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Augenhöhe begegneten. Eine sich in den Quellen andeutende geistige Verwandtschaft beider endete wohl mit Bengschs Ernennung zum Berliner Weihbischof. Brockhoff hatte als kaum Zwanzigjähriger den Zweiten Weltkrieg als Soldat der Wehrmacht erlebt und war 1945 aus russischer Kriegsgefangenschaft geflohen.595 Nach dem Studium der Theologie in München und Paderborn wurde er am 25. März 1950 in Paderborn zum Priester geweiht und trat bereits am 18. April 1950 eine Vikariatsstelle in Merseburg an.596 Damit reihte er sich in die Gruppe jener Priester ein, die von Lorenz Kardinal Jaeger in die DDR geschickt worden waren. Er nahm diese Sendung als Berufung wahr und blieb wie einige andere auch im SED-Staat auch über die Vikariatszeit hinaus.597 Nach einer kurzen Tätigkeit in Dölau wurde er am 12. Oktober 1953 zum „Studentenseelsorger mit dem Titel ‘Studentenpfarrer‘ in Halle/Saale berufen.“598 Bis 1967 leitete er daraufhin sowohl die Thomas-Morus-Studentengemeinde als auch den Hallenser Sprachenkurs im von ihm errichteten Haus im Mühlweg 18.599 Diese Verbindung von Studentengemeinde und Sprachenkurs, von Hugo Aufderbeck und Adolf Brockhoff zusammen erdacht, wurde als „Hallenser Experiment“600 bezeichnet, weil der vielfach gelungene Versuch, zukünftige Priesteramtskandidaten nicht von der Welt abgeschottet zu erziehen, ein Novum darstellte.601 Die ostdeutschen Bischöfe hatten 1965, ohne Pfarrer Brockhoff davon vorher in Kenntnis zu setzen, dem Sprachenkurs einen Präfekten gegeben und damit das Ende der Leitungstätigkeit von Adolf Brockhoff eingeleitet. Über die tatsächlichen Hintergründe dieser Personalpolitik ist bislang noch wenig bekannt. Den mit der Entfernung aus diesem Amt verbundenen Vertrauensbruch zwischen Brockhoff und den ostdeutschen Ordinarien hat er zeitlebens nicht überwunden.602 Ob eine von Kardinal Jaeger im September 1966 erwogene Ernennung Brockhoffs zum Geistlichen Rat mit seiner bevorstehenden Entlassung in Zusammenhang steht, ist unklar.603 Weihbischof Rintelen kommentierte die Pläne des Kardinals kritisch. 1967 hatte sich Adolf Brockhoff für ein Jahr bei vollem Gehalt beurlauben lassen, um sich wissenschaftlich weiterbilden zu können, da „seine Fähigkeiten nur noch zum Journalismus reichten“ und er „durch ein Jahr Ruhe auch menschlich wieder zu sich finden müsse.“604 Über weitere Hintergründe dieser Auszeit machte er keine Angaben.605 Für Rintelen stand nicht nur deshalb fest, dass Brockhoff „ein Nonkonformist ist und bleibt.“606 Gegenüber Kardinal Jaeger erklärte Rintelen:„Ich bin überzeugt, dass Brockhoff, wenn Du ihn etwa zum Geistlichen Rat ernennen würdest, in ein homerisches Gelächter ausbrechen würde. Es geht aber auch sonst nicht, dass Du Brockhoff eine besondere Ehrung zukommen lässt. Zwei Geistliche haben bei mir schon ihre Empörung geäußert, dass ich Brockhoff bei vollem Gehalt für ein Jahr beurlaubt hätte. Man brauche in der Kirche nur entsprechend frech zu sein und sich querzustellen, dann erhalte man alles. Sie würden auch demnächst kommen und ein Jahr Urlaub erbitten. Brockhoff will das Jahr in einem Wochenendhaus in der Nähe von Dresden verbringen. Das Haus gehört seinem Freunde, dem Oratorianer Sonntag. Er will daselbst, wie er mir mitteilte, über den Thessalonicherbrief arbeiten. Ich selbst werde Brockhoff auch weiterhin, wenn ich Gelegenheit habe, gütig und wohlwollend behandeln, wenngleich meine Räte das allerdings nicht mehr für richtig halten.“607 Zum 3. Januar 1968 übernahm Adolf Brockhoff die Pfarrei St. Norbert in Merseburg.608 Nach nur zwei Monaten Tätigkeit in Merseburg hatte der Paderborner Kardinal erwogen, den von Rintelen als „Nonkonformisten“ deklarierten Brockhoff zum Dechanten eines neu zu errichtenden Dekanates Merseburg zu ernennen. Davon hatte Rintelen allerdings aufgrund Brockhoffs theologischer Ansichten abgeraten.609 In Merseburg wirkte Pfarrer Brockhoff bis zu seiner Suspendierung durch Bischof Braun im Jahr 1971. Dieser Suspendierung war eine seit mehreren Jahren bestehende Beziehung Adolf Brockhoffs zu einer jungen Frau vorangegangen, aus der drei Kinder hervorgingen.610 In einem Gespräch am 17. Juni 1971 hatte Bischof Braun Adolf Brockhoff den Vorwurf gemacht, den Zölibat verletzt zu haben.611 Bereits am 24. Juni wurde Brockhoff bis zu einer erneuten Aussprache mit Johannes Braun am 20. Juli 1971 vorübergehend als Pfarrer von Merseburg nach can. 2279 §2 CIC (1917) suspendiert.612 Adolf Brockhoff ordnete das eingeleitete Verfahren in einen größeren Zusammenhang ein und stilisierte sich dabei als Opfer einer weitverzweigten, bischöflichen Missbilligung.613 Fraglich ist, ob der von Pfarrer Brockhoff beschriebene