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mich. „Es war meine Entscheidung. Ich wusste vorher, was passieren würde. Ich komme klar.“

      Ich verzog das Gesicht. „Wenn dich jeder ignoriert? Wirklich?“

      „Derzeit wird jeder einzelne Mann gebraucht, um unseren neuen Plan ohne die Fiorita umzusetzen“, erzählte er.

      „Ihr gebt also nicht auf.“ Leise seufzte ich. „Na ja, wenigstens benutzt ihr keine Fiorita mehr für eure Zwecke.“

      „Nie wieder“, beruhigte er mich. „Dein Vater hat ja auch gemerkt, was er dir mit seinem Plan angetan hat.“

      „Nicht, dass es ihn davon abgehalten hätte“, knurrte ich. Ja, mein Vater hatte mich mit den Fiorita leiden sehen, aber er hatte trotzdem versucht, seinen Plan um jeden Preis durchzuziehen. „Zum Glück hat es nicht funktioniert. Mir tut es nur leid, dass du jetzt der Buhmann bist.“

      „Ganz ehrlich? Ich bin froh drüber, nicht ständig mit jedem dieser Idioten reden zu müssen. Die meisten hier sind und bleiben niedere Verbrecher.“

      Ich runzelte die Stirn. Lloyd gehörte doch selbst der Verbrecherorganisation an. Warum redete er plötzlich so herablassend darüber? „Tja, damit hast du jedenfalls eine neue Herausforderung ...“

      „Eben“, lachte er. „Ich liebe Herausforderungen.“

      „Und ich liebe dich“, antwortete ich leise.

      „Ich dich auch, Mia“, entgegnete er sanft. „Können wir uns morgen treffen? Dann gebe ich dir deine Klamotten und das Liedblatt vom Mondgeist zurück.“

      „Gerne. Ich hab auch noch deine Sportsachen hier. Aber ist es nicht etwas zu riskant, wenn du dich von der Arbeit wegschleichst?“, vergewisserte ich mich. „Du hast dich meinetwegen ohnehin schon ziemlich unbeliebt gemacht ...“

      „Kein Problem“, wiegelte er ab. „Sonst würde ich’s nicht vorschlagen. Sagen wir um zwölf am Brunnen in Gakuen? Dann ist jede Menge los und wir werden gar nicht auffallen. Nach Windfeld käme ich nur ungern, die Ranger dort halten konkret Ausschau nach mir.“

      „Geht klar“, stimmte ich zu. „Ich freue mich schon auf dich.“ Da klopfte es an meiner Zimmertür. „Das müssen Melodia und Haru sein. Bis morgen, Lloyd.“

      „Bis morgen. Ich freue mich auch. Und gute Nacht schon mal“, wünschte er mir, bevor wir auflegten.

      „Melodia? Haru?“, fragte ich zur Sicherheit, damit ich nicht ohne Verkleidung vor einem meiner Kollegen stand.

      „Wir sind’s“, trällerte meine Grundschulfreundin von draußen.

      Schnell ließ ich die beiden ins Zimmer, dann schloss ich die Tür.

      „Bereit für einen spannenden Film?“, kicherte Haru.

      „Mit euch?“ Ich lächelte. „Auf jeden Fall.“

      Es tat wirklich gut, den Abend mit meinen Freundinnen ausklingen zu lassen. Außerdem hatte ich etwas, worauf ich mich freuen konnte. Nämlich mein morgiges Treffen mit Lloyd.

      „Du schon wieder“, brummte ich.

      „Du bist ja immer noch nicht in den Stimmbruch gekommen, Takuto“, lachte mein Gegenüber gehässig und fuhr sich durchs dunkelbraune Haar.

      „Und du bist immer noch nicht charmanter geworden, Mark.“

      Der 17-jährige Ranger grinste nur und widmete sich wieder der Akte in seiner Hand. Ich kannte ihn seit der Grundschule, auch die Ranger-Schule hatten wir gemeinsam besucht. Zu meinem Glück hatte er mich nicht als Mia Sato erkannt. Aber er war und blieb ein übermäßig ehrgeiziges Ekelpaket. Seit er im Hauptquartier stationiert war, war er sogar noch arroganter geworden.

      Ich setzte mich auf Harus Schreibtisch und tauschte einen genervten Blick mit der Technikerin. Melodia hingegen schielte immer wieder unauffällig zu unserem ehemaligen Mitschüler hinüber. Sie fand es selbst schrecklich, dass sie seit Jahren in ihn verknallt war, aber sie konnte es nicht ändern.

