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Drei volle Tage bin ich mit einem gemieteten Minibagger in meinem Garten herumgefahren und habe das Loch ausgehoben. Am Ende hatte ich aber mein Ziel erreicht. Ein acht Meter langes und sechs Meter breites Loch, einen Meter vierzig tief. Ein schönes Loch und mitten drinnen ein schöner, gemieteter Minibagger. Klasse Schlempert, toll gemacht. Ein weiterer Tag und zwölf Liter Kraftstoff hat es dann in Anspruch genommen, mir eine Ausfahrt zu baggern, damit ich das Teil auch wieder zum Mietpark zurückbringen konnte. Aber der Pool wurde schön. Schön kalt. Na ja, bei Fertigstellung im September reichte die Sonnenkraft eben nicht mehr aus, um das Wasser auf Temperatur zu bekommen. Im nächsten Sommer klappt es bestimmt.

      Genug aus dem Fenster geschaut, weshalb ich mir nun mal die Bilder an der Wand ansehe. Große Überraschungen sind nicht dabei. Ich hab sie ja auch alle selbst aufgehängt. Da ein Poster der Gibson Flying V in Originalgröße, die Kult-Heavy-Metal-Gitarre überhaupt, dann ein gerahmtes Bild eines Lamborghini Countach, daneben Edward van Halen mit seiner gestreiften Frankenstein-Gitarre. Anschließend, wiederum gerahmt, der Lancia Stratos. Ich liebe dieses Auto genauso wie den Renault Alpine A110, dessen Abbild in blau daneben hängt.

      An der Wand gegenüber steht eine Vitrine, in der meine Pokale stehen, die ich mit Gusti als Rallyebeifahrer gewonnen habe. Dazwischen immer wieder einige meiner schönsten Modellautos und dann noch meine alte Fender. Meine gute, alte, elektrische Gitarre. Wenn ich sage, dass die mir sogar schon das Leben gerettet hat, ist das keineswegs übertrieben. Doch das war eine andere Geschichte.

      Zwischen den beiden Wänden steht noch der total überdimensionierte Besprechungstisch, an dem mindestens zwanzig Personen Platz finden, so mit allem Pipapo, mit Beamer, Steckdosen und USB-Anschlüssen, damit ein jeder am Tisch seine Erkenntnisse auch gleich auf die Leinwand projizieren kann. Ganz toll. Wo ich ja so ein Computergenie bin. Nämlich gar keins. Dass ich meine Mails abrufen kann, ist auch schon das höchste. Etwas googeln hab ich inzwischen auch gelernt. Also bei Wikipedia kann ich eigenständig etwas nachlesen oder auf Ebay etwas beobachten, zu bieten hab ich mich allerdings noch nie getraut.

      Dann steht dort noch der Schreibtisch. Eiche rustikal würde ich sagen, mit den vielen kleinen handgeschnitzten Verzierungen, riesengroß und sicher tonnenschwer, wahrscheinlich hier im Raum angefertigt. Durch die Tür passt er jedenfalls nicht. Drei Bildschirme mit Tastaturen befinden sich darauf. Zwei, ja richtig, zwei Telefone, wo doch jeder weiß, dass ich nur einem zuhören kann. Dann das Multifunktionsgerät, das drucken, kopieren, faxen und scannen kann, alles auf einmal. Der helle Wahnsinn, wenn man es bedienen kann.

      An der Wand hinter dem Schreibtisch hängt auch noch dieser gigantische Flachbildmonitor, mindestens zwei Meter in der Diagonale. Und alles, was er anzeigt, ist diese Landkarte mit den Blinkpunkten darauf, unter denen so komische Zahlenkombinationen stehen.

      Ne, ne, hier bin ich komplett fehl am Platz. Ich will raus. Ich schmeiße am besten gleich alles hin. Aber was sag ich dann Natalie? Bisher sagte sie, dass sie mir in den Arsch tritt, wenn ich diese Chance nicht wahrnehme. Dass mir doch nichts Besseres passieren kann in meiner Situation.

      Sie hat ja auch nicht Unrecht, glaubt sie. Ich dachte mir ja, dass es das Beste war, dass mich der Heuler suspendiert hat. Ich hatte ja nie Bock auf den scheiß Kripo-Job. Immer die Verantwortung, die Angst, Fehler zu machen. Das war nichts für mich. Ich wusste immer, dass es nicht schlimmer kommen konnte. Und nun? Nun ist es schlimmer gekommen. Der schlempertsche Super-Gau sozusagen.