Kontext tatsächlich in dieser Form vorlag und ob er auf das kirchenrechtliche Prozedere einen Einfluss hatte. Gegen das bischöfliche Vorgehen protestierte der Hallenser Aktionskreis. Nach einer ausführlichen Beratung auf der 7. Vollversammlung im September 1971 hatte sich die Gruppe mit Pfarrer Brockhoff uneingeschränkt solidarisch erklärt.614 Das von Bischof Braun gegen Adolf Brockhoff initiierte kirchenrechtliche Verfahren, das durch verschiedene kanonische Gutachten und nicht zuletzt durch den Paderborner Kardinal beanstandet worden war, kann an dieser Stelle nicht erörtert und bewertet werden.615 Im Ergebnis dessen war es 1972 zur „Zwangslaisierung“616 Adolf Brockhoffs gekommen, der sich die ebenfalls „erzwungene“ Ausreise der Familie Brockhoff 1975 in die Bundesrepublik anschloss.617 Für den Aktionskreis Halle bedeutete dies nicht nur, dass ein zentraler Protagonist der Gruppe öffentlich von seinen kirchlichen Ämtern suspendiert worden war und das Land verlassen hatte. Die Aussiedlung Brockhoffs drängte den AKH dazu, sich neu finden und neu organisieren zu müssen. Denn zwischen der Suspendierung 1971 und der Aussiedlung 1975 war Brockhoff unter anderem von der Pfarrgemeinde Leuna für eine Referententätigkeit angestellt worden, die er vorwiegend im AKH durch Vorträge und Aufsätze wahrnahm. Das Geld hierfür stellte das von Heribert Kamper maßgeblich gefüllte Konto des AKH für Priester ohne Amt (PoA) zur Verfügung. Trotz aller Erklärungsversuche bleibt letztlich unverständlich, weshalb Adolf Brockhoff, der für seine „an Brutalität grenzende Offenheit“618 geschätzt wurde, eine Aussage über die Vaterschaft vehement verweigerte. Sicher wollte er kein Exempel gegen die zwingende Verbindung von kirchlichem Amt und Zölibat statuieren. Der „Fall Brockhoff“ - dem noch weitere folgten und der letztlich nur Verlierer kannte - offenbarte, welche Schwierigkeiten daraus erwuchsen, wenn nachkonziliar geprägte Illusionen mit der kirchlichen Realität und den geltenden kanonischen Normen konfrontiert wurden. In der DDR war das Schicksal der laisierten Priester zudem davon bestimmt, dass eine anschließende Tätigkeit zur Sicherung des Lebensunterhaltes weder von Seiten der Kirche noch des Staates problemlos möglich war. Die Übersiedlung in die Bundesrepublik und eine anschließende Tätigkeit als Lehrer war für den dreifachen Familienvater Brockhoff schließlich auch eine materielle Notwendigkeit. Trotz weiterer Kontakte über die innerdeutsche Grenze hinweg ist für den AKH die Zeit nach 1975 als „Post-Brockhoff-Ära“ zu bezeichnen. Es stellt für die Gruppe eine nicht zu unterschätzende Leistung dar, sich danach neu geordnet und neuen Themenfeldern zugewandt zu haben. Für diese Neuorientierung ist ein Vordenker von besonderer Bedeutung.

      Vor allem in der zweiten Hälfte der 70er Jahre und zu Beginn der 80er Jahre hat Joachim Garstecki die Rolle des zentralen Vordenkers hinsichtlich der thematischen Ausrichtung des Kreises übernommen.619 Er zählte zwar nicht zu den Gründungsmitgliedern, gehörte jedoch dem AKH-Sprecherkreis seit 1972 an und übernahm nach Claus Herold die Funktion des Sprechers des AKH. In dieser Eigenschaft stellte er von 1974 bis 1978 seine Privatadresse als Kontaktadresse für den Aktionskreis Halle öffentlich zur Verfügung. Willi Verstege übernahm diese Funktion von 1978 bis 1991. Ein im Rahmen der zeitgeschichtlichen Forschung bislang kaum gewürdigtes ökumenisches Zeichen stellt das Faktum dar, dass Joachim Garstecki als katholischer Theologe von 1971 bis 1990 im Dienst des Bundes der Evangelischen Kirchen gearbeitet hat und dort für das Referat Friedensfragen verantwortlich war:620 von 1971 bis 1973 im Sekretariat des DDR-Kirchenbundes, von 1974 bis 1990 als Studienreferent für Friedensfragen in der Theologischen Studienabteilung.621 Diese Tätigkeit hatte unmittelbare Rückwirkung auf die katholische Kirche in der DDR: einerseits über den AKH, dessen Sprecherkreis Joachim Garstecki von 1972 bis Mitte der 80er Jahre angehörte, aber auch über die katholischen Studentengemeinden und Akademikerkreise, in die er als Referent eingeladen war, schließlich publizistisch über Presse und Medien in der Bundesrepublik, die in die DDR zurückschallten. Die evangelischen Kirchen vernachlässigten dieses Unikum als einen der DDR-Situation geschuldeten einmaligen Sonderfall, der auf die „normalen Beziehungen“ zwischen den evangelischen Kirchen und der katholischen Kirche nicht übertragbar sei. Die katholische Kirche in der DDR ignorierte diese Personalie als kirchenpolitischen Unfall, der gemäß den Prinzipien der politischen Abstinenz der BOK/BBK nicht hätte passieren dürfen

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