      „Guten Morgen!“, riss mich Ulrich aus meinen Gedanken. „Wir haben eine Nachricht vom Vorsitzenden erhalten. Mark, darf ich bitten?“

      Der Angesprochene nickte. Er klappte die Akte zu, richtete seine braune Jacke und räusperte sich. So ein Wichtigtuer!

      „Großes Lob für die Festnahme der sechs Schattenbringer. Bisher haben wir sie nicht zum Reden gebracht, aber das wird schon. Hinweise auf den Bandenboss gibt es noch keine. Aber darum bin ich ja hier. Mit meiner Hilfe kriegen wir die Schattenbringer schon.“

      Ich musste mich korrigieren: selbstgefälliger Wichtigtuer!

      „Ein paar Ranger aus dem Hauptquartier helfen weiterhin bei der Suche nach den Schattenbringern“, ergriff Ulrich wieder das Wort.

      „Und bei der Suche nach Mia Sato“, ergänzte Mark. Er wandte sich Melodia zu. „Du glaubst wirklich, der anonyme Hinweis stammte von ihr?“

      Prompt wurde meine Freundin ein wenig rot um die Nase. „Ja. Es war ihre Stimme. Du weißt doch am besten, dass wir alle zusammen in der Grundschule waren. Ich kenne Mia. Sie hat uns geholfen.“

      Mark hob zweifelnd eine Augenbraue, nickte aber. „Gut möglich, dass sie auf unserer Seite steht. Ich kann mir tatsächlich nicht vorstellen, dass sie Verbrecher unterstützt.“

      Überrascht sah ich ihn an. Etwas Nettes über mich aus seinem Mund zu hören, hätte ich nie erwartet. Doch es freute mich.

      Melodia strahlte ihn an. „Danke! Danke, dass du vernünftig bist, Mark.“

      Da lachte er auf. „Ist doch logisch. Jemand wie Mia hätte nicht den Schneid, Verbrechen zu begehen.“

      Jakob unterdrückte ein Kichern, grinste aber in meine Richtung. Ich verdrehte die Augen. Mark war ein Idiot.

      „Takuto, Mark ist gemein“, jammerte Melodia und warf sich stürmisch in meine Arme.

      Perplex fing ich sie auf, ohne vom Schreibtisch aufzustehen. „Äh, ja ... nichts Neues“, entgegnete ich.

      Sie drückte mich fester. „Zum Glück hab ich dich. Du bist der netteste, vernünftigste und liebste Kerl der Welt! Und der beste Ranger!“

      Verkrampft lächelte ich. Ich wusste wohl, dass sie Mark mit dieser Szene eifersüchtig machen wollte, aber jetzt gerade sorgte sie eher dafür, dass mich jeder Ranger in dieser Zweigstelle hasste. Die vielen bösen Blicke hätten töten können. Nicht nur Lasse, Leo und Genta erdolchten mich gerade mit den Augen, auch Mark tat es.

      Vorsichtig löste ich mich aus der Umarmung meiner Freundin. „Du übertreibst, Melodia.“

      „Was liegt heute an?“, wechselte Haru das Thema, wofür ich sie dankbar ansah.

      Sofort verteilte Ulrich die Aufgaben des Tages. „Lasse, Genta, ihr eskortiert einen Transporter mit wertvollen Zuchtanimalia. Der Besitzer befürchtet, dass jemand es auf seine Fiorita abgesehen hat. Leo, Viktor, ihr helft den Rangern aus dem Hauptquartier bei den Ermittlungen. Jonas, Eduard, wir gehen auf Patrouille. Jakob, du hältst hier die Stellung. Takuto ... mach, was du willst.“

      Ich schmunzelte. „Gerne.“ Optimal. Ich hatte wie üblich völlig freie Hand, sodass ich mich mittags unauffällig mit Lloyd treffen konnte. Der Vorsitzende hatte beschlossen, dass ich allein arbeiten durfte, obwohl Ranger normalerweise immer zu zweit unterwegs waren. Aber meine Leistungen während der Schulzeit hatten ihn überzeugt.

      Wir frühstückten noch gemeinsam, danach verließ ich die Zweigstelle und holte die Tüte mit Lloyds Sportsachen aus meinem Zimmer. Bis zwölf Uhr war es noch eine Weile hin, also begab ich mich auf einem Flugvogel in den Wald zwischen Brislingen und Gakuen.

      Ich landete auf der Lichtung, auf der ich zum ersten Mal Shadow gerufen hatte. An diesem Ort rief ich die Fiorita am liebsten zu mir. Die Lichtung war klein, kreisrund und vollständig von Bäumen umgeben. Inmitten der Wiese lag ein

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