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Eine grenzenlose Liebe. Aino Trosell
Читать онлайн.Название Eine grenzenlose Liebe
Год выпуска 0
isbn 9788711442340
Автор произведения Aino Trosell
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Sie hatte sich vollkommen einsam gefühlt, alles war so traurig und trist. Um sie nicht zu erschrecken, hatte er sich schon geraume Zeit vorher bemerkbar gemacht, und als sie sah, wer da kam, als sie ihn wiedererkannte – da musste Gott einen Blitz vom Himmel gesandt haben, ein Licht, es traf sie mitten ins Herz. Tränen brachen hervor.
Sie wischte sie verlegen mit der Schürze weg, umgeben von den Ziegen.
Er selbst war fast betäubt vor Angst, dass er etwas falsch machen könnte, doch ihre Geste überwand sein Zögern, er trat näher.
Seine Mutter, die ahnungslos war, welch Anliegen ihn in den Wald führte, hatte ihn reichlich mit Essen ausgestattet, er war schließlich ihr einziges Kind. Vielleicht gab es sogar etwas Kaffee? Ganz bestimmt Käse und Brot. Also war es völlig natürlich, dass er sie nun einlud, den Proviant mit ihm zu teilen.
Sie ließ sich nicht lange bitten, sie war hungrig. Gemeinsam betraten sie die Hütte, und Eli machte Feuer.
Er wollte sie nur ansehen. Und er konnte sich nicht sattsehen. Er vergaß das Essen. Sie bekam alles, was er hatte, er war völlig verzaubert.
Ja, aber, ein ganzes Fladenbrot? Und dann noch mit Käse?
Nimm nur. Ich habe schon gegessen, ganz bestimmt. Ich frene mich zu sehen, wie es dir schmeckt.
Du freust dich?
Sie lachte. Diese Freude konnte sie ihm leicht verschaffen. Sie lachte und schmatzte, aß und trank. Er saß einfach nur da.
Sie fand wohl, der Himmel habe ihn hergesandt, sie konnte sich den Bauch vollschlagen, es war einfach wunderbar.
Und sie mochte ihn ja schon länger, ihre Augen waren ihm heimlich gefolgt. Jetzt zeigte sich, dass er für sie genauso empfand. Es war sein Verdienst, dass sie essen durfte, bis die Wärme vom Magen sich im ganzen Körper ausbreitete und die Seele sich gleichsam streckte wie nach langer Erstarrung.
Den geringen Dienst, den er im Austausch erbat, den wollte sie ihm nicht verwehren. Sie war ja noch so jung, und das Kopftuch war nachlässig gebunden. Er bat darum, ihr Haar sehen zu dürfen.
Sie zögerte, aber nur kurz. Sie betrachtete sich eigentlich noch als Mädchen, das barhäuptig gehen durfte, jedenfalls im Haus.
Ein Meter Abstand war mindestens zwischen ihnen. Sie nahm das Kopftuch ab. Der Zopf, dick wie ein Tau, hing über die Schulter zur Taille hinunter.
Was, wenn man ihn gelöst sehen könnte? Er flüsterte.
Sie fühlte sich so froh und reich, die Euphorie, die vom Essen kam. Wenn das alles war, das konnte ja wohl nicht gefährlich sein? Lächelnd, als sei es nicht weiter ernst, nein, eher ein Scherz, flocht sie den Zopf auseinander, zog die Finger durch das dicke Haar, schüttelte den Kopf, und ein Schleier, von der Natur selbst geschaffen, wallte um ihre Schultern.
Er trat näher. Sie begriff, dass es geschah, doch kam es ihr dennoch richtig vor. Sie wartete. Sie wollte seine Hände fühlen. Wollte selbst, mit eigenen Händen. Die Blicke brannten, aber als er die Hand ausstreckte, wandte sie sich ab.
Es reichte.
Er stand auf, gedemütigt, rot im Gesicht und beschämt. Es war wohl an der Zeit zu gehen.
Da stand sie ebenfalls auf. Bereute, sich so unzugänglich gegeben zu haben.
Die Gefahr war doch vorüber. Sie aber reichte ihm erneut den Zündsatz, sagte, du gehst doch nicht etwa schon?
Da sah er sie an. Und dann streckte er wieder die Hand aus.
Und sie blieb stehen und erwiderte den Blick.
Die Hand war stark und warm, hatte Risse und Schwielen auf der Handfläche, sie empfand sie wie feinste Seide an der Wange.
Eli war ungestreichelt. Ihre Haut war ausgedörrt, und ihr Inneres bestand nur aus Mangel, sie hatte so wenig bekommen.