      Da ist doch tatsächlich in Mainz bei unserer Landesregierung jemand dahintergekommen, was der Heuler hier so treibt. Dass er in der Presse bekannt gibt, dass er zum Ermitteln untergetaucht wäre und dann die Spesenrechnung eines süßen, kleinen, aber nicht ganz billigen Hotels eingereicht hat. Hot Chocolate Massage, anstatt Observierung und so. Gut, den haben sie dann nicht suspendiert. Ne, den haben sie einfach gefeuert. Gerade so. Einfach weg. Eigentlich ein Traum für mich, da ich ihn ja noch nie leiden konnte. Nur, dass sie dann ausgerechnet mich auf seinen Posten als Dienststellenleiter gesetzt haben, das ist eher ein Alptraum. Mich einfach zu versetzen und mich auch noch vom Haupt- zum Oberkommissar zu befördern. Gut, ich habe nun auch die gleichen Bezüge, die der Heuler hatte, das tröstet mich etwas. Aber was soll ich denn hier tun? Ich war doch in Landau mit meinem Team, das nur aus Timo und Laura bestand, oft überfordert. Nun hab ich einhundertachtunddreißig Beamte, für die ich verantwortlich bin. Keine Ahnung, wie das gehen soll. Nun bekomme ich ja fast schon Ehrfurcht vor dem Heuler, immerhin hat er ja den Laden jahrelang geschmissen. Zwar eher schlecht als recht, aber immerhin hat er ihn geschmissen, womit er mir gegenüber im Vorteil ist.

      Es hilft alles nichts, jetzt bin ich eben da, Dienststellenleiter der Kriminaldirektion Neustadt an der Weinstraße, Dieter Schlempert.

      Und als erste Maßnahme werde ich die nähere Umgebung erkunden. Man sollte ja wissen, wo es was zum Essen gibt, wenn einen der Hunger quält. Der nächste Supermarkt und auch eine Apotheke sollten sich ebenfalls in meinem Kopf einprägen, ebenso wie der nächste Geldautomat. Alles Orte, die man kennen sollte.

      So ziehe ich meine Jacke über und schreite zur Tür, die sich aber auch genau in diesem Moment öffnet und mir einen Schlag gegen die Schulter versetzt.

      „Sag mal, wo willst du denn hin?“, fragt Timo, der die Tür so schwungvoll öffnete.

      „Raus“, sag ich, während ich meine schmerzende Schulter reibe.

      „Du kannst doch jetzt nicht raus“, bekomm ich zur Antwort, „du hast in drei Minuten Teambesprechung mit den Hundeführern.“

      „Mit den wem?“, bin ich verblüfft.

      „Mit den Hundeführern. So steht es im Wochenplan. Montags neun Uhr Teambesprechung mit den Hundeführern. Anschließend dann Sitzung mit dem Ausschuss für innere Abläufe und Optimierung.“

      Jetzt bin ich platt. Genauso lass ich mich auf meinen Sessel am Schreibtisch fallen. Komplett geplättet. Sitzung nach Sitzung. Total unvorbereitet. Das kann ja heiter werden. Nein, das wird sicher heiter werden.

      Bevor ich dazu komme mich zu bemitleiden, kommen auch schon die Hundeführer, allerdings nicht alleine, denn zu jedem Führer gehört ja auch der passende Hund. Nun sitzen also vier Herrchen, zwei Frauchen und sechs Hündchen brav an meinem Besprechungstisch und machen Männchen. Also die Hündchen halt.

      So erfahre ich, dass wir hier über zwei Drogenhunde, einen Sprengstoffspürhund, einen Fährtenhund und zwei Schutzhunde verfügen.

      Einer der Schutzhunde, ein Schäferhund, winselt sabbernd vor sich hin und streckt mir dabei sein Pfötchen entgegen. Anscheinend verwechselt er mich mit jemandem. Warum sonst sollte er so freudig erregt sein und so schwungvoll mit seinem Schwanz wedeln?

      „Haras, still! Du siehst doch, der Herr Schlempert erkennt dich nicht mehr.“

      Das stimmt ja auch, den Hund erkannte ich nicht gleich wieder, was wohl daran liegt, dass für mich ein Hund wie der andere aussieht. Gut, es gibt große und kleine Hunde, auch welche mit langem oder kurzem Haar. Die Engelsstimme seiner Hundeführerin habe ich dagegen sofort erkannt. Haras und sein weibliches Herrchen haben mir doch tatsächlich damals vor der Pizzeria in Waldrohrbach das Leben gerettet. Nun freue ich mich ebenfalls über das Wiedersehen. So teile ich mit Haras meinen Schokoriegel, was von seinen Artgenossen mit neidischen Blicken verfolgt wird.

      In den nächsten Minuten erfahre ich die Namen der restlichen Hundeschar und ihre Spezialgebiete. Sehr informativ. Nun fasse ich doch etwas Mut in Angesicht der tierischen Unterstützung, die ich in meinem neuen Arbeitsbereich habe.

      Kaum ist die Hundestaffel abgetreten, stellt Timo auch schon wieder frische Kaffeetassen für die nächste Sitzung bereit. Der Heuler hatte seinen Laden anscheinend minuziös durchgetaktet.

      Ausschuss für innere Abläufe und Optimierung steht nun an.

      Fünf Personen, die ich nicht kenne, bevölkern nun meinen Besprechungstisch. Zum einen ein asiatischer Herr mit Laptop, der sich als Kim Yang vorstellt. Zum zweiten ein schnauzbärtiger Anzugträger, der Gerhard Treiber heißt und ebenfalls mit einem Laptop bewaffnet ist. Die drei weiteren, ein Herr und zwei Damen, setzen sich, ohne ein Wort zu verlieren, auf die hinteren Plätze.

      Kim und Gerhard haben ihre Rechner

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