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Chef? Das wäre großartig.“

      „Wirklich Yasi und wenn Sie wollen, sagen Sie doch einfach Dieter zu mir.“ Upps, kaum ausgesprochen wird mir klar, dass ich nun weit über das Ziel hinausgeschossen bin. Der Dieter war ich in Landau, nun bin ich Oberkommissar.

      „Aber nein, mein Chef, das würde ich mich doch nie trauen“, zieht mir das sympathische Mädchen den Kopf wieder aus der Schlinge, in die ich ihn selbst hineingelegt habe.

      Nach einer weitaus gemäßigteren Fahrt erreichen wir Clausen, das deutlich größer zu sein scheint, als ich es erwartet hatte. Trotzdem versuche ich es mit dem erstbesten Passanten, den ich auf der Straße sehe.

      „Entschuldigen Sie“, spreche ich ihn durch das herabgelassene Seitenfenster an, „können Sie mir sagen, wo hier in Clausen ein Peter Brechtel wohnt?“

      „Der Brechtel Peter? Das kann Ihnen jeder Clausener sagen, wo der wohnt. Da fahren Sie dort den Kreuzberg hoch“, und zeigt dabei auf einen Berg in nordöstlicher Richtung, „bis es nicht mehr weiter geht. Wenn Sie unsicher sind, können Sie nach Gehör fahren, indem Sie dem Hühnergegacker, dem Schweinegrunzen und dem Ziegengemecker folgen oder Sie fahren einfach der Nase nach. Es ist das Haus mit dem Misthaufen vor der Eingangstür.“

      So fahre ich dem Berg in nordöstlicher Richtung entgegen, bis ich vor dem kleinen Häuschen, mit dem Misthaufen vorne dran, den Mini abstelle. Eine Frau, circa Mitte fünfzig, ist gerade damit beschäftigt, den Hühnern Körner in den Hof zu streuen und dabei »putt putt putt« zu rufen. Aus einem Kübel bei der Eingangstreppe fressen gerade zwei Hausschweine zusammen mit einigen Ziegen. So oder so ähnlich hat es zu meiner Kindheit noch an vielen Häusern ausgesehen. Leider hat es zu der Zeit auch vor vielen Häusern so gerochen. Vor allem Schweinemist hat eine ganz besondere Note.

      „Guten Tag“, spreche ich die Dame an, obwohl es eigentlich schon Abend ist, „können Sie mir sagen, ob das hier das Haus von Peter Brechtel ist und wenn ja, ob er denn auch zu sprechen wäre?“

      „Wer will das wissen?“, fragt die Frau unvermittelt.

      „Entschuldigen Sie bitte“, entschuldige ich mich, „mein Name ist Dieter Schlempert und das ist meine Kollegin Yasmin Kalt. Wir kommen vom Kommissariat in Neustadt an der Weinstraße.“

      „Und was will der Dieter Schlempert mit seiner Kollegin Yasmin Kalt vom Kommissariat in Neustadt an der Weinstraße vom Peter Brechtel?“

      „Liebe, gute Frau“, probiere ich es noch einmal mit Engelszungen, „würden Sie mir bitte sagen, in welchem Verhältnis Sie zu Peter Brechtel stehen? Von dieser Information ist es abhängig, wie viel meines Wissens ich mit Ihnen teilen kann.“ Oh Mann, gleich hab ich einen Knoten in der Zunge von der geschwollenen Ausdrucksweise.

      „Verhältnis ist gut“, sagt sie freundlich lächelnd, „mein Verhältnis zu Peter verhält sich folgendermaßen: Ich bin die Mutter seiner sieben Kinder und seit über dreißig Jahren sein angetrautes Weib.“

      Warum nicht gleich so? „Dann tut es mir aufrichtig leid Frau Brechtel, ich fürchte, dass wir schlechte Nachrichten für Sie haben“, versuche ich mich so einfühlsam wie nur möglich auszudrücken. „Wir haben Grund zur Annahme, dass Ihr Mann einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen ist.“

      Jetzt fängt die Frau auch noch an zu lachen und gibt dabei den Blick auf ihr tadelloses Gebiss frei.

      „Mein Peter?“, lacht sie, „einem Gewaltverbrechen? Das glauben Sie doch selbst nicht beim Kommissariat in Neustadt an der Weinstraße. Mein Peter ist zäher als Juchtenleder. In unserer gesamten Ehe hatte er nicht einmal einen Schnupfen. Von diesem Dach da“, sie zeigt dabei zum Giebel des Wohnhauses, „ist er schon zwei Mal gefallen, ohne auch nur einen Kratzer davongetragen zu haben. Nein Dieter Schlempert und Kollegin Yasmin Kalt, da muss ich Sie enttäuschen. Meinen Mann müssen Sie schon in die Luft jagen, damit Sie ihm ein Ende setzen können.“

      Der letzte Satz lässt Yasi und mir das Blut in den Adern gefrieren. Sollte diese schlaue und gewitzte Dame tatsächlich eine eiskalte Mörderin sein?

