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mein achtjähriger Sohn sagen würde: ‚Papa leck mich da, wo die Sonne nicht hin scheint‘, jawohl das würde er sagen, mein Sohn“, schreit Treiber nun und dabei läuft ihm ein Tropfen Schweiß an der Schläfe entlang und bleibt an der Spitze seines Schnurrbartes hängen.

      „Eben, weil europäische Kinder keinen Respekt vor ihren Erzeugern haben. Mein Sohn würde sich nie trauen, mich mit du anzureden.“

      „Mein Sohn hat den gebotenen Respekt vor Erwachsenen! Aber er hat auch den Mut und die Kraft zu widersprechen, das hat er. Jawohl Mut und Kraft!“ Inzwischen laufen ihm auf beiden Seiten Schweißbächlein die Schläfen hinab und färben den Kragen seines Seidenhemdes ein.

      „Meine Herren, ich muss doch sehr bitten“, schreite ich nun ein, bevor noch Tränen fließen, „es sollte doch möglich sein einen Dienstplan zu erstellen, ohne sämtliche Erziehungsmethoden in Frage zu stellen.“

      „Ah, Chef“, beruhigt sich Treiber, „wir sind nur bemüht, sämtliche Faktoren zu berücksichtigen.“

      „Ganz recht“, ergänzt der Asiate, „und auch die neuesten Forschungsergebnisse einfließen zu lassen.“

      „Wenn Ihr die Wünsche der Kollegen mit einfließen lasst, werdet Ihr auch sicher an Beliebtheit gewinnen.“

      Die nun einkehrende Ruhe lässt Gerhard Treiber die Gelegenheit, sich mit einem Taschentuch das Gesicht zu trocknen.

      „Meine Herren“, werde ich nun förmlich, „ich darf Ihnen mitteilen, dass wir ab sofort Ihr Büro umfunktionieren.“

      Nun läuft bei Gerhard Treiber der Schweiß wieder wie Weißbier auf dem Oktoberfest.

      „Sie können doch nicht meine Stelle wegstreichen“, fängt er nun auch noch das Jammern an. „Ich habe doch Familie, einen pflegebedürftigen Vater und eine Tochter, die ein uneheliches Kind erwartet.“

      „Tja, lieber Kollege, das sollte Ihnen alles nicht helfen, denn mein Job ist in Stein gemeißelt, denn wenn Sie die Statistiken kennen würden, dann wüssten Sie auch, dass ich hier absolut notwendig bin, um die Immigrantenquote aufrecht zu erhalten“, sticht Yang nun in die klaffende Wunde.

      Zeit für mich einzuhaken: „Zum Ersten wird hier nur das Büro unstrukturiert und nicht das Personal. Das heißt, dass Sie beide ab nun die Presseabteilung leiten. Und zum Zweiten ist es für mich auch kein Problem, weitere Immigranten einzustellen, nur um klarzustellen, dass hier kein Arbeitsplatz in Stein gemeißelt ist.“

      Da nun Treibers Stirn getrocknet ist, reicht er sein Taschentuch weiter zu dem Asiaten, dem inzwischen der Schweiß ausbricht.

      Mit dem Satz: „Bereiten Sie bitte alles vor, damit wir den Raum morgen seiner neuen Bestimmung übergeben können“, verlasse ich nun das Büro mit dem Vorsatz, später noch einmal nach dem Rechten zu schauen.

      Die Abteilung für »Optimierung innerer Abläufe« übergebe ich an Timo und die Dienstpläne werden künftig im Personalbüro erstellt, basta.

       Dienststellenvoting?

      Unglaublich, mit welch einem Verwaltungskram ich mich hier herumschlagen muss. Dabei müssten wir einen Fall aufklären. Es sollte doch Priorität haben zu erfahren, warum Peter Brechtel nicht mehr unter den Lebenden weilt.

      Mein Weg führt mich nun direkt zu Yasi Kalt und Helmut Glaser ins Büro. Die beiden sitzen zusammen vor einem Monitor im Großraumbüro und sind offensichtlich damit beschäftigt einen Bericht auszuarbeiten.

      „Na, Ihr beiden“, sage ich ganz locker, während ich mir einen Stuhl zu ihnen hinziehe, „gibt es Neuigkeiten in unserem Fall?“

      „Hallo Scheffe“, klar, dass dieser Ausdruck von Yasi kommt, „wir haben soeben einen dreiseitigen Bericht in Ihr Büro gemailt.“

      „Wenn ich nun schon mal hier bin, können wir das ja auch auf altmodische Art erledigen“, fordere ich die beiden auf mich zu informieren.

