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eines innerkirchlichen Zusammenschlusses bereit, auf den der AKH selektiv zurückgriff. Den Konzilserklärungen und dem bundesdeutschen Vorbild folgend, emanzipierte sich der AKH vom Modell der „Katholischen Aktion“ und formierte sich praeter legem als kirchliche Vereinigung ohne klerikale Leitung. Grundlegend für alle Reformen und Initiativen war allerdings die besondere kirchliche Situation in einer sozialistischen Diktatur. Die Übernahme der drei Schlagwortforderungen durch den AKH stellte daher keine bloße Kopie westdeutscher Erklärungen dar. Es muss vielmehr als eigene Leistung gewürdigt werden, diese Forderungen angesichts der ostdeutschen Situation eines totalitären Staates artikuliert zu haben. Das Eintreten für innerkirchliche Reformen und ein größeres gesellschaftliches Engagement der Kirche verlangte in der DDR aufgrund der latenten staatlichen Vereinnahmungsund Differenzierungstendenzen eine hohe Sensibilität und eine im Vergleich zu den bundesdeutschen Gruppen stärker ausgeprägte Risikobereitschaft. Wie die Geschichte des AKH eindrücklich vor Augen stellt, konnte die programmatische Distanz zum kirchenpolitischen Kurs der ostdeutschen Bischöfe leicht existentielle Konsequenzen nach sich ziehen.

      3.2Strukturen, Mitglieder, Verbindungen

      Aus der Organisation und dem Mitgliederprofil lässt sich ablesen, dass es sich beim AKH um eine neue Form des Zusammenschlusses von katholischen Christen in der DDR handelte, die nicht dem kirchlich präferierten Modell der „Katholischen Aktion“ folgte.

      Bereits seit den ersten Treffen im Sommer und Herbst 1969 sind als Strukturen organisierte Versammlungen und ein moderierendes Gremium nachweisbar.521 Die Ordnung des AKH von 1970 definierte als feste Institution quartalsweise abzuhaltende „Vollversammlungen“522. Diese zentralen Dialogveranstaltungen sollten von einem demokratisch gewählten und paritätisch von Priestern und Laien zu besetzenden „Sprecherkreis“523 vorbereitet und geleitet werden.524 Diesem Sprecherkreis kam neben der thematischen Vorbereitung der regelmäßigen Treffen auch die Erstellung des AKH-Rundbriefes zu.525 Hierzu traf er sich regelmäßig zwischen den Vollversammlungen zu abendlichen Besprechungen und spätestens ab 1976 auch einmal jährlich zu einer Klausurtagung.526 Mit dieser koordinierenden und ideenreichen Vorarbeit präfigurierte der Sprecherkreis im Wesentlichen die thematische Orientierung des Aktionskreises.527 Seine Positionen wurden allerdings erst durch die Vollversammlung verbindlich beschlossen. Die Ordnung des AKH sah zudem die Bildung von regionalen oder thematischen Arbeitsgruppen „zur Erledigung ständiger oder einzelner Aufgaben“528 vor. Unter anderem gab es diakonisch orientierte Arbeitsgruppen zu den Themen Hilfe für Familien mit behinderten Kindern529, Seniorenseelsorge530 und Abtreibungsgesetzgebung531. Daneben organisierten sich Arbeitsgruppen für exegetische, theologische und soziologische Fragestellungen.532 Diese Gruppen waren unterschiedlich groß und bestanden unterschiedlich lange. Nicht selten bedeutete das Erstellen einer thematischen Abschlusserklärung als Empfehlung an die AKH-Vollversammlung auch das faktische Ende der AG. Freiwillige Spenden der Mitglieder und Informationsempfänger finanzierten die Arbeit des AKH.533 Hatte der Aktionskreis bereits bei seiner Grundsatzerklärung deutliche Anleihen bei den bundesdeutschen Formulierungen der AGP gemacht, so lässt sich dieser Adaptionsprozess auch bei der Ausdifferenzierung seiner Struktur und Organisation beobachten. Sowohl die Aufnahmekriterien als auch die Strukturen und Organe bezog der AKH in teils nur marginal abgewandelter Form von der Satzung der Arbeitsgemeinschaft bundesdeutscher Priestergruppen.534 Als bedeutender Unterschied ist jedoch auf die ausgeprägte Gleichberechtigung von Priestern und Laien zu verweisen. Die Priestergruppen in Westdeutschland und ihr Dachverband öffneten sich erst sukzessive für eine Laienbeteiligung.535 Demgegenüber kann es als ein Alleinstellungsmerkmal des Hallenser Aktionskreises gelten, dass er von Anfang an aus Priestern und Laien bestand, die gleichberechtigt im Sprecherkreis als seinem Exekutivgremium vertreten waren.

