Скачать книгу

bin sicher, sie schläft bereits und du willst sie garantiert nicht extra dafür wecken, oder?« Tray lächelte erneut und legte mir den Arm freundschaftlich um die Schulter.

      Ich war froh, dass er hier war. Und ich war verdammt froh, dass wir auch nach unserem kurzen Beziehungsversuch Freunde geblieben waren.

      Tray gab mir wenigstens das Gefühl, willkommen zu sein, während alle anderen mit sich selbst beschäftigt waren und Cage mir immer wieder Blicke zuwarf, die mich im Normalfall längst aus diesem Haus und von dieser Party vertrieben hätten.

      Seufzend atmete ich aus und zupfte gedankenverloren an meinem Kleid, für das ich mich mittlerweile unheimlich schämte.

      Draußen war es eisig kalt, immer wieder schneite es und dennoch hatte ich es vorhin angezogen. Mitten im Winter. Im wohlgemerkt verdammten kanadischen Winter!

      Was war bloß in mich gefahren?

      Ich fühlte mich lächerlich und mehr als nur unwohl in diesem alten Fummel, den ich damals zu Highschoolzeiten getragen hatte.

      Außerdem war mir kalt – scheiße kalt sogar. Doch das ließ ich mir nicht anmerken. Wäre ja noch schöner, Cage diese Genugtuung zu geben.

      In diesem Moment kreuzten sich erneut unsere Blicke, als hatte er meine Gedanken lesen können, und ich spürte, wie mein Herzschlag beschleunigte.

      Idiotisch.

      Ich benahm mich schon seit einiger Zeit wie ein verfluchter Teenager, wenn er in meiner Nähe war. Dabei war es völlig absurd. Und um ehrlich zu sein, verstand ich nicht, woher dieses so altbekannte Herzflattern auf einmal wieder herkam.

      Als ich Cage vor einigen Monaten nach fünf langen Jahren wiedergetroffen hatte, war da nichts, außer ...

       Meinen Schuldgefühlen.

      Ich wurde so sehr von ihnen eingenommen, dass ich bis vor wenigen Wochen nicht einmal so recht realisiert hatte, dass Cage – ausgerechnet der einzige Mann, den ich je wirklich geliebt hatte – wieder in meinem Leben war. Er war da und würde so schnell nicht wieder verschwinden, nicht, solange Josie ihn bei sich haben wollte.

      Jetzt, da etwas Zeit vergangen war, Cage sich voll und ganz in seiner Vaterrolle eingefunden hatte und so auch meine Schuldgefühle ein wenig leiser wurden, nahm ich ihn plötzlich wieder als Mann wahr. Und verdammt, Cage war schon immer ein unglaublich attraktiver, anziehender Mann.

      Heute schien er jedoch noch eine Spur attraktiver und anziehender als damals schon. Cage war erwachsen geworden. Sein Gesicht war rauer und kantiger als noch vor ein paar Jahren und der wildgewachsene Dreitagebart stand ihm unverschämt gut.

      Seine dunklen Haare standen perfekt im Kontrast zu seinen blauen Augen, die er auch an Josie weitergegeben hatte.

      Cage sah aus wie ein durchtrainierter Collegestudent, der ein paar Semester zu viel für Sport, Partys und Frauen investiert hatte und deswegen noch immer nicht zu seinem Abschluss gekommen war. Und das war keineswegs negativ gemeint.

      Er sah heiß aus. Ziemlich heiß sogar.

      Mit seiner leicht zerrissenen Jeans, dem enganliegenden, schwarzen Shirt, das viel zu sehr um seine Oberarme spannte, und den alten Sneakern wirkte er fast wie ein ganz normaler Typ. Nur die übermäßig teure Uhr an seinem Handgelenk erinnerte daran, dass er Geld besaß wie kein zweiter in dieser Stadt.

      Cage hasste es jedoch, auf seinen Erfolg oder auf das viele Geld, das er mit seinem Beruf verdiente, angesprochen zu werden. Es war ihm unangenehm. Und auch diese wunderbare Eigenschaft machte ihn in meinen Augen nur noch schöner – vollkommener.

      Olive hatte verdammtes Glück.

      Ich konnte es nicht anders sagen, auch wenn ich es nur ungern zugab. Denn dadurch wurde mir nur allzu deutlich bewusst, was ich verloren hatte.