      „Frau Brechtel, dass die Leiche, die wir gefunden haben, tatsächlich durch eine Sprengung gestorben ist, macht Sie nun verdächtig“, sag ich deshalb so dahin. Ob das ein cleverer Schachzug ist, weiß ich nicht. Dass sie nun ihr Hühnerfutter fallen lässt und ihre Gesichtszüge entgleisen, macht sie allerdings wieder weniger verdächtig, aber die Hühner satt.

      „Jetzt machen Sie mir aber Angst“, sagt sie mit zittriger, fast schon weinerlicher Stimme, „schon als verliebter Teenager sagte ich, dass ihn nur Dynamit umbringen kann und jetzt kommen Sie daher und sagen so etwas, Dieter Schlempert vom Kommissariat in Neustadt an der Weinstraße.“

      „Ich sagte, dass wir Grund zur Annahme haben, was bedeutet, dass wir es nicht wissen. Können Sie uns sagen, wo sich Herr Brechtel zu Zeit aufhält?“

      „Der ist auf Tour“, sagt sie nun und scheint sich wieder etwas gefangen zu haben, „wenn er beruflich harte Wochen hinter sich hat, schnappt er sich freitags gerne mal ein paar Dosen Bier und verbringt die Nacht im Wald am Lagerfeuer. Therapie nennt er das. Nach dem Stress auf der Arbeit will er vermeiden, dass er seine Laune auf die Familie überträgt.“

      Eine lobenswerte Einstellung, da muss ich auch mal darüber nachdenken.

      „Kann es sein, dass er die Nacht auf einem Trekkingplatz verbringen wollte?“, schaltet sich nun Yasi ein, die sich sofort wie ein vorlautes Kind die Hand auf die Lippen presst.

      Mit einem Lächeln nicke ich ihr zustimmend zu, um zu signalisieren, dass sie nichts Falsches getan hat.

      „Ja, das hat er in letzter Zeit immer so gemacht“, antwortet die siebenfache Mutter, „früher blieb er einfach dort, wo es ihm gefallen hat. Dann wurde er von so einem fanatischen Umweltschützer einmal angezeigt wegen wildem Campierens. So hat er sich inzwischen entschieden, seine Touren an solchen Plätzen enden zu lassen.“

      „Sie sagten, dass er angezeigt wurde?“, frag ich nach, „hat Ihr Mann Feinde?“

      „Aber wo denken Sie hin, mein Peter ist der hilfsbereiteste und umgänglichste Mensch, den ich je getroffen habe. Klar hat er nicht nur Freunde, aber sicher niemand, der ihn aus dem Weg haben will. Schon gar nicht jemand, der ihm etwas antun würde.“

      Ob meine Frau auch solche Worte für mich findet, wenn jemand nach mir fragt?

      „Frau Brechtel“, wechsle ich nun mal das Thema, „auf solch einem Trekkingplatz ist heute ein Mensch durch eine Explosion ums Leben gekommen. Dabei kann es sich um Ihren Mann handeln. Um das festzustellen, müssten wie einen Genabgleich machen. Haare würden sich dazu gut eignen. Würden Sie uns bitte die Haarbürste Ihres Mannes zur Verfügung stellen?“

      „Klar gebe ich Ihnen unsere Haarbürste, Kommissar Dieter Schlempert und Yasmin Kalt, aber ich bitte Sie, uns die Bürste wiederzubringen, damit sich meine Familie wieder die Haare bürsten kann.“

      „Haben Sie nur diese eine?“, platzt es aus Yasi heraus.

      „Haarbürste, Zahnbürste, Toilettenbürste, alles nur einmal vorhanden. Peter ist der Meinung, was mehrfach da ist, verliert an Wertschätzung und wird auch leichter verschlampt.“

      Nachdem wir die Bürste eingetütet haben, fahren wir zurück in Richtung Neustadt zur Wache. Yasi informiert Martin Schneider telefonisch über die sichergestellte Haarprobe und redet die ganze Fahrt über wie ein Wasserfall. Ich bin am Überlegen, ob ich wieder aufs Gas treten sollte, um diesen Redefluss zu stoppen.

      Ich lasse es sein und beende lieber in Harmonie den ersten Tag in meinem neuen Leben als Oberkommissar und Dienststellenleiter.

       Bekomme ich den denn nie los?

      „Hör mal Dieter, heute ist Samstag und der Garten sollte winterfest gemacht werden. Außerdem muss der Pool zur Hälfte abgesaugt und abgedeckt, die Pumpe und der Filter abmontiert und in den Keller gebracht werden, um das Zeug vor Frost zu schützen.“

      Mit

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