Sie dachte, es sei ein Missverständnis. Oder dass niemand je gefühlt hatte, was sie jetzt fühlte. Es konnte nicht falsch sein, sie meinte, was jetzt geschah, sei weitaus mehr von Gott als vom Teufel, wie immer gesagt wurde.
Ihre Aufgabe in diesem Augenblick war standzuhalten, nicht nachzugeben, das war völlig klar, als er unter der Kleidung nach ihr zu suchen begann.
Aber da sagte er voller Zärtlichkeit, ich verspreche dir, vorsichtig zu sein. Und sie glaubte ihm natürlich. Er konnte sie doch unmöglich hintergehen, er doch nicht. Sie verstand nicht genau, was er meinte, vermutete jedoch, dass nichts passieren würde, weil er das so gesagt hatte und auch sonst so überzeugend war.
Natürlich hatte sie gewaltige Angst, doch der Schreck ließ das schon heiße Gefühl nur noch heißer werden. Sie wollte ihre Haut an die seine pressen, sie wollte den ganzen Mann haben, in ihrer Hand und überall. Das war doch vollkommen wahnsinnig. Sie erlitt alle Qualen des Himmelreichs, aber sie war gelähmt von dieser Kraft, auf die sie nicht gefasst war.
Hinterher erfolgte der Rückzug überstürzt. Sie verstand so wenig, plötzlich war das Ganze zu Ende, als hätte man eine Kerze ausgeblasen. Er stand hastig auf, sah sie nicht an, flüsterte irgendwas, fast knurrig, und verschwand durch die Tür.
In der Einsamkeit dann schämte sie sich entsetzlich. Es war dieses Fladenbrot gewesen.
Sie wollte den Gedanken nicht zu Ende denken, was das für eine Transaktion gewesen war.
Doch schon nach ein paar Tagen war er wieder zurück. Er hatte Proviant dabei. Und Eli war auf jede Art und Weise ausgehungert, nicht zuletzt durch die Einsamkeit. Er rettete sie, öffnete die Tore des Himmelreiches, und er liebte sie wirklich. Jedes Wort war wahr.
Im Februar stapft Eli durch eine schöne Winterlandschaft, auf dem Rücken das Ränzel mit ihrer irdischen Habe. Sie lässt den Blick nicht schweifen, folgt nur beharrlich dem deutlich begangenen Pfad, ein Glück in dieser dünnbesiedelten Gegend.
Naturszenarien sind nichts für sie, ebenso wenig wie seelische, sie hält sich an den Weg und das Konkrete, denkt die ganze Zeit nur daran, einen Fuß vor den anderen zu setzen, einfach weiterzuwandern, anzukommen, bevor es dunkel wird.
Wenn sie etwas gelernt hatte, dann dies, dass der morgige Tag für sich selber sorgt, und auch der nächste Augenblick kann anders sein als alles bisher, doch darum muss man sich erst kümmern, wenn es so weit ist. Diese hausgemachte Üherlebensstrategie ersparte ihr viele Tränen. Die Leute machten sich Sorgen, wie töricht, dann kam doch alles gleich zweimal über einen, erst diese Angst und dann die Qual selbst. Nein, nichts anderes nützte, als hier und jetzt zu leben. Und dieses Hier und Jetzt war tatsächlich erträglich, meist jedenfalls. Hier und jetzt gab es diesen Pfad, und es war ein leicht begehbarer Pfad, von vielen Füßen ausgetreten.
Sie vermied jeden Gedanken. Wusste nur, wohin sie unterwegs war und warum, doch auch das analysierte sie nicht besonders, lief einfach nur immer weiter.
Fort war der letzte Sommer, fort war der tiefe Liebesschmerz, der sie von jetzt an für mehr als zehn Jahre auf alles Derartige verzichten ließ. Sie grübelte auch nicht über den Treuebruch nach, warum er es akzeptiert hatte, dass man ihn zur Arbeit an einen Flößkanal oben in Støja schickte. Sie hatte keine Möglichkeit gehabt, mit ihm zu reden.
Er wusste sicher Bescheid. Aber er wusste auch, dass es niemals gehen würde, sie beide würden nie zusammenkommen, und er war viel zu schwach, um den Kampf aufzunehmen.
Einmal hatte sie seine Mutter auf der Landstraße getroffen. Nicht ein Wort war gefallen, aber der Blick der Mutter sprach Bände. Es war geradezu, als stellte Eli eine tödliche Bedrohung dar, nichts Versöhnliches war zu erkennen. Nur Kälte und Hass.
Mit diesem Blick ging die letzte Hoffnung