chancen: Digitalisierung muss so gestaltet werden, „dass sie als Hebel und Unterstützung für die Große Transformation zur Nachhaltigkeit dienen“ (WBGU 2019b, 1) kann. Die obigen Ausführungen haben Perspektiven gezeigt, wie ein moderner Deutsch- und Literaturunterricht, gestützt von einer die neuen Kompetenzen berücksichtigenden Literaturdidaktik, hier fördernd wirken kann. Das ganze Bündel an Innovationen, Maßnahmen und Veränderungen lässt sich einem weiteren neuartigen Begriff zuordnen: Futures literacy. Was damit gemeint ist, darum geht es im nächsten Abschnitt.

      4.2 Futures literacy

      Auf den ersten Blick mag es ungewöhnlich scheinen, dass gegenwärtige Entscheidungen von der Zukunft abhängen sollen. Doch liegt hierin der Schlüssel, wie die Transformation vorangebracht werden kann, indem immer mehr Menschen fähig werden, die Zukunft zu „lesen“. Die UNESCO, die sich selbst diesbezüglich als globales Ideenlabor versteht, definiert Futures Literacy (FL) folgendermaßen:

      Futures literacy is a capability. It is the skill that allows people to better understand the role of the future in what they see and do. Being futures literate empowers the imagination, enhances our ability to prepare, recover and invent as changes occur (UNESCO 2019).

      Es geht darum, die Zukunft effektiver und effizienter zu nutzen und Vorstellungen von Zukunft zu erzeugen, die kognitive, emotionale und konative Aspekte vereinen – wie es Narrationen können. Auf diese Weise geben schlüssige Narrationen – auch die katastrophischen – Orientierung und helfen mit, bereits die Gegenwart besser zu verstehen, indem sie ein weites Spektrum möglichen zukünftigen Handelns aufzeigen. Kompetenzen wie der Umgang mit Unsicherheiten und Unwägbarkeiten bereiten vor, FL hilft, Lösungen zu finden und umzusetzen. Dabei spielen Phantasie, Kreativität und Motivation eine große Rolle, was zugleich genau die Anknüpfungspunkte der Literaturdidaktik sind, die diese Begriffe seit Langem untersucht und nun, unter dem Signum einer kulturökologischen Orientierung, mit FL zu einer Zukunftskompetenz bündeln kann. Welch großer Stellenwert der FL auf diese Weise zukommt, erläutert wiederum der WBGU:

      Gesellschaftliche Verständigung über plausible, mögliche und wünschenswerte Zukünfte und deren politische wie technologische Gestaltung braucht einen reflektierten Umgang mit Trends und Herausforderungen.

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