      Cage‘ Blick bohrte sich fragend in meinen, als ich ihn noch immer in Gedanken versunken anstarrte. Erst als mir bewusst wurde, wie unangebracht mein Verhalten war und wie sehr ich mich damit verraten könnte, blinzelte ich ertappt und sah augenblicklich zu Boden.

      Oh Gott, war das alles peinlich.

      Ich war peinlich.

      Und deswegen musste ich so schnell es ging von hier verschwinden.

      Kelsey hatte recht. Es war offensichtlich, wie verzweifelt ich war. Jeder kannte das Kleid, das ich heute angezogen hatte, und jeder wusste, ich tat es für ihn.

      Nur Olive hatte keinen blassen Schimmer.

       Und Cage?

      Ich war mir sicher, er erinnerte sich noch genau daran, wo und wann ich es zuletzt getragen hatte.

      Mir wurde schlecht, als mir bewusst wurde, wie unglaublich lächerlich ich auf meine Freunde und vor allem auf Cage wirken musste.

      Ich sollte verschwinden – einen Abgang machen, so würdevoll es jetzt noch möglich war.

      Leise räuspernd stand ich von meinem Platz neben Tray auf und machte somit auf mich aufmerksam.

      Unter den Blicken meiner Freunde fühlte ich mich plötzlich schrecklich unwohl und ich wollte lieber nicht wissen, was sie über mich dachten oder was sie vielleicht hinter meinem Rücken über mich tuscheln würden. Ich betete nur, dass sie es erst dann taten, wenn auch Cage und Olive gegangen waren.

      Mit mühevoll aufgesetztem Lächeln verabschiedete ich mich von allen, erzählte ihnen, dass ich es Josie versprochen hatte, sie heute Nacht von ihren Großeltern abzuholen und mit ihr gemeinsam einzuschlafen, und ging schnell in den Flur, um meine Sachen aus dem Garderobenberg herauszufischen.

      »Ich dachte, du wolltest sie heute Nacht bei deinen Eltern lassen?«, schnitt eine dunkle Stimme durch den Raum, als ich gerade meine Jacke hektisch überzog und meine Tasche schulterte.

      Cage stand auf einmal im Gang, genau zwischen der Haustür und mir, und schnitt mir damit meinen Fluchtweg ab.

      »Ich habe es mir anders überlegt«, sagte ich knapp und schluckte schwer, als er mich intensiv musterte.

      »Und deswegen lügst du deine Freunde an?«

      Empört stieß ich die Luft aus, fühlte mich jedoch ein weiteres Mal von ihm ertappt. »Was? Ich ...«

      »Du hast Josie nichts versprochen. Es war schließlich mein Einwand von vorhin, der dich überhaupt hat darüber nachdenken lassen«, unterbrach er mich schroff und starrte mich genauso herausfordernd an wie vorhin in der Küche bereits.

      Ich hatte wirklich keine Kraft mehr, mit ihm darüber zu diskutieren, deswegen warf ich resigniert die Hände in die Luft und seufzte. »Du hattest recht. Deswegen gehe ich jetzt und hole meine Tochter, damit sie in ihrem eigenen Bett schlafen kann. Zufrieden?«

      »Blödsinn«, knurrte Cage überzeugt und verschränkte die Arme vor seiner Brust, wodurch sich seine Muskeln nur noch mehr anspannten und der Saum seiner Shirtärmel weiter hochrutschte.

      »Wie bitte?«, huschte es beinahe lautlos über meine Lippen, weil ich noch viel zu sehr davon abgelenkt wurde, seinen Bizeps zu bestaunen.

      Cage atmete tief durch und sah mich durchdringend an. »Weswegen haust du wirklich ab, Alexis?«

      Die Frage riss mich dankbarerweise aus der bescheuerten Schwärmerei und ich hob erstaunt beide Augenbrauen. »Wieso interessiert es dich?«, fragte ich skeptisch. »Du hast dich die letzten Monate doch sonst für nichts interessiert, was mich anging.« Beschämt stellte ich fest, dass ich nicht nur gekränkt klang, ich klang sogar verletzt.

      Das überraschte scheinbar nicht nur mich, denn Cage stand einen Augenblick einfach nur da und sah mich etwas irritiert an, bevor er plötzlich den Kopf schüttelte. »Das hat damit nichts zu tun.«

      War das sein Ernst?

      Fassungslos starrte ich ihm entgegen. »Mit

Скачать книгу