      Für den AKH sind drei grundlegende Personengruppen zu unterscheiden: eingeschriebene Mitarbeiter des AKH; Sympathisanten, die überwiegend als Gäste der Vollversammlungen in Erscheinung traten; Empfänger der Rundbriefe.536 Mitarbeiter konnte werden, wer durch seine Unterschrift verbindlich die Bereitschaft erklärte, die Ziele der Grundsatzerklärung mitzuverfolgen.537 Zunächst beschränkte die Geschäftsordnung die Teilnahme nur auf Katholiken mit ständigem Wohnsitz in der DDR.538 Diese Limitierungen wurden jedoch in den darauffolgenden Jahren zugunsten einer ökumenischen Öffnung weitgehend fallen gelassen. Gäste waren von Beginn an ausdrücklich erwünscht, verstand man sich doch als Kommunikationsplattform für einen möglichst breiten innerkirchlichen Dialog.539 Diese explizite Offenheit gehörte zwar zum Selbstverständnis der Gruppe, hatte aber angesichts des totalitären Überwachungsstaates der DDR durchaus ambivalente Implikationen.540 Der Vorwurf einer Zweiklassengesellschaft im AKH lässt sich aus den Quellen nicht bestätigen. Zwar entwickelte sich nach einiger Zeit der Modus, dass sich am Vorabend von Vollversammlungen die eingeschriebenen Miglieder des Aktionskreises trafen, um Interna zu besprechen. Dass allerdings auf der anschließenden Vollversammlung nur noch abgestimmt wurde, was ohnehin schon intern entschieden worden war, lässt sich nicht nachvollziehen. Zudem unterschieden sich die Rechte von Mitarbeitern und Sympathisanten nur hinsichtlich eines qualifizierten Stimmrechts, der Wahrnehmung eines Mandats im Sprecherkreis und der Teilnahme an internen Sitzungen.541 Die Rundbriefe konnte beziehen, wer dies schriftlich oder mündlich beim AKH anmeldete, wobei die ostdeutschen Bischöfe passive Empfänger der Rundbriefe waren, die ihnen unaufgefordert zur Verfügung gestellt wurden.

      Eine quantitative Betrachtung des AKH ergibt, dass die Gruppe keine fest umschriebene oder starre Institution war. Vielmehr lassen sich vor allem 1969/70 erhebliche personelle Fluktuationen beobachten. Während die erste Protestkundgebung vom 19. Juli 1969 zunächst 130542 und später gar 155543 Unterzeichner der Note an den Papst und die Kardinäle aufwies, nahmen am Nienburger Treffen am 27. September 1969 lediglich 29, an der Versammlung am 14. März 1970 immerhin 75 und an der konstituierenden Gründungsvollversammlung des AKH 53544 Personen teil.545 Offensichtlich hatten die Arbeitsweise und das Vorgehen des sich formierenden AKH nicht wenige Sympathisanten der ersten Stunde Distanz suchen lassen.546 In diesem Zusammenhang gewinnen die Zahl und der Kreis der Empfänger der AKH-Rundbriefe an Bedeutung. Waren es im Gründungsjahr 1970 noch 109547 Informationsempfänger, so stieg ihre Zahl bereits 1974 auf 309548, 1975 auf 338549 und sank im Jahr 1977 auf 270550. Ob sich diese Zahlen in den 80er Jahren wesentlich verändert haben, ist nicht überliefert. Da in den Quellen des AKH vereinzelt äußerst detaillierte Adresslisten erhalten geblieben sind, kann eruiert werden, wie sich der Empfängerkreis der Briefsendungen zusammensetzte.551 Vermutlich hatte es ein 1982 vom MfS geplanter Einbruch in das Nienburger Pfarrhaus auf genau diese Listen abgesehen.552 Eine exemplarische Aufschlüsselung der 309 Briefempfänger für das Jahr 1974 zeigt, dass 66 Mitglieder des Aktionskreises, 122 Empfänger im Bischöflichen Amt Magdeburg (BAM), 109 innerhalb der DDR und 12 Personen in der Bundesrepublik die Briefe erhalten haben.553 Eine noch detailliertere Empfängerliste aus dem Jahr 1977 lässt weitere Schlüsse zu. Zunächst kann für den Zeitraum, in dem diese Liste verbindlich war, und dieser dürfte sich wohl über das Jahr 1977 hinaus erstreckt haben, festgehalten werden, dass die AKH-Rundbriefe in alle ostdeutschen Bistümer und Jurisdiktionsgebiete verschickt wurden.554 Im Bischöflichen Amt Magdeburg erhielten nicht nur die 69 Mitglieder des AKH, sondern noch weitere 45 Laien und 43 Priester sowie die beiden Bischöfe den Rundbrief.555 DDR-weit erhielten weitere 37 Priester556, 41 Laien557 sowie Bischof Aufderbeck558 die Rundbriefe. In der Bundesrepublik gingen die AKH-Rundbriefe unter anderem an Hubertus Halbfas559 und Klemens Richter560 sowie an Empfänger in München, Dortmund, Münster, Essen, Bochum, Karlsruhe.561 Zwar wird man aus der Anzahl der Briefempfänger nicht leichthin weitere Sympathisanten extrapolieren können. Eher dürfte die in der DDR dauerhaft unbefriedigende Informationsversorgung für die Bestellung der AKH-Informationen mit ausschlaggebend gewesen sein. Dennoch ist festzuhalten, dass nicht nur verschiedene Professoren des Erfurter Theologisch-Philosophischen Studiums die Rundbriefe von Anfang an erhielten (H. Schürmann, W. Ernst, B. Löwenberg, L. Ullrich, G. Hentschel, K. Feiereis)562, sondern auch

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