      „Wir waren heute Morgen bei der Arbeitsstelle von Brechtel. Dort scheint er bei Kollegen und Vorgesetzten gleichermaßen beliebt gewesen zu sein. Auch seiner Bürokollegin, mit der er anscheinend sehr vertraut war, hat er nie etwas von Feinden erzählt. Er war wohl Umweltaktivist und hatte nur mal erwähnt, dass er wegen wilden Campierens ermahnt wurde.“

      Das hat nun Kollege Glaser schön zusammengefasst.

      „Okay, dann wollen wir einmal“, versuch ich meine Mittarbeiter zu motivieren: „Versucht doch herauszufinden, in welcher Art er als Umweltaktivist tätig und wie vertraut er mit seiner Kollegin war, denn Eifersucht könnte ja ein Motiv gewesen sein. Befragt doch dazu bitte auch die Witwe, mit dem nötigen Taktgefühl. Ich fahre derzeit mit Timo zum zuständigen Förster, um zu klären, wie es zu der Ermahnung gekommen ist.“

      Yasi und Glaser greifen zum Schlüssel ihres Dienstwagens und ich wenig später in meinem Büro, in dem Timo am Computer beschäftigt ist, zum Telefonhörer. Nach dreimal Läuten knackt es auch schon in der Leitung und Oberförster Philipp Hubertus meldet sich. Nachdem ich ihm mein Anliegen vorgetragen habe, erteilt er mir bereitwillig Auskunft, was mir die Fahrt auf den Taubensuhl erspart.

      „Ja, Herr Kommissar, ich habe Peter Brechtel selbst die Ermahnung ausgesprochen. Aber das hatte keinen aggressiven Hintergrund. Ganz im Gegenteil, wir waren anschließend noch auf ein paar Bierchen zusammengesessen.“

      Auf meine Frage, ob Brechtel etwas erwähnt hätte, das darauf schließen lässt, dass ihm jemand nach dem Leben trachten könnte, reagiert Hubertus glaubwürdig erstaunt.

      „Feinde? Dieser liebenswerte und hilfsbereite Mann? Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Schauen Sie mal, ich habe ihn ermahnt und ihn aus dem Wald verscheucht und er hat mich anschließend auf ein paar Bier eingeladen. So jemanden bringt man nicht um.“

      So habe ich ja den Oberförster noch nie reden hören, fast glaube ich, dass er mir von seinem Bruder berichtet und nicht von jemanden eigentlich wildfremden. Nun will ich doch noch etwas vom Inhalt des Gespräches wissen.

      „Ach, das war eben so ein Stammtischgespräch“, erzählt Philipp Hubertus weiter, „dass er sich der Natur sehr verbunden fühlt, hatte er erzählt und dass er einer Initiative gegen den Ausbau der Bundesstraße 10 zwischen Landau und Hinterweidental angehört. Von Frau und Kindern berichtete er und nach mehreren Bier ist er an eine alte Buche gelehnt einfach eingeschlafen. Ich habe ihn dann noch in eine Decke gewickelt und ihn in seiner geliebten Natur seinen Rausch ausschlafen lassen.“

      Meine letzte Frage beinhaltet dann noch, ob es zu einem Wiedersehen kam.

      „Leider nicht, Peter hat sich anscheinend strikt an die Ermahnung gehalten, was mir sogar etwas leid tat.“

      Damit beenden wir das Gespräch.

      Eine Seele von einem Mensch also, wer sollte so jemanden in die Luft sprengen?

      „Mensch Dieter“, es ist Timo, der mich aus meinen Gedanken reißt, „laut unseres Dienststellenvotings ist die Zufriedenheit der Mitarbeiter schon um elf Prozent gestiegen, seitdem du das Ruder übernommen hast.“

      „Dienststellen was?“, bin ich neugierig.

      „Na, das interne Dienststellenvoting! Da ist jeder Mitarbeiter hier aufgefordert immer zu Arbeitsbeginn und zum Arbeitsende einen Fragekatalog zu beantworten, aus dem dann täglich eine Statistik erstellt wird.“

      „Den Scheiß hat doch sicher der Heuler erfunden.“

      „Eingeführt hat er es“, lacht mein Lieblingskollege, „erfunden wurde es anhand der neuesten asiatischen Studien.“

      Alles klar, eine Errungenschaft der ehemaligen Abteilung für innere Abläufe und Optimierung, die ich ja inzwischen abgeschafft habe. Dann werde ich wohl das Dienststellendingsbums auch bei Gelegenheit abschaffen.

      „Du hast die Abteilung für »Innere Abläufe und Optimierung« abgeschafft?“,

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